i
Foto: Jens Büttner, dpa
Foto: Jens Büttner, dpa

Der Ausbau des Handynetzes kommt voran, aber nicht schnell genug. Die Zufriedenheit der Unternehmen im Freistaat sinkt, das zeigt eine neue Studie der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft.

Mobilfunk
11.01.2023

Unzufriedenheit mit Mobilfunk-Netz in Bayern steigt

Von Michael Kerler, Stefan Küpper

Plus In Bayern kommt der Ausbau des Festnetzes in Richtung Breitband gut voran. Das belegen zwei neue Studien der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft. Kritischer sieht es im Mobilfunk aus.

Ob Handy oder Internet, der Bedarf nach schnellen Datennetzen steigt. Im Privaten ist es das Streamen von Filmen oder das Spielen von Videospielen, das die Übertragung immer größerer Datenmengen erfordert. In der Unternehmenswelt treiben Videokonferenzen diese Entwicklung voran, aber auch Fernwartungen, die kollaborative Nutzung von Daten, Big-Data-Analysen, Datenvisualisierung und Echtzeitanwendungen. Zwei neue Studien der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) zeigen nun, dass der Ausbau des Festnetzes in Richtung eines Breitbandnetzes gut vorankommt. Dagegen bestehen im Mobilfunk, beim Ausbau des Handynetzes, größere Probleme. 

Weiterlesen mit dem PLUS+ Paket
Zugriff auf alle PLUS+ Inhalte. Jederzeit kündbar.
JETZT AB 0,99 € TESTEN

Im Mobilfunk sehen die Zahlen nur auf den ersten Blick gut aus. Derzeit sind rund 99,7 Prozent der Haushalte in Bayern mindestens mit einem LTE-Netz versorgt, berichtet die vbw in einer Studie zum "Versorgungsgrad der digitalen Infrastruktur in Bayern", die am Mittwoch vorgestellt wird und unserer Redaktion vorab vorlag. "Verkehrswege oder die gesamte Fläche des Freistaates sind jedoch nicht vollständig abgedeckt", heißt es darin. Rund 25 Prozent der Landesflächen gelten als weiße oder graue Flecken, in denen gar kein Empfang mit zeitgemäßen 4G- oder 5G-Netzen vorliegt oder nicht alle Mobilfunkanbieter 4G- oder 5G-Technologie anbieten.

Bertram Brossardt, vbw: Mobilfunkempfang hat Schwächen vor allem auf Straßen außerhalb der Ortschaften

Eine Rolle könnte dabei der Protest gegen Handymasten spielen: Die Autoren betrachteten gezielt 13 Orte, an denen der Zubau von Masten auf lokalen Widerstand stieß, und untersuchten die Folgen für den Handyempfang entlang der Bundes- und Landstraßen. Zu den untersuchten Ortschaften gehörten Sulzberg im Landkreis Oberallgäu, Wurmannsquick im Kreis Rottal-Inn und Laufen im Berchtesgadener Land. Das fast logische Ergebnis: "Die Messfahrten haben tatsächlich Streckenabschnitte identifiziert, auf denen der Mobilfunkempfang nur schlecht oder sogar gar nicht vorhanden ist." Der LTE-Empfang sei in diesen Regionen oft nur von mittlerer Qualität." Abgebrochene oder gar nicht erst zustande gekommene Gespräche sind die Folge. 

„Nach wie vor melden die Unternehmen Einschränkungen beim Mobilfunk", sagte auch Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt unserer Redaktion. Zwar bessere sich die Situation spürbar, auch entlang der Autobahnen und ICE-Strecken. "Deutlicher zum Tragen kommen die Schwächen mittlerweile vor allem auf Straßen außerhalb von Ortschaften sowie auf Regionalbahnstrecken, aber auch im Homeoffice", sagt Brossardt. 

68 Prozent der Unternehmen bemängeln ein unzureichendes Mobilfunknetz

Obwohl das Mobilfunknetz ausgebaut wird, steigt deshalb die Unzufriedenheit in dem Bereich. "68 Prozent der Unternehmen bemängeln ein unzureichendes Mobilfunknetz", sagte Brossardt. Dieser Wert aus einer weiteren Studie zum "Breitbandbedarf der bayerischen Unternehmen 2022" liegt sogar deutlich über dem in der erstmaligen Erhebung im Jahr 2016 mit 43 Prozent. "Dies ist sicherlich vor allem darauf zurückzuführen, dass die Unternehmen immer häufiger auf schnelle mobile Datenverbindungen angewiesen sind", heißt es in der Untersuchung. "Davon sind Kundenbeziehungen ebenso betroffen wie das Tagesgeschäft, interne Abläufe, die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen und die Weiterentwicklung von Anwendungen und Geschäftsfeldern", so Brossardt. 

Lesen Sie dazu auch

Dabei nimmt die Bedeutung des Mobilfunknetzes zu. Auch die Nachfrage nach dem ultraleistungsfähigen 5G-Netz, das derzeit aufgebaut wird, steigt. "Schon 15 Prozent der Unternehmen geben an, bereits Produkte und Dienstleistungen anzubieten, die 5G nutzen", sagte Brossardt. 33 Prozent planten oder diskutierten dies. Brossardt fordert deshalb, den Netzausbau voranzutreiben: "Auch insgesamt investieren die Unternehmen in aller Breite in anspruchsvolle digitale Anwendungen. Damit steigen auch die Ansprüche an die digitalen Netze immer weiter." 

Breitbandausbau und Glasfaser-Netz kommen gut voran

Dagegen ist die Zufriedenheit mit der Festnetz-Anbindung und dem Ausbau des Breitbandnetzes größer. „Bayern ist im bundesweiten Vergleich überdurchschnittlich gut mit schnellen Breitbandanschlüssen versorgt, wobei die Städte besser angebunden sind als die ländlichen Regionen", sagte Brossardt. Der Studie über die Versorgungssituation nach verfügen in der Stadt bereits 97,6 Prozent der Haushalte über Bandbreiten von mindestens 100 Mbit pro Sekunde, auf dem Land sind es 77,7 Prozent. Eine 100 Mbit-Leitung sollte bis zu vier Personen in einem Haushalt oder einer WG für das Surfen im Netz, Streamen und Arbeiten im Homeoffice problemlos reichen, gibt der Anbieter Vodafone an. Dabei kommen laut der Studie in der Stadt 87,4 Prozent der bayerischen Haushalte sogar auf Geschwindigkeiten von über 1000 Mbit pro Sekunde, auf dem Land sind es 27,1 Prozent. Die Autoren bemängelten allerdings lückenhafte Daten des Bundes. 

Erstaunlich ist, dass die Breitbandanbindung von Gewerbegebieten hinterherhinkt. Zwar haben rund 85,5 Prozent der Unternehmen in bayerischen Gewerbegebieten Zugang zu Anschlüssen mit mindestens 100 Mbit pro Sekunde, aber der Ausbau von Gigabit-Anschlüssen sei mit 55,9 Prozent in Gewerbegebieten "deutlich unterdurchschnittlich ausgeprägt". Hohe Kosten für den Anschluss der letzten Meile und die laufenden Kosten im Netzbetrieb hinderten zudem Unternehmen an der Anschaffung einer schnelleren Internetverbindung, obwohl sie grundsätzlich versorgt werden könnten.

Seit dem Jahr 2019 steige damit auch insgesamt die Zufriedenheit der Unternehmen mit der verfügbaren Bandbreite. "Die Breitbandförderung wirkt", schlussfolgern die Autoren. "Das bayerische Breitbandförderprogramm und die Gigabit-Förderung in Bayern tragen signifikant zur Verbesserung der Glasfaserversorgung in Bayern bei." Der Ausbau ist aber auch nötig: Denn wenn die Unternehmen darüber nachdenken, welche Bandbreiten sie in zwei Jahren, also 2025, benötigen werden, dann geht rund ein Drittel eindeutig von einem steigenden Bedarf aus. 

Kritik an kompliziertem Förderprogramm des Bundes, Lob für den Freistaat

Der Ausbau könnte schneller gehen. Fortschritte sind dringend nötig, meint Jürgen Schuster. Er ist Geschäftsführer bei Corwese. Sein Unternehmen berät seit 13 Jahren bayernweit Kommunen in Sachen Breitbandausbau. Schuster hat also jahrelang dort Einblicke, wo die Fördergelder am Ende ankommen sollen. Den Weg dahin beschreibt er in aller Kürze so:

Eine Gemeinde kann sich von einem Anbieter Glasfaser legen lassen. Oder sich nach einem festgestellten Marktversagen – wenn sich also kein Unternehmen findet – von Freistaat und Bund fördern lassen. Welche Gemeinde wie viel bekommt, hängt an ihrer Größe und an ihrer Finanzstärke. Der Freistaat investiert seit Ende 2013 mehr als 2 Milliarden Euro Fördergelder in den Glasfaserausbau. Die Förderung ist laut Schuster auf 8 Millionen Euro pro Kommune gedeckelt. Sofern der Ausbau die Landesmittel übersteigt, kann alternativ die Bundesförderung genutzt werden. Hier nun setzt die Kritik des Corwese-Geschäftsführers an. 

Ziel der Bundesregierung ist es, ein modernes Highspeed-Netz für alle Haushalte, Unternehmen, Schulen und Krankenhäuser in Deutschland zu schaffen. Dafür läuft das sogenannte „Graue-Flecken-Programm“. Im vergangenen Oktober waren die seit 2015 aufgesetzten 17 Milliarden vollständig ausgeschöpft. Als Bundesdigitalminister Volker Wissing (FDP) die Förderung vorübergehend aussetzte, war die Kritik groß. Derzeit erarbeitet sein Haus eine neue Förderrichtlinie, auf deren Grundlage neue Anträge eingereicht werden können, wie ein Ministeriumssprecher mitteilte. Ziel sei es, diese im ersten Quartal dieses Jahres in Kraft zu setzen. Für die Gigabit-Förderung, so heißt es weiter, sollen künftig jährlich rund 3 Milliarden Euro Bundesmittel bereitgestellt werden. 

Schuster meint, dass der Austausch mit dem Bund – sprich den vom Bundesministerium für Digitales beauftragten Projektträgern – „schwierig und aufwendig“ sei. Die Folge: „Manche Kommunen müssen daher erheblich in Vorleistungen gehen; es dauert oft Jahre, bis endlich Geld fließt.“ Schuster lobt hingegen die Bayernförderung, die „eingespielt und klar strukturiert“ sei. Er geht davon aus, dass im Regierungsbezirk Schwaben rund 100 Gemeinden in die Bundesförderung fallen. „Hier ist jeder Euro Fördergeld sehr hart zu verdienen und erfordert einen sehr hohen zeitlichen Einsatz.“ Er sagt: „Die Kommunen sollten sich aktiv nach Anbietern für einen eigenwirtschaftlichen Ausbau bemühen, dabei die Angebote genau vergleichen, um eine fundierte Entscheidung für die Zukunft treffen zu können.“ Sonst rät er dazu, die bayerische Förderung zu nutzen. 

Facebook Whatsapp Twitter Mail