Mobilität der Zukunft: Wann hebt das Flugtaxi mit Passagieren ab?

Foto: Airbus Helicopters, Celian Baudiun
15.07.2021

Plus Flugtaxis könnten Reisenden bald eine neue Dimension erschließen. Aber wie weit sind die Hersteller, wie weit ist die Region Ingolstadt, wo der CityAirbus für Schub sorgen soll?

Von oben, aus der Vogelperspektive, sieht das alles schon gut aus. Ein weißes Flugobjekt, es ist sanft gestartet, es zieht kontrolliert seine Kreise, manövriert sauber, landet auf den Punkt. Ohne Pilot. Sieht so aus, als könnte man damit abheben, in eine neue Zukunft der Mobilität. Einmal bitte gleich zum Flughafen München, der Anschlussflug geht bald. Das wär’s doch, oder nicht?

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Es ist der CityAirbus, der da in der Luft über dem Feilenmoos bei Ingolstadt seine Kreise zieht und der Mobilität in der dritten Dimension eine Zukunft verheißt. Er ist einer der Protagonisten von dem, was global unter Urban Air Mobility oder Vertical Mobility gefasst wird. Die Transportdrohnen und Flugtaxis eben, auch wenn deren Entwickler lieber von eVTOL (Electric Vehicle Takeoff and Landing) sprechen. Egal wie, die elektrisch angetriebenen Zukunftsflieger könnten das nächste große Ding werden. Nach Überzeugung mancher sind sie es längst. Auf allen Kontinenten werden sie entwickelt. Auch in der Region Ingolstadt, die sich mit ihrer Urban-Air-Mobility-Initiative und viel staatlichem Schub international einen großen Namen machen möchte. Das globale Marktvolumen für Flugtaxis könnte 2035 im zweistelligen Milliardenbereich liegen. Der Hype ist längst da. Allerdings gehört dazu auch immer die skeptische Frage, ob das alles nicht eine lachhafte Luftnummer ist, bei der einfach nur eine Menge Investoren-Milliarden in den Wind geblasen werden.

Auf dem Testgelände bei Manching übt der CityAirbus das Fliegen

Eric Ferreira da Silva sieht das nicht so. Er ist seit Oktober 2020 Entwicklungsleiter, bei Airbus zuständig für alles, was elektrische Luftmobilität angeht. Der 43-Jährige bringt nicht nur gute Voraussetzungen für den Job mit, weil er Ingenieur und bereits seit 2003 beim größten europäischen Flugzeugbauer ist, er hat auch eine deutsche Mutter und einen französischen Vater, er ist bei Paris aufgewachsen, hat in Baden-Württemberg studiert, spricht fließend deutsch und französisch. Er hat, das sagt er, gerade eine „supergute Zeit“.

Video: Fabian Kluge

Der Grund dafür steht jetzt hinter ihm im Hangar. Der Demonstrator des CityAirbus: Acht von Rolls-Royce-Motoren betriebene Rotoren, eine hubschrauberähnliche Gondel, nicht zählbare Kabelstränge im Innern, große Elektrobatterien. Ein Studienobjekt, aus dem irgendwann ein Prototyp geschaffen wird, aus dem dann etwas werden soll, dass Marktreife erlangt. Dieser Demonstrator hat im März 2019 auch auf dem Ingolstädter Rathausplatz gestanden und wurde dort der Weltöffentlichkeit präsentiert. Nicht wenige mokierten sich darüber, dass das Ding nicht flog. Das allerdings war damals nie vorgesehen, denn bis Flugtaxis dieser Art über deutschen Städten fliegen dürfen, ist das ein oder andere Rechtliche noch zu klären.

Bis Mitte der 30er-Jahre könnte es weltweit CO2-frei-fliegende 25.000 Lufttaxis geben

Hier draußen, auf der grünen Wiese bei Manching vor Ingolstadt, ist der CityAirbus seither aber schon oft abgehoben. Hier ist ein großes Testgelände, wo das geht. Die Wehrtechnische Dienststelle für Luftfahrzeuge und Luftfahrtgerät der Bundeswehr (WTD 61) ist ungefähr eine Flugtaxi-Minute entfernt, der Standort von Airbus Defence and Space ebenso. Hier gibt es alles, was ein Fliegerherz so begehrt und an Messtechnik braucht.


Ferreira geht davon aus, das es Mitte der 30er Jahre weltweit etwa 25.000 CO2-frei fliegende Lufttaxis geben könnte. Es sei schwierig zu sagen, wie sich der Markt wirklich entwickelt, aber das sei in etwa die Hausnummer. „Airbus ist seit 2016 konkret dabei. Der Konzern finanziert die Entwicklung selbst.“ Wie viel Geld Airbus in das Projekt CityAirbus steckt, sagt Ferreira nicht, aber er spricht von einem „sehr relevanten Volumen“ und fügt hinzu: „Da werden hunderte Ingenieure ein Jahrzehnt arbeiten müssen, um das hinzubekommen. Es geht schließlich nicht nur um das Fahrzeug, sondern auch die ganze dazugehörige Infrastruktur.“

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Wann wird ein Flugtaxis zum ersten Mal für einen Personenflug abheben? Bei Airbus glaubt man, dass das bis 2030 passieren kann. Derzeit testet Airbus weiter mit dem Demonstrator.

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Wann wird ein Flugtaxis zum ersten Mal für einen Personenflug abheben? Bei Airbus glaubt man, dass das bis 2030 passieren kann. Derzeit testet Airbus weiter mit dem Demonstrator.

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Wann wird ein Flugtaxis zum ersten Mal für einen Personenflug abheben? Bei Airbus glaubt man, dass das bis 2030 passieren kann. Derzeit testet Airbus weiter mit dem Demonstrator.

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Wann wird ein Flugtaxis zum ersten Mal für einen Personenflug abheben? Bei Airbus glaubt man, dass das bis 2030 passieren kann. Derzeit testet Airbus weiter mit dem Demonstrator.

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Wann wird ein Flugtaxis zum ersten Mal für einen Personenflug abheben? Bei Airbus glaubt man, dass das bis 2030 passieren kann. Derzeit testet Airbus weiter mit dem Demonstrator.

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Wann wird ein Flugtaxis zum ersten Mal für einen Personenflug abheben? Bei Airbus glaubt man, dass das bis 2030 passieren kann. Derzeit testet Airbus weiter mit dem Demonstrator.

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Wann wird ein Flugtaxis zum ersten Mal für einen Personenflug abheben? Bei Airbus glaubt man, dass das bis 2030 passieren kann. Derzeit testet Airbus weiter mit dem Demonstrator.

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Wann wird ein Flugtaxis zum ersten Mal für einen Personenflug abheben? Bei Airbus glaubt man, dass das bis 2030 passieren kann. Derzeit testet Airbus weiter mit dem Demonstrator.

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Wann wird ein Flugtaxis zum ersten Mal für einen Personenflug abheben? Bei Airbus glaubt man, dass das bis 2030 passieren kann. Derzeit testet Airbus weiter mit dem Demonstrator.

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Wann wird ein Flugtaxis zum ersten Mal für einen Personenflug abheben? Bei Airbus glaubt man, dass das bis 2030 passieren kann. Derzeit testet Airbus weiter mit dem Demonstrator.

Wann können die ersten Passagiere einsteigen?

Die Kernfragen sind nun, erstens: Wann ist der CityAirbus, in den auch die Erkenntnisse aus dem kalifornischen Vahana-Projekt – ein senkrecht startendes Kippflügel-Wandelflugzeug – einfließen, so weit? Ferreira beginnt nun ein paar elegante Wendemanöver. Er sagt: „Das hängt an sehr vielen Parametern: die rechtlichen Grundlagen, die Zulassungsaspekte, die Verfügbarkeit der Technologien. Das Ziel von Airbus ist, am Ende ein Produkt zu haben, das sowohl Sicherheit als auch Wirtschaftlichkeit bringt. Verkünden, wann was kommt, ist schwierig.“

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Foto: Fabian Kluge
Foto: Fabian Kluge

Eric Ferreira da Silva ist Entwicklungsleiter bei Airbus.

Zweitens: Was wird es kosten? Auch das bleibt noch offen. Ferreira sagt: „Unser Ziel ist nicht, ein Luxusprodukt zu haben. Hubschrauber-Shuttle-Service gibt es ja längst. Aber wir wollen auch nicht die U-Bahn ersetzen, also kein Massenprodukt. Es wird etwas dazwischen.“

Wie schnell braucht man vom Vertiport Ingolstadt zum Münchener Flughafen?

Drittens: Wie schnell wäre man vom angedachten Vertiport am Ingolstädter Bahnhof am Flughafen München? Hier gibt der Entwicklungsleiter nun ein bisschen Gas: „Der CityAirbus ist mit einer Geschwindigkeit zwischen 100 und 150 Stundenkilometern unterwegs, ein bisschen langsamer als ein Hubschrauber. Wir reden also von weniger als 20 Minuten.“ Allerdings sei diese Strecke nicht der Maßstab für die Entwicklung. Hier ist Sao Paolo das Kriterium, wo man üblicherweise etwa zwei Stunden mit dem Auto von der City bis zum Airport braucht. „In solchen Städten bringen die 20 Minuten den Mehrwert.“

Wo wird das Serienfahrzeug produziert? In Donauwörth, Manching oder doch eher in Toulouse, wo Airbus seinen Stammsitz hat? Ferreira fliegt nun wieder eine gekonnte Kurve und erwidert: „Es ist zu früh, um das zu beantworten, wir sind in der Entwicklungsphase.“ Klar ist aber: „Bayern wird das Zentrum für unseren elektrischen Senkrechtstarter sein. Wenn es so weit ist, dann reden wir von mehreren tausend hoch qualifizierten Arbeitsplätzen von der Entwicklung über die Produktion bis zum Vertrieb. Innerhalb des Airbus-Konzerns ist das ein wesentliches, ein großes Projekt. Das sieht man auch daran, dass wir dafür Eigenmittel einsetzen.“

Porsche-Consulting-Studie: globales Marktvolumen von bis zu 32 Milliarden Dollar für 2035

Wie sind denn überhaupt die Marktprognosen? Können sie sich sehen lassen und rechtfertigen sie den Aufwand? Diese Woche erst hat Porsche Consulting eine neue Studie „The Economics of Vertical Mobility“ veröffentlicht. Der Autor Gregor Grandl liefert Zahlen und Fakten. Er analysiert: „Wir sehen vertikale Mobilität als lukrative Nische und prognostizieren 22 bis 32 Milliarden Dollar globales Marktvolumen für das Jahr 2035.“ Europa dürfte 20 bis 25 Prozent des Weltmarktes ausmachen, also vier bis sechs Milliarden Euro. Gleichzeitig müssen die Unternehmen auch noch viel Geld in die Hand nehmen, „damit das Geschäftsmodell abhebt“. „Fünf bis zehn Milliarden Dollar bis 2025, sagt Grandl. Bis 2035 mindestens 20 Milliarden Dollar, damit Flugtaxis sich dauerhaft etablieren. Hinzu kämen „erhebliche“ Investitionen für Startplätze, für die zweite Flugtaxi-Generation und den Aufbau des Service drum herum.

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Foto: Airbus Helicopters, Celian Bauduin
Foto: Airbus Helicopters, Celian Bauduin

Sieht so die Mobilität der Zukunft aus? Der CityAirbus bei einem Testflug.

Hört sich also nach Chance an, oder? Florian Holzapfel ist Professor an der TU München für Flugsystemdynamik. Wenn man ihn fragt, ob das Flugtaxi-Ding Zukunft oder doch eher industrielles Absturzpotenzial hat, entgegnet er: „Was wir gerade erleben, wird nicht zu Unrecht als dritte Revolution der Luftfahrt bezeichnet. Und der Markt für Drohnen und Lufttaxis explodiert gerade.“

Florian Holzapfel von der TU München sagt: Eine Riesenchance

Holzapfel, das ist nicht zu verkennen, ist begeistert von dem, was gerade passiert. Seinen Segelflugschein hatte er als Jugendlicher noch vor seinem Führerschein. Heute entwickelt und tüftelt er mit seinen Studenten selbst und ist bestens in Asien und China vernetzt. Der Familienvater lehrt auch in Peking und in Singapur. Er sagt: „Wir sollten neuen Entwicklungen eine faire Chance geben“ und plädiert zunächst einmal gegen die „Technikfeindlichkeit“, die es in Deutschland noch immer gebe: „Ich finde das schade.“ Er fasst diese für ihn unverständliche Haltung mit diesem – allerdings gut gelaunten – Satz zusammen: „Die Aktivisten verabreden sich heute auf den Frequenzen, gegen die sie früher protestiert haben.“

Video: Airbus Helicopters, Fabian Kluge

Der Markt explodiert also gerade. Allerdings nicht primär in Deutschland. Denn hier würden Lufttaxis eher nicht gebraucht. Es gibt eine gute Verkehrsinfrastruktur. Aber in Inselstaaten wie Indonesien sieht Holzapfel deren Zukunft. In Gebirgsregionen, wo eine Drohne viel schneller, günstiger und umweltfreundlicher die Serpentinen überwindet, als es ein Lastwagen je schafft. Dort, wo der Boden für Straßen und Wege ungeeignet ist, wo die Sicherheitslage schwierig ist. In Teilen Afrikas etwa, wo zum Beispiel Drohnen des kalifornischen Unternehmens Zipline schon lange Blutkonserven über unwegsames Gelände fliegen. Binnen Minuten. Für Holzapfel macht die neue Technik vor allem da Sinn, wo über eine kurze Strecke hoher Zeitgewinn möglich ist. Das kann natürlich auch in Deutschland sein. Aber es gibt Regionen, wo der Einsatz von elektrisch betriebenen Transportdrohnen viel mehr Sinn ergibt. Ob mit oder ohne Menschen.

Der Markt explodiert, aber noch nicht in Deutschland

Der Markt explodiert also anderswo, aber auch Deutschland, Bayern, und hier vor allem der Mittelstand, profitieren. Inzwischen, meint Holzapfel, zunehmend in der ersten Reihe, bei den Herstellern. Aber mehr noch in der zweiten Reihe, bei den Zulieferern. Das Land der Ingenieure kriegt vor allem hier Schub. Holzapfel zählt Beispiele aus beiden Reihen am Stück auf. Ein paar seiner Favoriten: Quantum Systems aus Gilching, Volocopter, die auch in München vertreten sind, oder etwa Elektra Solar aus Landsberg am Lech.

Dabei ist es übrigens nicht so, dass die Luftfahrtindustrie die laufende Revolution selbst forciert hätte, sagt Holzapfel: „Das ist ein Geschenk der anderen Industrien.“ Und durch die Elektrifizierung werde alles billiger: „Heute kann man für 15 Euro eine Stunde fliegen, die mit Sprit 70 bis 80 Euro kosten würde. Die Betriebskosten gehen so was von runter.“ Die Luftfahrt sei immer extrem teuer gewesen. Nun bekomme sie durch die E-Wende und die Innovationen des automatisierten Fahrens in der Autoindustrie Hilfe auf der Kostenseite. „Beide Branchen bewegen sich aufeinander zu. Da gibt es ganz sinnvolle Synergien. Bei Rechnern, Sensoren, in vielen Bereichen. Auch die Wartung der Fluggeräte wird erheblich billiger.“ Batterien und Akkus seien zwar noch der „Flaschenhals“, aber selbst die würden immer besser. Holzapfels Haltung zur Sache in einem Satz: „Die elektrische Fliegerei ist eine gigantische Chance.“

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Foto: Airbus Helicopters
Foto: Airbus Helicopters

Der CityAirbus hebt bei Manching ab.

Wenn der CityAirbus, der fliegende Demonstrator, das dicke Ding ist, das den Aufbruch in Ingolstadt symbolisiert, ist Franz Glatz dafür zuständig, dass sich das Drumherum, die Innovationskraft von Urban Air Mobility, in der Region verstetigt. Glatz ist Geschäftsführer des digitalen Gründerzentrums Ingolstadt, promovierter Chemiker, arbeitet aber schon seit Jahren in der Start-up-Förderung. Seit ein paar Jahren ist der gebürtige Neuburger auch verantwortlich für das

brigkAIR in Ingolstadt soll Innovationen fördern

brigkAIR in Ingolstadt. Das ist eine kleine Innovationschmiede, dem Selbstverständnis nach „Start-up-Inkubator für dreidimensionale Mobilität der Region Ingolstadt“. Das brigkAIR will der internationale Ansprechpartner für Start-ups sein, die was mit Drohnen machen, um es einfach zu sagen. Geboten bekommen sie Kontakte in die regionale UAM-Industrie, zu möglichen Investoren, Experten, Dienstleistern. Vor allem aber – und das ist der internationale Standortvorteil – bietet das brigkAIR mit dem Luftraum über dem Feilenmoos, wo auch der CityAirbus fliegen übt, ein Testgelände.

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Foto: Luzia Grasser
Foto: Luzia Grasser

Franz Glatz, Geschäftsführer des digitalen Gründerzentrums Ingolstadt.

Vieles sollte schon weiter sein. Aber, sagt Geschäftsführer Glatz, „Covid hat uns einen ziemlichen Strich durch die Rechnung gemacht.“ Es habe sich noch keiner, wie es vor der Pandemie gedacht war, angesiedelt, es wolle auch keiner ein Office mieten, seit März 2020 sei physisch „vor Ort“ nicht viel passiert. Glatz sagt klar: „Das tut uns weh und das hat uns zurückgeworfen.“ Und auch die für die UAM so bedeutsame Luftfahrtindustrie sei von der Pandemie nicht nur belastet, sondern deswegen auch noch „vorsichtig“. Es gab zudem noch Verzögerungen in Sachen Starterlaubnis wegen Vögeln, diversen Wiesenbrütern, die das Drohnentestgelände gerne frequentieren.

brigkAIR-Chef Franz Glatz: Verzögerungen wegen Corona

Zugleich aber habe es, auch seit März 2020, knapp 270 Anfragen von Start-ups und innovativen Köpfen von Neuseeland bis Kalifornien gegeben, die ein „ganz starkes Interesse“ an Manching haben. Das brigkAir, die UAM-Region Ingolstadt, sagt Glatz, „ist mit dem Silicon Valley oder Tel Aviv vernetzt, international verortet und sichtbar.“ Es sei bekannt, dass hier Wissen sei und dass das immer mehr als „Deep-Tech-Mekka“-gehypte München nicht weit entfernt liege. Glatz ist überzeugt: „Wenn Covid nicht wäre, hätten wir da draußen im Feilenmoos schon ein Gründerzentrum in einer Containerlandschaft, wo sich wahrscheinlich fünf Start-ups dauerhaft angesiedelt hätten und fünf temporär vor Ort wären.“ Noch immer würden die meisten aber von zu Hause aus arbeiten, manche wollten auch erst mal nur eine kleine Entwicklungsmannschaft entsenden. Wegen all der Unwägbarkeiten ließen aber die, die sonst schon getestet hätten, ihre Leute zunächst daheim. „Aber das starke Interesse ist da“. Die UAM-Netzwerktreffen haben weiterhin regelmäßig stattgefunden, auch diese Woche wieder. Anfang August wird es im Feilenmoos das Finale der „Deep Drone Challenge“ geben. 122 Bewerber aus 17 Ländern gab es. Die 18 Finalisten müssen ihre Fluggeräte nun mit Spracherkennung einen Hindernisparcours fliegen lassen. Außerdem müssen die autonomen Testflieger ein vorher definiertes Ziel „möglichst schnell und völlig autonom erreichen“, bekommen es dabei aber mit Störmanövern zu tun.

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Foto: Airbus Helicopters, Celian Bauduin
Foto: Airbus Helicopters, Celian Bauduin

Schon bald soll der CityAirbus mit Passagieren abheben.

Auch Quantum Systems ist in Ingolstadt am Start. Bei dem Forschungsprojekt „FreeRail“ untersuchen deren Drohnen automatisiert das Streckennetz der Bahn. Wächst da ein Ast in eine Richtung, wo er nichts verloren hat, müssen die Büsche nahe der Gleise beschnitten werden? Dazu wurden die Bürger befragt, was sie von so einer Initiative halten. Die Akzeptanz für UAM soll so begleitend getestet werden.

In Ingolstadt für die Welt produzieren

Im Herbst, sagt Glatz, werden die Start-ups, die in Manching fliegen wollen, auch permanent am Flugfeld eine Bleibe haben. Im Augenblick dürfen Sie den Hangar mitnutzen, in dem der CityAirbus geparkt ist. Glatz glaubt nach wie vor daran, dass Drohnen und Lufttaxis Ingolstadt helfen werden, die Monostruktur von Audi aufzubrechen, darin werde er „jeden Tag mehr“ bestärkt. Wie auch Holzapfel sagt Glatz: „Auto- und Luftfahrtindustrie haben wegen des autonomen Fahrens inzwischen ganz viele gemeinsame Themen. Und die Industrie in der Region zeigt einen starken gemeinsamen Willen.“ Auch Glatz sagt: „Es geht nicht darum, dass demnächst ein Flugtaxi zwischen Eichstätt und Ingolstadt fliegt. Das wird eher in Dubai passieren oder in den Megacitys von Asien. Aber idealerweise fliegt das, was da woanders abhebt, mit Technik aus Ingolstadt.“ Es gehe übrigens darum – auch hier sieht er den Sinn der hiesigen UAM –, im globalen Wettbewerb mit China und den USA zu bestehen.

Und was sagen die, die einen Blick von außen haben, zu dem, was da in Ingolstadt beginnt? Was halten sie vom CityAirbus? Professor Holzapfel meint einerseits, dass unter den Firmen, die weltweit in Sachen Flugtaxis ganz vorne dabei sind, „eigentlich kein klassisches Luftfahrtunternehmen“ sei. Die Strukturen seien zu starr. Und er ist auch nicht der Ansicht, dass Manching und Ingolstadt weltweit schon so bekannt seien. Noch nicht zumindest.

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Foto: Airbus Helicopters, Celian Bauduin
Foto: Airbus Helicopters, Celian Bauduin

Flüge ohne Pilot klappen beim CityAirbus schon ganz gut.

Andererseits findet er immer besser, was dort angestoßen wurde, je mehr er sich damit beschäftigt. Das Testgelände im Feilenmoos sei der große Standortvorteil. „Kleine und mittelständische Unternehmen, Start-ups brauchen eine Struktur, wo sie schnell rausgehen und ausprobieren können. Wenn sie diese Chance kriegen, können sie sich dort entwickeln und dann würden in der Region Ingolstadt viele anspruchsvolle, gut bezahlte Arbeitsplätze entstehen. „Für Ingolstadt geht es darum, künftig die Sachen zu bauen, die man in Asien und Afrika gern kauft.“ Und er sagt in Richtung Airbus: „Die Kleinen brauchen die Großen dabei gar nicht. Man muss sie einfach machen lassen. Insofern macht ein Inkubator wie das brigkAIR super Sinn.“ Auch die Politik habe die Zeichen der Zeit erkannt: „Die haben genau verstanden, was da abgeht. Ich bin beeindruckt, wie Deutschland und Europa da ihren Hintern hochbekommen haben und wahnsinnig Dampf machen.“

Unternehmensberater Grandl sieht mit Blick auf die Arbeitsplätze allein durch Flugtaxis keinen Massenmarkt und damit auch nicht massenhaft Arbeitsplätze für die Region Ingolstadt. Zugleich ist er zuversichtlich, dass Deutschland und auch Bayern bei der Produktion vertikal startender und landender Fluggeräte „weiter eine wichtige Rolle“ spielen werden. „Skeptischer bin ich, ob wir hier auch bereit sind, das System mit Infrastruktur, Umweltverträglichkeitsprüfung und Integration in bestehende Verkehrssysteme zu schaffen.“

Wer macht das Flugtaxi-Rennen?

Wer macht das Rennen? Grandl sieht bei den Herstellern Joby Aviation, Archer, Ehang und Wisk, drei amerikanische und ein chinesisches Unternehmen, vorne. Aber, schränkt der Unternehmensberater ein, „das Rennen um die besten Konzepte ist noch offen und hängt von vielen Faktoren ab.“ Mit Lilium und Volocopter seien zwei deutsche Unternehmen ebenfalls führend. Allerdings würden nicht alle aktuellen Konzepte auch in Serie gehen. Airbus sieht er „aktuell nicht in der ersten Reihe der Projekte“. Zugleich besitze das Unternehmen aber alle wesentlichen Kompetenzen, um erfolgreich zu sein. „Für große und bekannte Unternehmen ist es oft schwer, in der noch sehr frühen und risikoreichen Phase mit großen Inventionen einzusteigen. Da tun sich Finanzinvestoren leichter. Sie gehen auch mal eine Wette auf einen noch nicht vorhandenen Markt ein.“ Für etablierte Luftfahrtunternehmen sieht er eine zweite Chance ab 2025. Denn dann würden sich bestimmte aerodynamische Konzepte und Technologien durchgesetzt haben. „Wenn Flugzeughersteller dann schnell genug sind, können sie bei der zweiten Generation der Fluggeräte einsteigen.“

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Die breite Masse wird, so ist er überzeugt, irgendwann ab 2030 zusteigen können. „Wenn das neue Angebot gut nachgefragt wird, können die Preise schnell fallen. Wir gehen davon aus, dass Stadtbewohner die Flugtaxis in etwa wie normale Taxis nutzen werden. Nicht jeder jeden Tag, aber jeder gelegentlich.“

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