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Augsburg: Theater schließt im Juni: Wann könnte es wieder öffnen?

Augsburg

Theater schließt im Juni: Wann könnte es wieder öffnen?

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    Am 19. Juni wird das Theater in Augsburg geschlossen.
    Am 19. Juni wird das Theater in Augsburg geschlossen. Foto: Ulrich Wagner

    Theater ist von jeher in der Lage, in Atem zu halten – besonders in Deutschland und seit Jahren ganz speziell in Augsburg, wo das denkmalgeschützte Große Haus in seinen Eingeweiden und mehr noch in seinen Werkstätten und Nebengebäuden vergammelt. Über diesen Befund lässt sich nicht streiten.

    Streiten aber lässt sich trefflich um die jüngste dramatische Wende einer hoffentlich nicht unendlichen Geschichte: Seit Freitag steht plötzlich und unerwartet fest, dass das Große Haus am 19. Juni, nach einer Aufführung von Donizettis „Liebestrank“, zugesperrt wird. Die Feuerwehr, die seit einigen Tagen schon mit einem Einsatzwagen und zusätzlichen Männern die Oper, das Schauspiel, das Ballett sichert, hält nach jüngsten baulichen Untersuchungen und Experimenten das Brandrisiko für zu hoch. Also wird zugesperrt am 19. Juni – obwohl das Haus bis zu seiner geplanten Sanierung ab Herbst 2017 noch eine Saison hätte spielen sollen.

    Wohin nun mit dem „Liebestrank“ in der kommenden Spielzeit? Wohin nun überhaupt mit den kürzlich angekündigten Produktionen fürs Große Haus? Wohin mit „Tosca“, „Idomeneo“, „Rusalka“? Wohin mit „Faust“ und Horvaths „Jüngstem Tag“, der für alles andere als für die Auferstehung des Theaters Augsburg gelten wird.

    Bleibt das Theater sogar bis 2028 geschlossen?

    Denn das ist klar: Wenn jetzt das Theater Augsburg dichtmacht (und seine Hauptproduktionen notgehorchend, womöglich auch notdürftig auslagert), dann bleibt das Theater auf viele Jahre geschlossen, mindestens bis 2023. Und womöglich sogar noch länger als bis 2023 – aufgrund singulärer Augsburger Vorgänge. Womit wir in dem Spannungsfeld wären, das die Augsburger Bürgerschaft seit Monaten vollkommen außerkünstlerisch in Atem hält. Seitdem nämlich ein städtischer Grundsatzbeschluss zugunsten einer 189 Millionen teuren Sanierung getroffen wurde, opponiert eine Handvoll an Sanierungsgegnern öffentlich. Sie erklären zwar, eigentlich auch für die Sanierung des Theaters und seiner Betriebsgebäude zu sein, doch sie wollen dies ohne die Aufnahme neuer Schulden vonstatten gehen sehen. Was wohl das virtuoseste aller Kunststücke im Theater wäre.

    Jedenfalls haben diese Bürger eine Bürgerbefragung angekurbelt, die zu einem Bürgerentscheid über folgende Frage führen soll: „Sind Sie dafür, dass die Stadt Augsburg die Sanierung des Theaters trotz angespannter Haushaltslage über Neuverschuldung finanziert?“

    So aber die Initiatoren dieser Befragung rund 11.000 Befürworter für den angestrebten Bürgerentscheids mobilisieren und dieser Bürgerentscheid dann „Nein“-Stimmen in der Überzahl ergeben würde, so würde dies eben auch zur Folge haben, dass es mit der Theatersanierung bis 2023 nicht hinhaut. Neue Planungen, neue Beschlüsse wären notwendig. Augsburgs Kulturreferent Thomas Weitzel setzt für diesen Fall eine Verzögerung von fünf Jahren an. Das hieße konkret: 2028. Das hieße konkret auch, gerechnet quasi ab diesem Wochenende: rund zwölf Jahre Improvisation in Ausweichspielstätten und auf Übergangsbühnen – wie letztlich auch die Augsburger Brechtbühne eine ist. Ob das ein Vierspartenhaus über zwölf Jahre hinweg verkraftet?

    In Deutschland werden die Sicherheitsauflagen peu á peu verschärft

    Was in dieser Gemenge-Lage allerdings seitens der Kontrahenten – das sind die Sanierungsbefürworter hier und die Sanierungsgegner dort – auf das Gespannteste beobachtet wird, das ist die Verhandelbarkeit bzw. Nichtverhandelbarkeit von Brandschutzbestimmungen. So wie in Augsburgs ehemaliger zweiter Spielstätte, in der Altstadt-„Komödie“, so wurde jetzt auch beim Großen Haus jongliert: erst Begrenzung, dann Ausweitung, nun urplötzliche Kappung der Betriebsgenehmigung. Das lässt natürlich viele und viele nicht zu Unrecht räsonieren. Über die grundsätzlich peu à peu verschärften Sicherheitsauflagen in Deutschland, über rasche widersprüchliche Entscheidungen, über die Gefahrenlage speziell in Augsburg, vor Ort, wo ja jahrzehntelang alles gutging.

    Ab 19. Juni spätabends kann aber nichts mehr schiefgehen. Dann ist das Haus zu. In gewisser Weise sind nun auch Fakten geschaffen hinsichtlich des im Stadtrat anstehenden konkreten Beschlusses zur Sanierung. Das dürfte die scharf beobachtenden Gegner allerdings nicht ruhen lassen. Freilich bleibt unumkehrbar, dass das seit Jahrzehnten vernachlässigte Theater dringend zu sanieren ist.

    Es werden Ausweichspielstätten in der Umgebung geprüft

    Befragt man nun Juliane Votteler, die Intendantin, nach den Konsequenzen der Theaterschließung, so sagt sie: „Erst einmal müssen wir nach den kräftezehrenden Kämpfen der vergangenen Wochen zur Besinnung kommen. Dann steht die Sondierung des Terrains an.“ Soll heißen: Noch einmal werden jetzt alle möglichen Ausweichspielstätten in Augsburg und Umgebung geprüft. So wie es schon einmal der Fall war. Einen einzigen festen Ersatz für das Gebäude des Großen Hauses wird es wohl nicht geben, stattdessen produktionsspezifische Abstecher in mehrere Spielstätten, darunter auch die Kongresshalle. So sie frei ist.

    Juliane Votteler hofft, dass alle angekündigten Produktionen stattfinden können – wenn auch adaptiert, reduziert und unter improvisierten Bedingungen. Zudem geht sie davon aus, dass die Zahl der Aufführungen insgesamt etwas geringer ausfällt. In einer Eil-Aktion habe sie Stunden vor der offiziellen Schließungsbekanntmachung die für kommende Saison verpflichteten Regisseure und Ausstatter angerufen – und ein „überwältigendes Feedback“ erhalten. Diese seien kooperativ und würden auch unter den erschwerten Bedingungen alles mitmachen. Wer noch mitmachen muss, das sind die vielen Abonnenten des Theaters.

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