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Bayern: Berchtesgaden verlost Gräber - Auf anderen Friedhöfen bleiben sie leer

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Berchtesgaden verlost Gräber - Auf anderen Friedhöfen bleiben sie leer

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    Hier auf dem Alten Friedhof in Berchtesgaden werden rund 200 Gräber verlost.
    Hier auf dem Alten Friedhof in Berchtesgaden werden rund 200 Gräber verlost. Foto: Kilian Pfeiffer, dpa (Archiv)

    Während Lottospieler am Mittwoch vom Millionengewinn träumen, hoffen Lotterie-Teilnehmer in Berchtesgaden auf ein Grab. Der Ort in Oberbayern vergibt die rund 200 freien Plätze auf dem Alten Friedhof per Los, da sie zu begehrt sind. 280 Menschen haben sich darum beworben. Mit der Verlosung im Kongresszentrum sollen sie alle dieselbe Chance bekommen, erklärt Anton Kurz, Geschäftsleiter der Marktgemeinde, das ungewöhnliche Vorgehen.

    Jahrzehntelang wurden die 1500 Gräber im Herzen der 8000-Einwohner-Gemeinde nicht mehr neu vergeben. Stattdessen musste auf den größeren Neuen Friedhof im benachbarten Schönau am Königssee ausgewichen werden, der aber vor allem für ältere Angehörige schwerer zu erreichen ist. Daher war die Nachfrage auch von Anfang an groß, als nun auf dem Alten Friedhof 140 Erdbestattungs- und 60 Urnengräber frei wurden.

    Die Gräberknappheit ist ungewöhnlich, da die meisten Friedhöfe vor einer ganz anderen Herausforderung stehen. "Leere Gräber werden immer mehr zum Problem", sagt Jörg Freudensprung, Geschäftsstellenleiter des Bestatterverbands Bayern. Dieser Trend habe sich in den vergangenen zehn, zwanzig Jahren entwickelt, da sich immer mehr Menschen für eine Urnenbeisetzung entscheiden.

    Mehr als 9000 freie Gräber in Augsburg

    Auch in Augsburg zeigt sich das: 2017 gab es auf den neun städtischen Friedhöfen rund 800 Erdbestattungen und mit 1500 deutlich mehr Urnenbeisetzungen. Da wesentlich mehr Gräber aufgelöst als neu erworben wurden, sind fast 9400 der knapp 48.000 frei.

    Laut Jörg Freudensprung vom Bestatterverband Bayern ist das eine bundesweite Entwicklung. Das liege an einem Wandel der Gesellschaft, in der Großfamilien seltener werden und Kinder in andere Städte ziehen. "Wenn der Sohn in Hamburg wohnt, kann er sich nicht um das Grab der Mutter in Augsburg kümmern - und wird sich eher für einen pflegeleichten Urnenplatz entscheiden", sagt Freudensprung.

    Für viele Gemeinden sind leere Gräber eine wirtschaftliche Belastung, da die Gebühren die Kosten nicht mehr decken. Freudensprung fordert daher einen anderen Umgang mit Friedhöfen: "Wie bei Parks oder Spielplätzen müssen wir von der Erwartung wegkommen, dass sie kostendeckend sein sollen." Da Friedhöfe als Ort zum Trauern eine gesellschaftliche Funktion erfüllten, könnten sie zum Beispiel vermehrt durch Steuergelder finanziert werden.

    Platzprobleme entstehen, wenn Friedhöfe gesperrt werden müssen

    Warum werden in Berchtesgaden entgegen des Trends die Gräber knapp? "Es gibt Orte, an denen hätte man nach heutigen Maßstäben nie einen Friedhof bauen dürfen", erklärt Freudensprung. Der Boden sei dort nicht für die geforderte schnelle Verwesung geeignet, sodass diese Friedhöfe zwischenzeitlich für Begräbnisse gesperrt werden müssen und so Platzprobleme entstehen.

    Auf dem 1685 eröffneten Friedhof in Berchtesgaden war genau das der Fall: Zwischen 1972 und 1986 musste er komplett gesperrt werden. Danach waren nur Bestattungen für Familien zugelassen, die schon ein Grabrecht hatten. Da zuletzt wieder Plätze frei wurden, sollen diese nun neu vergeben werden - weswegen am Mittwoch 280 Menschen auf ein Grab aus der Lostrommel hoffen. (mit dpa)

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