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Interview: Was Bayern für den Naturschutz unternehmen will

Interview

Was Bayern für den Naturschutz unternehmen will

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    Immer mehr Insektenarten sind vom Aussterben bedroht. Darunter auch viele Schmetterlinge, die ums Überleben kämpfen.
    Immer mehr Insektenarten sind vom Aussterben bedroht. Darunter auch viele Schmetterlinge, die ums Überleben kämpfen. Foto: Frank Rumpenhorst, dpa

    Herr Huber, in Augsburg soll ein staatliches Artenschutzzentrum eingerichtet werden. Das hat Ministerpräsident Markus Söder in seiner Regierungserklärung angekündigt. Noch weiß aber niemand so genau, was das sein soll. Können Sie uns als Umweltminister da weiterhelfen?

    Marcel Huber: Die Grundidee ist, in Bayern eine Einrichtung zu schaffen, in der das Thema Artenschutz fachlich und wissenschaftlich zusammengeführt und gebündelt wird. Die Widerstandsfähigkeit der Natur – zum Beispiel gegenüber dem Klimawandel – hängt ganz wesentlich von einer möglichst großen Artenvielfalt ab. Deshalb müssen wir dafür kämpfen, Arten zu schützen und zu erhalten, um Bedrohungen, wie sie sich zum Beispiel beim Insektensterben zeigen, entgegenzutreten.

    Und Augsburg wurde als Standort gewählt, weil es hier viele Anknüpfungspunkte gibt.

    Huber: Richtig. In Augsburg gibt es das Landesamt für Umwelt und das Ressourceneffizienz-Zentrum, der Augsburger Stadtwald ist eines der größten Naturschutzgebiete Bayerns, die Stadt hat sich als Unesco-Wasserstadt beworben – um nur einige Anknüpfungspunkte zu nennen. Deshalb ist Augsburg ein guter Ort, um ein Umweltthema anzupacken, das uns im Moment besonders wichtig ist.

    Wie muss man sich so ein Zentrum konkret vorstellen?

    Huber: Die Detailausarbeitung läuft gerade auf Hochtouren. Wir planen, das Zentrum organisatorisch beim Landesamt für Umwelt anzubinden, und ich rechne damit, dass dort mehrere dutzend Mitarbeiter beschäftigt sein werden. Auch mit dem Oberbürgermeister haben wir wegen der Räumlichkeiten bereits Kontakt aufgenommen. Es geht darum, Wissen und Kompetenz zum Zustand unserer heimischen Arten und Lebensräume bayernweit zu bündeln und zu verbessern.

    Welche Aufgaben werden die Mitarbeiter haben? Können Sie da schon einige Beispiele nennen?

    Marcel Huber legte im März seinen Amtseid ab.
    Marcel Huber legte im März seinen Amtseid ab. Foto: Sven Hoppe, dpa

    Huber: Wie gesagt, das konkrete Konzept wird gerade ausgearbeitet. Es wird auf jeden Fall darum gehen, Erkenntnisse über die Entwicklung der Artenvielfalt zusammenzutragen, Ursachen für Artenschwund zu identifizieren und Konzepte gegen das Artensterben zu entwickeln. In Bayern sind viele Ehrenamtliche unterwegs, die Vögel, Fledermäuse oder Insekten zählen. Dieses Wissen muss gebündelt und mit der Wissenschaft verflochten werden. Das Zentrum soll koordinierend, unterstützend und beratend tätig sein, zum Beispiel wenn es um die Frage geht, wie der Glyphosat-Ausstieg in der Landwirtschaft zu bewältigen ist. Aber nicht nur Landwirte sind unsere Zielgruppe, sondern auch private Gartenbesitzer, Betriebe und öffentliche Einrichtungen. Sie alle können einen Beitrag zum Artenschutz leisten.

    Ein zweites Projekt haben Sie am Riedberger Horn im Allgäu. Dort will der Staat, nachdem die Gemeinden Balderschwang und Obermaiselstein auf die umstrittene Skischaukel verzichtet haben, 20 Millionen Euro in ein alpines Zentrum investieren. Aber auch dort wissen die Leute noch nicht genau, was da kommen wird und wie sich so ein Zentrum in bereits bestehende touristische Einrichtungen und Naturerlebnis-Angebote einfügen soll.

    Huber: Der Ministerpräsident hat ein klares Zeichen gesetzt. Wir wollen ein Naturerlebnis-Zentrum schaffen, das Impulsgeber für den Alpenschutz und innovative Umweltbildungsangebote ist. Jetzt geht es darum zu fragen: Was ist schon da? Wer macht mit? Wie groß wird das? Welche Räume, welche Leute brauchen wir dafür? Im Kern geht es darum, dass wir gerade am Modell der Allgäuer Alpen, die ja eine ganz besondere Qualität und Schönheit haben, eine Schnittstelle schaffen, wo Menschen Gelegenheit haben, diese Besonderheiten der Natur in den Alpen zu erleben. Dies soll verknüpft sein mit Angeboten zur Umweltbildung wie zum Beispiel Vogelbeobachtungen oder Naturführungen durch Ranger. Eine Kooperation mit der Uni Kempten und dem Naturpark Nagelfluhkette ist fest vorgesehen. Wir wollen auch eng mit Schulen und grenzübergreifend mit Österreich zusammenarbeiten. Das Besondere daran ist also, dass dort neben den touristischen Angeboten auch die alpinen Besonderheiten inklusive der dortigen Geologie im Fokus stehen und entsprechende Schutzprogramme entwickelt werden.

    Könnte man sagen, dass das Projekt Akademiecharakter hat?

    Huber: Das trifft es nicht richtig. In erster Linie geht es darum, den vorhandenen Artenreichtum zu verstehen und zu erhalten. Das ergänzen wir um Angebote im sanften Tourismus und in der Umweltbildung. Das Projekt ist auch klar darauf angelegt, es von Anfang an akademisch zu begleiten – sowohl touristisch als auch naturschutzfachlich.

    Sie wollen Bildungsurlaub für Naturfreunde anbieten.

    Huber: Ich bin, was den Naturschutz betrifft, Pragmatiker. Die Natur Natur sein zu lassen, ist das eine, aber für mich ist schon auch sehr wichtig, den Menschen die Natur nahezubringen. So kann man für Themen wie Arten- und Naturschutz auch Begeisterung entwickeln – hier mit speziellem Fokus auf die Alpen.

    Das dritte Projekt in unserer Region betrifft die Donau in der Gegend von Neuburg an der Donau.

    Huber: Ja, dort soll ein begehbares Donau-Aquarium kommen. Die Donau hat als aquatischer Lebensraum ihre Besonderheiten. Für Naturfreunde und Touristen die Artenvielfalt mal von der Wasserseite her erlebbar zu machen und in den Mittelpunkt zu rücken, halte ich für eine sehr gute Idee. Meistens sehen wir die Donau ja nur von der Landseite und von den Auen her oder als Schifffahrtsweg. Natürlich hat auch dieses Projekt den Anspruch, zum Erhalt unserer heimischen Fische und Wasserlebewesen beizutragen.

    Und dann gibt es noch Projekte in Nordbayern.

    Huber: Das stimmt. Wir planen ein Biodiversitätszentrum in der Rhön und ein Walderlebnis- und Eichenzentrum im Spessart. Alles zusammen ist ein kraftvoller Aufschlag für den Naturschutz und die Artenvielfalt in Bayern.

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