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Studie: Steht das Geschäftsmodell Deutschlands vor dem Aus?

Studie

Steht das Geschäftsmodell Deutschlands vor dem Aus?

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    Ein Logo mit der Aufschrift "Made in Germany". Das deutsche Geschäftsmodell steht jedoch vor Umbrüchen.
    Ein Logo mit der Aufschrift "Made in Germany". Das deutsche Geschäftsmodell steht jedoch vor Umbrüchen. Foto: Karl-Josef Hildenbrand, picture alliance/dpa (Symbolbild)

    Am Anfang stand zum Beispiel der VW-Käfer, heute sind es Audi-Limousinen oder BMW-Geländewagen, die in aller Welt als Statussymbol begehrt sind. Exportweltmeister zu sein oder zumindest Vize-Exportweltmeister, das ist ein Teil deutscher Identität. Doch das Erfolgsrezept stößt an seine Grenzen und könnte bald ausgedient haben. Zu viele Krisen setzen der Exportorientierung der deutschen Wirtschaft zu. Davor warnen die Bayern LB und das Forschungsinstitut Prognos in einer gemeinsamen Studie. Das Geschäftsmodell Deutschlands müsse dringend an die neue Weltlage angepasst werden. "Wir müssen die rosarote Brille abnehmen, dass alles schon wieder gut wird", sagte Jürgen Michels, Chefvolkswirt der Bayern LB in München

    Es gibt einige Hinweise, die wachrütteln. "Der Außenhandel mit Waren ist schon lange kein Wachstumstreiber für Deutschland mehr", sagte Prognos-Chefvolkswirt Michael Böhmer. "Er hat nicht mehr die Bedeutung wie zum Beispiel noch vor 15 Jahren." Konflikte wie der zwischen den USA und China und Entscheidungen wie der Brexit bremsen die Globalisierung. Zuletzt kamen Inflation, höhere Zinsen in vielen Ländern, die Corona-Pandemie und der russische Angriffskrieg auf die Ukraine dazu. Lieferengpässe und hohe Energiekosten inklusive. 

    Offenheitsgrad der Volkswirtschaften stagniert, in China sinkt er sogar

    Die Folge sei, dass der globale Offenheitsgrad seit Jahren stagniert. Er setzt die Exporte der Länder ins Verhältnis zur Wirtschaftsleistung. "Seit 2008 erleben wir eine Seitwärtsbewegung, hier hat sich nichts mehr getan", sagte Böhmer. Die Exporte steigen zwar noch, allerdings nicht stärker als die Wirtschaftsleistung. Diese Beobachtung gelte auch für Deutschland. In China habe die Offenheit der Volkswirtschaft sogar abgenommen. 

    Eine Besserung erwarten die Fachleute nicht. Denn im besten Fall schalten die Weltmächte auf ein "Weiter so", im schlimmsten Fall kommt es zu neuen militärischen Konflikten, zum Beispiel durch einen Angriff Chinas auf Taiwan. Dies seien keine Risiken, "die fernab sind", sagten die beiden Chefvolkswirte. "Die Welt dürfte künftig stärker durch Konfrontation als durch Kooperation geprägt sein." Eine anhaltende Deglobalisierung - eine Entflechtung der Weltwirtschaft - sei zu einem realistischen Szenario geworden. Bereits heute spürten Verbraucherinnen und Unternehmen die Folgen, wenn Medikamente oder Halbleiter Lieferprobleme haben.

    Kenia, Ägypten, Vietnam, Brasilien: Neue Märkte erschließen

    Ist das exportorientierte Geschäftsmodell Deutschland also am Ende? Auf jeden Fall muss es angepasst werden, fordern die beiden Chefvolkswirte. 

    Einen Ausweg sehen sie darin, andere Märkte neben China zu erschließen, auch wenn diese kleiner sind und es mühsamer wird. Beispiele seien Vietnam oder Kenia, Länder, die ein solides Wachstum aufweisen. Der Handel mit Brasilien könnte über das Freihandelsabkommen Mercosur neue Fahrt aufnehmen. Und Ägypten könnte als Partner für die Energiewende eine Rolle spielen. Aufgabe der Bundespolitik sei es, den Zugang zu diesen Märkten in der zweiten Reihe mit Freihandels- und Investitionsabkommen zu fördern. 

    Statt Autos und Maschinen auch Dienstleistungen, Umwelt- und Klimatechnologie

    Außerdem raten die Volkswirte den Unternehmen aus dem Mittelstand, ihre Produkte für den Export zu überdenken. Das Geschäftsmodell Deutschland könne nicht allein darin bestehen, Autos und Maschinen nach China zu exportieren. Es müsse andere Produkte geben. Ein Weg seien Dienstleistungen, zum Beispiel in der Wartung und Instandsetzung von Maschinen. Zudem sei Deutschland überdurchschnittlich gut aufgestellt im Verkauf von Umwelt- und Klimatechnologie, wenn es um saubere Luft, sauberes Wasser oder Recycling geht. Damit diese Produkte weiterhin zu bezahlbaren Preisen in Deutschland hergestellt werden können, sei ein rascher Ausbau günstiger, klimafreundlicher Energien wichtig. 

    "Deutschland ist kein hoffnungsloser Fall", sagten die Chefvolkswirte. "Deutschland hat Chancen, dies erfordert aber ein Handeln." 

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