
Wann kommen die gesunkenen Energiepreise bei den Verbrauchern an?

Die Großhandelspreise für Strom und Gas sind stark gefallen. Noch spüren die meisten Stromkunden nichts von der Preiswende. Eine erste Bewegung am Markt aber gibt es.

In der Energiekrise deutet sich eine Entspannung an. Die Großhandelspreise für Strom und Gas sind zuletzt drastisch gefallen. Kostete eine Kilowattstunde Strom zur Lieferung am nächsten Tag Mitte Dezember noch über 40 Cent, waren es in dieser Woche nur rund 17 Cent. Ende Dezember hatte der Preis sogar ein Zwischentief von nur 1,3 Cent erreicht. Wann wird diese Entwicklung auch bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern ankommen?
Noch spüren die meisten Stromkunden nichts von der Preiswende. "Zahlreiche Bestands- und Grundversorgungskunden erhalten zum Teil sogar jetzt erst ihre Preiserhöhungen", sagt Lundquist Neubauer vom Vergleichsportal Verivox. Für Februar und März haben bundesweit 43 Versorger Preiserhöhungen angekündigt, nur acht senken ihre Preise.
Es dauert, bis sich sinkende Börsenstrompreise in der Grundversorgung bemerkbar machen
Der Grund ist, dass Grundversorger und regionale Anbieter den Strom sehr langfristig einkaufen. "Es gibt eine Reihe von Menschen mit laufenden Verträgen, die lange von günstigen Tarifen profitiert haben", sagt Neubauer. Die Energiekrise war bei ihnen noch gar nicht richtig durchgeschlagen, das ändert sich nun. Denn neue Strommengen mussten die regionalen Anbieter natürlich zu höheren Preisen nachkaufen.
Es könnte deshalb einige Zeit dauern, bis die Senkungen für Kunden der regionalen Energieversorger in der Grundversorgung oder anderen Tarifen spürbar werden, das zeigt das Beispiel der Stadtwerke Augsburg. "Wir kaufen den Strom nicht täglich ein, sondern in mehreren Tranchen bis zu 15 Monate im Voraus", sagt dort Ulrich Längle. Dies habe den Preisanstieg im Jahr 2022 für viele Kunden gedämpft. "Genauso dauert es aber auch eine Weile, bis sich dann die sinkenden Börsenpreise bei den Privatkunden bemerkbar machen." Ein gutes Signal wäre es, wenn der Börsenstrompreis bis ins Frühjahr hinein auf einem niedrigeren Niveau bleiben würde.
Bei bundesweiten Privatanbietern fällt der Strompreis bereits
Den Grundversorgern stehen bundesweite Privatanbieter gegenüber, beispielsweise Vattenfall, Eon oder Maxenergy. Sie sind näher dran an der Börsenentwicklung. Hier kommt bei Neuverträgen bereits Bewegung in den Markt. "Bei den Neuverträgen bundesweiter Anbieter geht der Trend sehr stark nach unten", sagt Verivox-Fachmann Neubauer. Lag der Preis in diesem Segment im Oktober im Schnitt noch bei satten 70 Cent pro Kilowattstunde, sei er inzwischen auf rund 38,5 Cent gefallen. "Dies zeigt, dass der Wettbewerb intakt ist und Anbieter Interesse haben, ihre Preise zu senken", erklärt Neubauer. Verivox nimmt seit Anfang des Jahres auch ein verstärktes Wechselverhalten der Kunden wahr.
Aus der Politik steigt der Druck auf die Energieversorger, die Preissenkungen an Verbraucher und Unternehmen weiterzugeben. "So wie die Erhöhungen im vergangenen Jahr umgehend weitergereicht wurden, sind die Energieversorger jetzt auch in der Pflicht, die gesunkenen Beschaffungskosten an die Kunden weiterzugeben", sagt Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) unserer Redaktion. "Ein Blick in Vergleichsportale kann sich hier lohnen. Wer als Energieversorger seine Preise auf Dauer künstlich hoch hält, wird zu Recht Kunden verlieren."
Dietmar Bartsch, Linke: Versorger sollten sich Tarife genehmigen lassen müssen
Dietmar Bartsch, Fraktionschef der Linken im Bundestag, fordert eine stärkere Steuerung durch die Bundesregierung: "Es ist höchste Zeit, dass die fallenden Großhandelspreise für Strom und Gas bei den Verbrauchern ankommen", sagt er. "Dafür sind die aktuellen Preisbremsen nicht geeignet. Im Gegenteil: Sie halten die Preise vielfach oben und füllen die Taschen der Versorger", kritisiert Bartsch. Wenn der Staat über die Strompreisbremse die Kosten über 40 Cent zahle, gebe es wenig Gründe für Versorger, Preise zu senken. "Die aktuellen Preisbremsen sind eine Einladung zum Abkassieren", kritisiert er. "Wir brauchen stattdessen konsequente staatliche Preiskontrollen."
Die Versorger sollten sich deshalb die Tarife bei Robert Habeck genehmigen lassen müssen. Das Wirtschaftsministerium müsste prüfen, ob das Verhältnis von Großhandels- und Verbraucherpreisen stimmt.
Energie Schwaben: Senkung des Preises für Gas nicht ausgeschlossen, falls sich der Trend fortsetzt
Einen Preissturz gibt es im Großhandel auch bei Erdgas. In der Energiekrise lag der Preis für Erdgas zu Spitzenzeiten bei über 300 Euro pro Megawattstunde. Inzwischen sind es deutlich weniger. "Der Preis für 2024 geliefertes Erdgas liegt momentan bei 64,80 Euro pro Megawattstunde, was einem Endkundenpreis von zwölf Cent entsprechen würde", sagt Energie-Schwaben-Sprecher Christian Blümm. "Eine künftige Senkung auf dieses Niveau wäre nicht ausgeschlossen, falls sich der Trend fortsetzt", sagt er. Derzeit liegt der Preis für Kunden des Unternehmens noch leicht darüber, bei rund 13 Cent.
Wissen muss man allerdings auch, dass der Preis noch immer deutlich über dem Niveau liegt, das vor der Krise üblich war. Damals kostete eine Megawattstunde Erdgas im Großhandel rund 20 Euro. Dass die Verbraucher-Preise bald wieder auf das Vorkrisen-Niveau sinken, halten Fachleute deshalb für extrem unwahrscheinlich.
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@ Friedrich E.
"....Shell, der größte Ölkonzern Europas, verzeichnete im zweiten Quartal 2022 ganze 17,6 Mrd. Euro Gewinn – und damit fünfmal so viel wie im zweiten Quartal 2021....."
Von wann bis wann hat nochmal unser grandiose Regierung die Autofahrer mit der sog. Spritpreisbremse "entlastet"?
Shell verdient sein Geld ja auch vorwiegend an deutschen Tankstellen. :))) Aber ein Tipp von mir: Solche Aktien ins Depot legen.
Tipp zurück: mal bisschen aus dem Heile-Welt-Tellerrand rausschauen, dann wird manches klar
"Es ist nicht verwerflich, aber irgendwie lustig. Zuerst bei den Billigheimern bonusgehoppt jährlich, dann großes Geheule weil man plötzlich in die teure Notversorgung kommt und zack, bei erster Gelegenheit wieder weg. Schöne Hängematte, bezahlt von den Kunden der Grundversorger vor Ort."
Dann wäre die Frage warum müssen die Bestandskunden mehr bezahlen wie die Bonushopper?
Warum werden die Boni nicht an die Bestandskunden verteilt sondern an die Neukunden und wie kann es sein das es inzwischen Firmen gibt die Tarife automatisch wechseln, bessere Konditionen bekommen wie die Privatperson und zusätzlich noch Provision für den Wechsel erhalten.
Und wenn die Energie gerade so knapp ist und teuer, wie kann es dann sein das RWE im Vergleich zum letzten Jahr sein Gewinn verdoppeln konnte?
Shell, der größte Ölkonzern Europas, verzeichnete im zweiten Quartal 2022 ganze 17,6 Mrd. Euro Gewinn – und damit fünfmal so viel wie im zweiten Quartal 2021.
Man beachte bitte ein Quartal sind 3 Monate und Gewinn ist nach Steuer.
Und was macht die Politik? Sitzt mit im Aufsichtsrat und freut sich.
Wer wie Shell ode RWE die teure Energie erzeugen und verkaufen kann, macht große Gewinne. Was ist daran so schwer zu verstehen?
Bestandskunden haben Verträge, die sie nach Ablauf der Vertragslaufzeit oder bei Preiserhöhungen kündigen und sich nach billigeren Angeboten umsehen können. So funktioniert Marktwirtschaft. Die Kunden müssen das aber auch nutzen, dann sinken die Preise wieder.
"Bestandskunden haben Verträge, die sie nach Ablauf der Vertragslaufzeit oder bei Preiserhöhungen kündigen und sich nach billigeren Angeboten umsehen können. So funktioniert Marktwirtschaft. Die Kunden müssen das aber auch nutzen, dann sinken die Preise wieder."
Im Energiesektor funktioniert aber die Marktwirtschaft nicht, hier muss der Staat anscheinend eingreifen was er nicht macht aufgrund von Korruption Verzeihung Lobbyisten. Spritpreise, Strompreise, Gaspreise.. sehe da keine Senkung obwohl es möglich wäre und sicherlich einige Preise vergleichen
"Warum werden die Boni nicht an die Bestandskunden verteilt sondern an die Neukunden"
Einfach zu beantworten, diese Frage: Weil auch die Grundversorger Neukunden brauchen und noch immer mit der Bequemlichkeit ihrer "Stammkunden" ("zu bequem um zu kündigen") rechnen können . . .
Friedrich E., haben Sie jemals einen Blick in ein Vergleichsportal wie Verivox geworfen? Natürlich funktioniert der Markt, aber die Preisanpassungen der Anbieter erfolgen regelmäßig zeitverzögert zum Geschehen an den Börsen.
"aber die Preisanpassungen der Anbieter erfolgen regelmäßig zeitverzögert zum Geschehen an den Börsen."
Also ich kann mich noch an den Tankrabatt erinnern, am Stichtag wurden die Preise an den Tankenstellen teilweise nicht gesenkt mit der Begründung es wäre alter Sprit, bei Beendigung aber sofort die Preise angezogen.
Hat schon Gründe warum es Energiefirmen gibt die 68 Mrd. € Gewinn erwirtschaften.
Und schon rennen sie wieder, die Pfennigfuchser... 2022 heulend von den pleite gegangenen Billigheimern zu den Stadtwerken und Grundversorgern zurückgekehrt, auf die erstmal teure Ersatz- und anschliessende Grundversorgung geschimpft, werden jetzt schon wieder Portale gewälzt wo man billiger wegkommt. Dass hier ein Herr Aiwanger mitmischt, kein Wunder.
Stefan K., grundsätzlich haben Sie schon recht, aber ganz so einfach ist es nicht. Es sind auch die trägen Verbraucher, die sich für die Höhe ihres Strompreises gar nicht interessieren und damit dazu beitragen, dass der Wettbewerb im Strommarkt nicht richtig in Gang kommt. Bei einem Wechsel des Versorgers sollte man allerdings nicht nur auf die Boni schielen, sondern darauf achten, dass der Anbieter seriös ist.
Und was genau ist Ihrer Meinung nach daran so verwerflich?
Oder haben Sie in diesen schweren Zeiten Geld zu verschenken?
Es ist nicht verwerflich, aber irgendwie lustig. Zuerst bei den Billigheimern bonusgehoppt jährlich, dann großes Geheule weil man plötzlich in die teure Notversorgung kommt und zack, bei erster Gelegenheit wieder weg. Schöne Hängematte, bezahlt von den Kunden der Grundversorger vor Ort.
So funktioniert Marktwirtschaft; Angebot & Nachfrage bilden den Preis und es funktioniert prima. Keiner ist gezwungen dabei mitzumachen, jedoch darf sich auch niemand beschweren, wenn aufgrund von Marktgegebenheiten sich der Preis ändert. Alles andere wäre Planwirtschaft und wo diese hinführt hat man ja gesehen.