Startseite
Icon Pfeil nach unten
Bayern
Icon Pfeil nach unten

NSU-Prozess: Psychiater hält Zschäpe für voll schuldfähig

NSU-Prozess

Psychiater hält Zschäpe für voll schuldfähig

    • |
    Beate Zschäpe ist der Mittäterschaft an zehn Morden und zwei Sprengstoffanschlägen des "Nationalsozialitischen Untergrunds" angeklagt.
    Beate Zschäpe ist der Mittäterschaft an zehn Morden und zwei Sprengstoffanschlägen des "Nationalsozialitischen Untergrunds" angeklagt. Foto: Andreas Gebert, dpa (Symbolfoto)

    Es lägen keine Voraussetzungen für eine eingeschränkte Schuldfähigkeit vor, sagte Saß am Mittwoch vor dem Oberlandesgericht München. Für den Fall einer Verurteilung im Sinne der Anklage sieht er außerdem die Voraussetzungen für eine an die Haft anschließende Sicherungsverwahrung Zschäpes gegeben.

    Das ist Beate Zschäpe

    Beate Zschäpe wurde am 2. Januar 1975 in Jena geboren. Dem Hauptschulabschluss folgte eine Ausbildung als Gärtnerin.

    Von Mitte 1992 bis Herbst 1997 ging Beate Zschäpe einer Arbeit nach, zweimal unterbrochen von Arbeitslosigkeit. So steht es in einem Bericht des ehemaligen Bundesrichters Gerhard Schäfer für die Thüringer Landesregierung. «Ihre Hauptbezugsperson in der Familie war die Großmutter», heißt es weiter.

    Mit dem Gesetz kam Zschäpe erstmals als 17-Jährige in Konflikt. Der Schäfer-Bericht vermerkt 1992 mehrere Ladendiebstähle. 1995 wurde sie vom Amtsgericht Jena wegen «Diebstahls geringwertiger Sachen» zu einer Geldstrafe verurteilt.

    Zu der Zeit war sie aber häufiger Gast im Jugendclub im Jenaer Plattenbaugebiet Winzerla, bald an der Seite des Rechtsextremen Mundlos. Über das ungewöhnliche Dreiecksverhältnis zwischen ihr, Mundlos und Böhnhardt ist viel spekuliert worden.

    Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt beteiligten sich zu der Zeit an Neonazi-Aufmärschen im ganzen Land.

    Im Alter von 23 Jahren verschwand die junge Frau mit den beiden Männern aus Jena von der Bildfläche. Zuvor hatte die Polizei ihre Bombenbauerwerkstatt in der Thüringer Universitätsstadt entdeckt.

    Danach agierte Zschäpe mit einer Handvoll Aliasnamen: Sie nannte sich unter anderem Silvia, Lisa Pohl, Mandy S. oder Susann D. Zeugen beschrieben sie als freundlich, kontaktfreudig und kinderlieb. Bei Diskussionen in der Szene soll sie jedoch die radikaleren Positionen ihrer beiden Kumpane unterstützt haben.

    Nach der Explosion in Zwickau am 4. November 2011 war Zschäpe mit der Bahn tagelang kreuz und quer durch Deutschland unterwegs. Sie verschickte auch die NSU-Videos mit dem menschenverachtenden Paulchen-Panther-Bildern. Am 8. November stellte sie sich der Polizei in Jena.

    Im Prozess schwieg Zschäpe lange Zeit. An Verhandlungstag 211, im Juni 2015, antwortete sie dem Richter ein erstes Mal, und zwar auf die Frage, ob sie überhaupt bei der Sache sei.

    Zu den Vorwürfen äußerte sich Zschäpe erstmal im September 2015. Ihr Verteidiger las das 53-seitige Dokument vor, in dem Zschäpe ihre Beteiligung an den Morden und ihre Mitgliedschaft im NSU bestritt. Lediglich die Brandstiftung in der letzten Fluchtwohnung des Trios gestand sie.

    Ein psychologisches Gutachten aus dem Januar 2017 beschreibt Zschäpe als "voll schuldfähig".

    Saß sagte, es gebe bei Zschäpe keine Anhaltspunkte für eine Verhaltensänderung. Falls das Gericht der Anklage folge und sie als Mittäterin der NSU-Mordserie mit zehn Toten verurteile, sei "mit überwiegender Wahrscheinlichkeit" davon auszugehen, dass Zschäpe bei vorliegender Möglichkeit ihr rechtsextremes Verhalten fortführe. Das Gutachten könnte eine entscheidende Rolle für Zschäpes Strafmaß bekommen.

    Das psychiatrische Gutachten markiert in der Regel das Ende der Beweisaufnahme in Strafprozessen. Wann die Beweisaufnahme im konkreten Fall abgeschlossen sein wird, ist noch offen.

    Zschäpe ist wegen Mittäterschaft an den zehn Morden und zwei Sprengstoffanschlägen des "Nationalsozialistischen Untergrunds" angeklagt. Das Motiv für fast alle Taten war nach Überzeugung der Bundesanwaltschaft Rassenhass. (dpa/afp)

    Mehr zum Thema lesen Sie hier:

    Gutachter bescheinigt Zschäpe egozentrisches Verhalten

    NSU-Prozess: Beate Zschäpe soll wahre Gefühle verborgen haben

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden