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Augsburg: Behandlungsfehler? Johannes’ Tod wird doch vor Gericht geklärt

Augsburg

Behandlungsfehler? Johannes’ Tod wird doch vor Gericht geklärt

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    In der Hessing-Klinik wurde der 13-jährige Johannes an der Wirbelsäule operiert. In der Augsburger Kinderklinik  stirbt er später. Nun kommt der Fall doch vor Gericht.
    In der Hessing-Klinik wurde der 13-jährige Johannes an der Wirbelsäule operiert. In der Augsburger Kinderklinik stirbt er später. Nun kommt der Fall doch vor Gericht. Foto: Anne Wall

    Zwei frühere Ärzte der Augsburger Hessing-Klinik müssen sich für den Tod des 13-jährigen Johannes H. doch noch vor Gericht verantworten. Das Landgericht Augsburg sieht einen hinreichenden Verdacht der fahrlässigen Tötung. Das ist schon dann der Fall, wenn es eine gleich hohe Wahrscheinlichkeit für Verurteilung und Freispruch gibt. Das Landgericht revidiert damit auf Beschwerde der Staatsanwaltschaft die Entscheidung des Amtsgerichts, das eine Anklage nicht zugelassen und einen Prozess verhindert hatte. Den Ärzten seien kein Behandlungsfehler und keine Schlamperei nachzuweisen, hieß es damals.

    Die Eltern von Johannes sind erleichtert, dass es nun zum Prozess kommt

    „Johannes’ Eltern sind erleichtert, dass es jetzt zum Prozess kommt“, sagt deren Rechtsanwalt Hermann Hammermaier. Seit viereinhalb Jahren leben sie mit der Frage, ob der Tod ihres Kindes hätte verhindert werden können. Bis gestern sah es so aus, als würden sie nie mehr eine Antwort bekommen.

    Im April 2010 wird der Bub aus dem Raum Pfaffenhofen an der Ilm in der Hessing-Klinik operiert. Er leidet an einer Wirbelsäulenverkrümmung. Der Anklage zufolge werden beim Anbringen eines Fixateurs, der den Körper ruhigstellen soll, zwei Schrauben falsch positioniert. Eine liegt so, dass die Schlagader Blut verliert. Auf den Röntgenbildern, die die Mediziner zur Kontrolle anfertigen, ist das nicht zu erkennen. Als es Johannes schlechter geht, wird er in die Augsburger Kinderklinik verlegt. Auch bei einer Computertomografie (CT) ein paar Tage später entdecken die Ärzte dort die Verletzung nicht. Johannes stirbt an einem Blutungsschock.

    Gegen einen ursprünglich mitangeklagten Kinderarzt des Klinikums sieht auch das Landgericht keinen hinreichenden Tatverdacht. Im Fall des vierten Angeklagten, einem Operateur der Hessing-Klinik, hatte die Staatsanwaltschaft ihre Beschwerde selbst zurückgezogen. Der Vorwurf der Anklage, so auch die Erklärung des Landgerichts, beziehe sich nicht auf die Operation, sondern auf ein mögliches Fehlverhalten der Ärzte nach dem Eingriff.

    Aus Sicht der Staatsanwaltschaft war es ein Fehler, dass die Ärzte die Lage der Schrauben zunächst nur auf Röntgenbildern prüften. Hätten sie CT-Aufnahmen anfertigen müssen? Diese Frage steht im Mittelpunkt des Verfahrens. Dass es doch noch zum Prozess kommt, begründet das Landgericht als höhere Instanz mit der Komplexität des Falls: Allein anhand der Akten lasse sich die Schuldfrage nicht klären. Nur eine Gerichtsverhandlung ermögliche eine lückenlose Aufklärung.

    Der Anwalt eines angeklagten Arztes rechnet mit einem Freispruch

    Rechtsanwalt Klaus Rödl, der einen der angeklagten Ärzte vertritt, rechnet nach wie vor mit einem Freispruch für seinen Mandanten: „Ich gehe davon aus, dass sich die ursprüngliche Entscheidung des Amtsgerichts bestätigen wird.“ Gutachten hätten gezeigt, dass eine Computertomografie im Jahr 2010 bei dieser Art von Operation weltweit nicht üblich gewesen sei. Nach dem Eingriff habe Johannes keinerlei Symptome gezeigt. Als sich sein Zustand verschlechterte, hätten ihn die Ärzte der Hessing-Klinik sofort in die Kinderklink verlegen lassen.

    Der Anwalt der Eltern sieht das anders. Er bezieht sich auf ein weiteres Gutachten, das im Auftrag der Staatsanwaltschaft erstellt wurde. „Dieses belegt, dass sowohl in der Hessing-, als auch in der Kinderklinik Fehler gemacht wurden.“

    Ginge es nach Hammermaier, stünden alle vier ursprünglich Angeklagten vor Gericht. „Dass von der Kinderklinik niemand angeklagt ist, ist für die Eltern nicht nachvollziehbar“, sagt er. Vom Prozess erhofft sich Johannes’ Familie, dass ihre Ungewissheit endlich ein Ende hat. „Sie möchten ein sauberes Verfahren, in dem alles ordnungsgemäß aufgearbeitet wird.“ Ein Termin für die Verhandlung steht noch aus.

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