Es steht verdammt viel auf dem Spiel. Wenn der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche in Brandenburg kein isolierter Einzelfall bleiben sollte, droht vielen deutschen Bauern und Unternehmen der Ernährungsindustrie ein teures Fiasko. Die Ausbreitung des hochansteckenden Virus ist nur schwer und zu hohen Kosten zu vermeiden. Aber es muss alles versucht werden, damit nicht die Landwirtschaft im ganzen Land in eine Krise mit unabsehbaren Folgen rutscht.
Das Krisenmanagement der Behörden im Bund und den Ländern funktioniert bis jetzt, die Seuchenpläne greifen. Das ist die positive Nachricht in diesen Tagen und das darf auch gelobt werden und es stärkt das Vertrauen in die staatlichen Institutionen. Denn dieses Vertrauen hat zuletzt gelitten.
Es muss neues Geld ins System kommen
Die Landwirtschaft ist seit Jahren in einem permanenten Krisenmodus. Auch wenn nun der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche alle Gespräche bei der Grünen Woche überlagern wird, stehen eigentlich andere Themen auf der Agenda des wichtigsten Branchentreffens ganz oben. Es sind im Kern die gleichen wie in den Jahren zuvor: Wie kann die Landwirtschaft nachhaltiger werden? Wie kann die Wirtschaftslage der Betriebe so gestärkt werden, dass nicht immer mehr Höfe aufgeben? Wie können Bauern von den mittlerweile überfordernden Dokumentations- und Berichtspflichten entlastet werden? Und über allem: Wie kann mehr Geld ins System kommen, um den vielfältigen und stetig steigenden Ansprüchen an die Landwirtschaft gerecht zu werden?
Diese Fragen haben schon vor einem Jahr die Landwirte auf die Straße getrieben, auch wenn der konkrete Anlass die Sparpläne der Ampelregierung mit der Streichung des Agrardiesels waren. Auf Antworten warten die Landwirte noch immer. Die Probleme sind durchaus komplex, denn Landwirtschaft ist enorm vielfältig und eng vernetzt mit anderen Bereichen. Bauern sollen längst nicht nur die Ernährung sichern, auch wenn diese Aufgabe in einer Zeit neuer Kriege und Konflikte wieder größere Bedeutung erlangt hat.

Die Arbeit der Bauern ist die sichtbarste Verbindung zwischen unserem Lebensstil und unserer Umwelt. Es gibt immer weniger Menschen, die eine direkte Verbindung zur Landwirtschaft haben. Da kann es durchaus eine entlastende Wirkung haben, beim Klimawandel und dem Verschwinden vieler Tier- und Pflanzenarten mit dem Finger auf die Landwirte zu zeigen. Dann muss man sich nicht selbst fragen, welche Folgen der eigene Konsum hat und warum man nicht mehr Geld für tier- und umweltfreundlich erzeugte Lebensmittel ausgibt. Das Angebot gibt es ja.
Cem Özdemir ist an der großen Komplexität gescheitert
Landwirtschaftsminister Cem Özdemir hatte sich viel vorgenommen für seine Amtszeit. Doch er ist am Ende auch gescheitert an der Komplexität der Agrarpolitik. Mit ihren zahlreichen Mitspielern hat sie sich längst in dem verwirrenden Netz von Zuständigkeiten und Regeln verheddert, das die Kompromisse über die Verteilung der Brüsseler Milliarden produzieren. Kurz: Die Probleme sind groß, die Gestaltungsspielräume gering. Das gilt umso mehr, wenn einem der störrische Koalitionspartner auch noch das notwendige Geld vorenthält, um wenigstens kleine Fortschritte zu erzielen.
Sowohl die Zukunftskommission Landwirtschaft als auch die sogenannte Borchert-Kommission haben in einem branchenübergreifenden Konsens Lösungsvorschläge zum Umbau der Landwirtschaft vorgelegt. Es wird Geld kosten, sie umzusetzen. Werden sie weiter ignoriert, droht auch hier ein teures Fiasko.
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