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Leitartikel: Die Cebit muss sich neu erfinden

Leitartikel

Die Cebit muss sich neu erfinden

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    Die Cebit muss sich neu erfinden
    Die Cebit muss sich neu erfinden

    Über Zahlen spricht man in Hannover nicht gern. Vor allem, je weiter diese zurückliegen. Mehr als 8000 Aussteller und 850.000 Besucher – den Organisatoren der diesjährigen Cebit muss diese Größenordnung aus dem Jahr 2001 vorkommen wie aus einer anderen Welt. Gerade einmal 4200 Firmen aus der Hightech-Branche stellen in diesem Jahr in Hannover aus. Die Zahl der Messegäste ist auf 40 Prozent des Rekordniveaus geschrumpft. Damit ist es den Machern zwar gelungen, den freien Fall, in den die Wirtschaftskrise die Messe 2009 katapultiert hatte, zu stoppen. Von der Bedeutung ihrer Glanzjahre ist die Cebit aber weit entfernt. Die Messe verliert rapide an Bedeutung.

    Zwar ist die Messe, wie man in Hannover nicht müde wird zu betonen, noch immer die weltgrößte der IT-Branche. Die schiere Größe allein sagt aber nichts über ihre Innovationskraft aus. Aufsehenerregende Weltpremieren sucht man dort mittlerweile vergeblich. In Sachen Unterhaltungselektronik hat Las Vegas der Cebit den Rang abgelaufen. Das viel beschworene Herz der digitalen Welt, als das man sich in Hannover so gern sieht, sitzt inzwischen in Barcelona. Dort schart der Mobile World Congress eine Woche vor der Cebit die Größen der Mobilfunkindustrie um sich. Die Bilder der neuesten Smartphones und Tablet-PCs gehen von dort aus um die Welt – und nicht mehr aus Deutschland.

    Immer deutlicher tritt dabei auch zutage, wie tief die Branche gespalten ist. Alles, was mobil ist, boomt. Das stärkt Barcelona – und schwächt Hannover, das sich traditionell auf Anbieter klassischer PCs und IT-Dienstleistungen stützt. Auch wenn viele Firmen auf beiden Messen Präsenz zeigen und Konzerne wie Samsung und Sharp nach Hannover zurückgekehrt sind, lässt sich nicht leugnen: Die Cebit, vor zehn Jahren wichtigste Mobilfunkmesse in Europa, hat diesen Platz eingebüßt. Selbst die altgediente Internationale Funkausstellung in Berlin hat es geschafft, mit der Ausrichtung auf Unterhaltung und Hausgeräte mehr Profil zu zeigen.

    Wer also braucht noch die Cebit? Apple nicht. Der wichtigste Taktgeber der Branche hält sich seit Jahren von sämtlichen Branchenmessen fern. Wie gleichgültig den Amerikanern die Cebit ist, dürften sie erneut heute Abend unter Beweis stellen. Wenn der US-Konzern das neueste Modell seines Tablet-PCs enthüllt, blickt die Technikwelt nach San Francisco – und nicht nach Hannover.

    In erster Linie aber hat die Cebit ein Problem mit sich selbst. Sie weiß nicht, was sie genau sein will. Das hängt vor allem mit dem Zickzackkurs der Vergangenheit zusammen. Jahrelang versuchten die Macher ihre Vision einer Business-Messe umzusetzen – bis Verbraucher und Technikfreunde wegblieben. Nun will man diese Klientel zurück, tut aber viel zu wenig dafür. Jugendliche dürfen an vier von fünf Ausstellungstagen gar nicht aufs Gelände. Und die zwei Hallen für Spiel und Spaß wirken wie ein Alibi, um dem Ruf einer Messe für die Massen gerecht zu werden. Der Großteil bleibt den Geschäftskunden vorbehalten.

    Genau hier sollte die Cebit ihre Chance suchen. In Hannover werden Geschäftsbeziehungen geknüpft. Man trifft sich, man redet. Firmen finden dort eine Menge kompetenter Ansprechpartner, wenn es um ihre IT-Lösungen geht, um intelligente Netze oder die Sicherheit von Daten im Internet. Von diesen Themen hat die breite Masse indes wenig. Die Cebit muss reagieren. Als Fachmesse in verkleinerter Form hat sie durchaus eine Zukunft. Nur dann hat die Messe eine wirkliche Chance, dem Bedeutungsverlust zu entkommen.

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