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Beerdigung: Das Geschäft mit dem Sterbegeld

Beerdigung

Das Geschäft mit dem Sterbegeld

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    Viele Versicherer bewerben Sterbegeldversicherungen. Verbraucherschützer warnen allerdings, dass sich die Policen meistens nicht lohnen.
    Viele Versicherer bewerben Sterbegeldversicherungen. Verbraucherschützer warnen allerdings, dass sich die Policen meistens nicht lohnen. Foto: Bund der Versicherten, dpa

    Augsburg In Selb im Fichtelgebirge ist es für so manche Familie Tradition, schon bei der Geburt eines Kindes an die Kosten fürs Begräbnis zu denken. Bereits für Neugeborene werden dann monatlich 75 Cent in die Sterbekasse eingezahlt. Sicher ist sicher. Schließen ältere Menschen Sterbegeldversicherungen für sich selbst ab, kommen sie aber nicht mehr mit Cent-Beträgen davon. Nicht wenige Senioren investieren viele dutzend Euro monatlich in gleich zwei oder drei Policen. Die Kinder sollen so vor hohen Bestattungskosten geschützt sein. Denn seit 2004 zahlen die Krankenkassen kein Sterbegeld mehr. Begräbnisse sind aber teuer, Rechnungen von weit über 12000 Euro keine Seltenheit. Das liegt Senioren auf der Seele, die ihren Kindern finanziell nicht zur Last fallen wollen. Doch die Rechnung geht nicht auf.

    Zahlen Senioren beim Sterbegeld mehr ein, als die Hinterbliebenen erhalten?

    Elke Weidenbach, Versicherungsexpertin der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, mahnt zur Vorsicht. „Das gute Gefühl, vorgesorgt zu haben, ist teuer erkauft und in den meisten Fällen ein sicheres Renditegrab.“ Wer im Rentenalter eine Sterbegeldversicherung abschließe, zahle in der Regel deutlich mehr ein, als die Hinterbliebenen einmal rausbekommen. Nur für die Anbieter selbst sei das ein gutes Geschäft, sagt auch Sascha Straub, Versicherungsfachmann der Verbraucherzentrale Bayern. Für Senioren ende ein Vertrag fast immer mit Geldverlust. Für den Bund der Versicherten, kurz BdV, zählt die Sterbegeldpolice zu den unsinnigsten Versicherungen, die es auf dem Markt gibt.

    Dennoch bieten fast alle Lebensversicherer die Sterbegeldversicherungen an. Viele Senioren glauben, der Vertrag sei ein simpler Sparplan. Kaum einer weiß, dass dahinter eine kleine Kapitallebensversicherung steckt. Manchmal in Zusammenarbeit mit Bestattungsunternehmen, Krankenkassen, Gewerkschaften, Familienwerken oder Vereinen.

    Monatsbeiträge fürs Sterbegeld liegen zwischen zehn bis 50 Euro

    Einzahlungen sind einmalig oder auch regelmäßig möglich, höchstens bis zum Alter von 85 Jahren. Die Monatsbeiträge liegen bei zehn, 20 oder auch 40 bis 50 Euro, je nach Einstiegsalter und Versicherungssumme. Kinder bis zum 18. Lebensjahr können etwa bei regionalen Sterbekassen für Cent-Beträge mitversichert werden, danach gelten Erwachsenen-Tarife.

    Aber: Je höher das Eintrittsalter, desto teurer kommt die Police zu stehen, warnt Bianca Boss, Sprecherin des BdV. Weil der Großteil der eingezahlten Beiträge für den Todesfallschutz draufgeht, wird die Police letztlich zum Verlustgeschäft, betont Fachfrau Weidenbach. Die Kunden zahlten über die Jahre schlichtweg viel mehr ein, als bei ihrem Tod herauskommt. Ein Beispiel: Ein 65-Jähriger will ein garantiertes Sterbegeld von 5000 Euro und investiert dafür monatlich fast 29 Euro. Macht bis zum 85. Lebensjahr allein 6960 Euro an Beiträgen.

    Wartezeiten von bis zu 36 Monaten bis zur Auszahlung

    Misstrauen ist immer angebracht, wenn ein Vertrag so angepriesen wird, als sei er ganz ohne Gesundheitsprüfung auch noch im hohen Alter rentabel. Dafür müssen die Kunden dann Wartezeiten von bis zu 36 Monaten hinnehmen. Das sorgt dafür, dass der Kunde beispielsweise in den ersten drei Jahren nur gegen Unfalltod versichert ist. Stirbt er in dieser Zeit aber an Krebs, kriegen Angehörige meist nicht mal das eingezahlte Geld zurück. Die volle Versicherungssumme gibt es erst nach der Wartezeit.

    Die Verbraucherschützer sind sich einig: Wer für seine Beerdigung sparen will, sollte das lieber auf eigene Faust tun und möglichst früh damit anfangen. Zum Beispiel mit einem Banksparplan ohne Gebühren, aber mit bestmöglicher Verzinsung. Die Rendite fällt im aktuellen Dauerzinstief zwar bescheiden aus, aber es geht wenigstens kein Geld verloren. Für Jüngere kann eine Risikolebensversicherung eine günstigere Alternative sein.

    Was im Ernstfall weiterhelfen kann: Ehepartner von Rentnern bekommen auf Antrag drei volle Monatsrenten aus dem sogenannten Sterbevierteljahr, das für die Beerdigung ausgegeben werden könnte. Reicht der Nachlass nicht fürs Begräbnis, können Kinder die Kosten zudem als außergewöhnliche Belastung steuerlich absetzen. Wer erst vor kurzem eine Sterbegeldpolice abgeschlossen hat, kann häufig noch kündigen. Verbraucherzentralen berechnen gegen Gebühr, ob und wie viel Geld bei einem Notausstieg verloren ginge.

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