Startseite
Icon Pfeil nach unten
Bayern
Icon Pfeil nach unten

Faktencheck: Hat die bayerische Polizei genügend Personal?

Faktencheck

Hat die bayerische Polizei genügend Personal?

    • |
    Ein durchaus belastender Job: Die Polizistinnen und Polizisten in Bayern schieben einen Berg von Überstunden vor sich her.
    Ein durchaus belastender Job: Die Polizistinnen und Polizisten in Bayern schieben einen Berg von Überstunden vor sich her. Foto: Benedikt Siegert (Symbolbild)

    Die CSU legt im Wahlkampf großen Wert darauf, Vorreiter bei der inneren Sicherheit zu sein. Dass Bayern das sicherste Bundesland ist, bestreitet niemand. Zwar war im Jahr 2016 die Zahl registrierter Straftaten pro 100.000 Einwohner etwas höher als in Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz. Rechnet man aber die illegalen Einreisen, die überwiegend in Bayern registriert wurden, aus den Statistiken heraus, dann ist in Bayern die Kriminalitätsbelastung der Bevölkerung am niedrigsten. Gestritten allerdings wird im Landtag regelmäßig über die Frage, ob es in Bayern ausreichend Polizisten gibt. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) behauptet, die bayerische Polizei habe so viel Personal wie nie. Der Chef der SPD im Landtag, Markus Rinderspacher, hält ihm entgegen, dass das nur die halbe Wahrheit sei. Wie ist es wirklich?

    Zahlen: Das sind die Personalstellen in absoluten Zahlen: Die Polizei in Bayern hat nach Angaben des Innenministeriums aktuell mit insgesamt 41.969 Stellen tatsächlich so viel Personal wie noch nie seit Ende des zweiten Weltkriegs. Die Einsparungen im Personalbereich im vergangenen Jahrzehnt – da sollte die Polizei nach dem Willen der damaligen CSU-Staatsregierung „billiger und besser“ werden – wurden schrittweise korrigiert. Seit dem Jahr 2009 wurden 2917 zusätzliche und dauerhaft verfügbare Stellen geschaffen. Von 2017 bis 2020 soll es pro Jahr noch einmal 500 Stellen zusätzlich geben.

    Ländervergleich: Wer hier nachforscht, wird sofort mit den Tücken der Statistik konfrontiert. Bayern lag laut dem Statistik-Portal „statista“ im vergangenen Jahr mit 326 Polizisten pro 100.000 Einwohner einerseits deutlich hinter den Stadtstaaten Berlin (473), Hamburg (437) und Bremen (418) sowie hinter Mecklenburg-Vorpommern (366) und Brandenburg (328). Das hat allerdings praktische wie historische Gründe. Stadtstaaten brauchen mehr Polizei, weil die Kriminalitätsbelastung dort deutlich höher ist als in Flächenländern. Und in den ostdeutschen Ländern gibt es aus DDR-Zeiten noch immer einen Überhang an Polizisten. Andererseits ergibt sich der deutliche Vorsprung Bayerns zum Beispiel gegenüber Baden-Württemberg (225) und Rheinland-Pfalz (224) auch daraus, dass für Bayern in dieser Statistik offenbar Verwaltungsangestellte bei der Polizei mit eingerechnet wurden, während anderswo nur die Polizisten gezählt wurden. Nur so könnte man für Bayern auf die Zahl 326 kommen. Wer selbst den Taschenrechner in die Hand nimmt und die letzte amtliche Einwohnerzahl Bayerns (rund 12,84 Millionen zum 31.12.2015) durch die aktuelle Zahl der Personalstellen bei der Polizei teilt, kommt auf rund 306 Polizisten pro 100.000 Einwohner.

    Soll und Haben: Die 41.969 Personalstellen der Polizei verteilen sich auf die zehn Präsidien und ihre Inspektionen sowie auf das Landeskriminalamt, die Bereitschaftspolizei, das Polizeiverwaltungsamt, das Innenministerium und weitere Sonderverbände. Die SPD-Abgeordnete und Landtagsvizepräsidentin Inge Aures wollte deshalb wissen, wie viel von dem zusätzlichen Personal bei den Dienststellen vor Ort tatsächlich ankommt. Aus der Antwort des Innenministeriums ergibt sich dabei in der Tat eine Differenz zwischen der so genannten Soll-Stärke und der durchschnittlich verfügbaren Personalstärke. Die Soll-Stärke der Polizeipräsidien und ihrer nachgeordneten Inspektionen liegt demnach bei insgesamt 27.552 Stellen, die tatsächlich verfügbare Personalstärke aber liegt mit 25.189 um rund neun Prozent niedriger. Das bedeutet allerdings nicht, dass die Stellen unbesetzt waren. Richtig ist vielmehr: diese Stellen waren besetzt, aber die Polizistinnen und Polizisten waren aus verschiedenen Gründen in ihrer Dienststelle nicht verfügbar – etwa wegen Fort- und Weiterbildung, Abordnung zu anderen Dienststellen, Mutterschutz mit Elternzeit, Sonderurlaub oder dauerhafter Erkrankung.

    Ist das eine Lücke? Das Innenministerium sagt Nein. Die Soll-Stärke stelle nämlich nicht den tatsächlichen Personalbedarf einer Dienststelle dar, sondern diene lediglich als Planungsgröße. Die genannten Abwesenheiten würden dabei berücksichtigt. Außerdem seien die Soll-Stärken im Zuge des Aufbaus neuer Stellen regelmäßig mit angehoben worden. Aus der dargestellten Differenz einen Personalmangel zu konstruieren, sei jedenfalls „völlig aus der Luft gegriffen“.

    Mehrarbeit: Die SPD lässt dennoch nicht locker. Dass es bei der Polizei an Personal mangelt, ist ihrer Auffassung nach auch an der Zahl der Überstunden abzulesen. Sie lag nach Angaben des Innenministeriums im Jahr 2012 allein für die Präsidien noch bei rund 1,07 Millionen, stieg aber bis 2016 auf 1,65 Millionen an. SPD-Fraktionschef Rinderspacher schätzt, dass die Gesamtsumme der Überstunden der Polizei sogar bei zwei Millionen liegt. Allerdings, und auch das gehört zu den Fakten, fielen in den genannten Zeitraum der G-7-Gipfel der wichtigsten Staats- und Regierungschefs im oberbayerischen Elmau sowie der große Ansturm von Flüchtlingen – was jeweils eine immense Mehrarbeit für die Polizei in Bayern bedeutete.

    Fakt ist: Die Polizei in Bayern ist sowohl im Vergleich zu früher als auch im Vergleich zu anderen Bundesländern sehr gut aufgestellt. Trotzdem muss – da sind CSU und SPD sich im Grundsatz einig – noch mehr getan werden.

    Hier finden Sie weitere Folgen unserer Reihe "Faktencheck":

    Schiebt Bayern wirklich konsequenter ab als andere Bundesländer?

    Ist ein Elektroauto wirklich besser für die Umwelt? 

    Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Umfrageinstitut Civey zusammen. Was es mit den Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden