
Die Grundsteuer wird für den Fiskus zur Pleite

Plus Am Dienstag sollten die Erklärungen für die Grundsteuer bei den Finanzämtern sein, doch die Eigentümer spielen nicht mit. Woran es hakt und warum der Staat Sonderregeln macht.

Es ist das größte Steuerreformvorhaben der jüngeren Vergangenheit - und es holpert vom Anfang bis zum Ende. Die Neufassung der Grundsteuer, die das Bundesverfassungsgericht der Politik ins Pflichtenheft geschrieben hat, sollte am kommenden Dienstag einen großen Schritt vorankommen. Am 31. Januar endet bundesweit die Frist zur Abgabe der Grundsteuererklärungen. Sie wurde bereits einmal verlängert, weil der Rücklauf, vorsichtig ausgedrückt, eher spärlich war. Nach Einschätzung der Bundessteuerberaterkammer werden es auch zum jetzigen Stichtag längst nicht alle schaffen. Kammerpräsident Hartmut Schwab, der seine Kanzlei in Augsburg hat, sagte unserer Redaktion: "Bundesweit liegt die Einreichungsquote gerade einmal bei rund 60 Prozent. Deutlich mehr als jeder Dritte hat also noch nicht eingereicht. Das zeigt, dass die Frist von insgesamt sieben Monaten viel zu kurz bemessen war."
In ganz Deutschland sind etwa 36 Millionen Grundsteuererklärungen zu machen, rund 6,5 Millionen davon in Bayern. Auch im Freistaat standen nach den jüngsten Zahlen des Bayerischen Landesamts für Steuern von Mitte der Woche über ein Drittel der Erklärungen noch aus. Dennoch hält auch der bayerische Finanzminister weiter am Stichtag 31. Januar fest. Nur in begründeten Einzelfällen könnten die Finanzämter auf Antrag Fristverlängerungen auch darüber hinaus gewähren, heißt es in einer Antwort des Landesamts auf Anfrage unserer Redaktion.
Die Steuerberater fordern eine Fristverlängerung bis Ende Mai
Schwab hält das für einen Fehler. Viele Steuerpflichtige suchten erst jetzt einen Steuerberater auf, oft weil sie selbst an der Erklärung gescheitert seien. Darum hätten die Steuerberater vom Bundesfinanzministerium eine weitere Fristverlängerung bis Ende Mai gefordert für alle Fälle, die sie betreuen. "Davon würde im Übrigen auch die Verwaltung direkt profitieren. Denn dann hätte sie es nicht mehr mit so vielen falsch ausgefüllten Feststellungserklärungen zu tun, die viel Arbeit und Nachfragen für die Finanzämter bedeuten", sagte Schwab.
Die Zeit drängt auch deswegen, weil die Finanzämter den Berg an Erklärungen bis Ende des Jahres abarbeiten müssen, damit die Städte und Gemeinden im Anschluss genügend Zeit haben, ihre neuen Hebesätze festzulegen und die Grundsteuerbescheide für das Jahr 2025 pünktlich zu versenden. Von den Hebesätzen hängt die endgültige Höhe der fälligen Steuer ab.
Während die Finanzämter bei den privaten und gewerblichen Eigentümern zumindest noch auf einen starken Endspurt hoffen können, steht jetzt schon fest, dass sie auf einen Großteil der Erklärungen für Grundstücke und Gebäude im Besitz der öffentlichen Hand noch länger warten müssen. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) hat als Eigentümerin fast aller Bundesimmobilien im Inland noch bis Ende September Zeit, die Erklärungen abzugeben. Es geht um rund 26.000 Liegenschaften, von denen zwar viele von der Grundsteuer befreit sind. Eine Erklärung abgeben muss die BImA trotzdem. Zumindest für die Gebäude und Grundstücke, für die Grundsteuer fällig wird, soll das bis Ende März geschehen. In Bayern gilt hier die gleiche Frist wie für alle anderen: 31. Januar. Für bislang schon grundsteuerbefreiten Besitz muss in der Regel auch weiterhin keine Erklärung abgeben werden.
Der Staat gibt sich selbst mehr Zeit
Herausgefunden hat das der Hamburger CDU-Bundestagsabgeordnete Christoph Ploß mit einer Anfrage an die Bundesregierung. Unserer Redaktion sagte er dazu: "Millionen Eigenheimbesitzer und Steuerberater sind gezwungen, bis Monatsende unter Hochdruck und rechtlichen Unsicherheiten ihre Grundsteuererklärung fertigzustellen. Dabei hat das zuständige Finanzministerium selbst noch keine einzige Steuererklärung für seine Immobilien abgegeben. Den Bürgern eine viel zu knappe Frist aufzudrücken, die nicht einmal die eigene Verwaltung einhalten kann, ist eine Frechheit gegenüber den Eigenheimbesitzern in Deutschland."
Kompliziert macht die Aufgabe für die Beamten auch, dass mit der Reform ein Flickenteppich an Grundsteuermodellen geschaffen wurde. Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen verwenden für die Berechnung das Bundesmodell. Das Saarland und Sachsen haben das Bundesmodell grundsätzlich übernommen, aber in Details angepasst. In Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen dagegen gibt es jeweils eigene Landesgesetze. Diese Vielfalt könnte noch für neuen Ärger um die unter großen Mühen von der Politik auf den Weg gebrachte Reform sorgen. Steuerberater-Präsident Schwab weist auf eine Reihe angekündigter Klagen und ein bereits anhängiges Verfahren in Baden-Württemberg hin.
In sieben Jahren ist der nächste Stichtag bei der Grundsteuer
Allen Regeln gemein ist immerhin, dass die Steuer direkt in die Kassen der Städte und Gemeinden fließt. In Bayern kommen jedes Jahr rund 1,9 Milliarden Euro zusammen. Zahlen muss die Grundsteuer immer der Eigentümer, und zwar für ein ganzes Jahr im Voraus. Über Miet- und Pachtverträge kann die Steuer aber auf Mieterinnen und Mieter umgelegt werden. Wer seine Erklärung abgegeben hat, muss, wenn sich nichts ändert, in den nächsten Jahren nicht erneut aktiv werden. Ausnahme sind Betriebe der Land- und Forstwirtschaft. Sie müssen turnusmäßig alle sieben Jahre erneut eine Grundsteuererklärung abgeben. Der nächste Stichtag ist der 1. Januar 2029.
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