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Kommentar: Kein Zurück zur D-Mark

Kommentar

Kein Zurück zur D-Mark

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    Walter Roller
    Walter Roller

    Seit fast drei Jahren hält die Euro- und Schuldenkrise Europa nun schon in Atem, ohne dass sich der Unmut vieler Deutscher über die Rettungspolitik in einer nennenswerten Protestbewegung niedergeschlagen hätte. Mit Ausnahme der Freien Wähler, deren bundespolitische Gehversuche bereits im Sande verlaufen sind, gab es – bei aller Kritik im Detail – keine Gruppierung von Rang, die die Währungsunion insgesamt zum Einsturz bringen wollte.

    Nun jedoch betritt eine neue Partei die Bühne, die es nicht bei Manöverkritik bewenden lässt, sondern aufs Ganze geht und für den Ausstieg aus dem Euro trommelt. Die Alternative für Deutschland (AfD) hat noch ein paar andere Forderungen wie ein einfacheres Steuerrecht im überschaubaren Angebot. Aber es ist der Ruf nach einer „geordneten Auflösung der Währungsunion“ allein, der ihr Aufmerksamkeit, Zugkraft und Zulauf beschert. Raus aus dem Euro: Das ist die simple Parole, mit deren Hilfe die von enttäuschten CDU-Anhängern und honorigen Wirtschaftsprofessoren gesteuerte AfD das große Protestpotenzial in der Wählerschaft anzapfen und die eurokritische Kundschaft der „Altparteien“ anlocken will.

    Die weit überwiegende Mehrheit der Deutschen hat zwar ihren Frieden mit dem Euro gemacht und weiß um die ökonomischen Vorteile, die eine gemeinsame Währung der Exportnation Deutschland bietet. Nur ein Viertel trauert der D-Mark nach. Aber das Unbehagen über die EU und die teure, alte Stabilitätsversprechen brechende Rettungspolitik hat stark zugenommen und ist in eine weit verbreitete Euro-Skepsis gemündet, die mit der Furcht vor einer dauerhaften Zahlmeister-Rolle Deutschlands und einer Entwertung der Ersparnisse einhergeht. Die Chance der AfD liegt darin, dieser Skepsis Gehör und Stimme zu verschaffen. Rechts von der Union ist grundsätzlich Platz für eine Partei, die Abstand zu den Rechtsradikalen hält und die eurokritische Stimmung auf demokratisch verträgliche Weise kanalisiert. Wie weit der Schwung der Gründungseuphorie trägt, ist zur Stunde schwer abschätzbar. Der Weg in den Bundestag ist weit und hürdenreich. Noch mangelt es der AfD an allem, was zu einem Wahlerfolg vonnöten ist: bekanntes Führungspersonal, eine flächendeckende Organisation, ein überzeugendes Programm. Die Krise der immerhin in vier Landtage gewählten Piraten zeigt, wie rasch es wieder bergab gehen kann in der Gunst des Publikums. Eine Bedrohung für die XXL-Koalition der Euro-Retter ist die AfD so oder so – insbesondere für die CDU. Zwei Prozent aus dem schwarz-gelben Stimmenreservoir genügen, und es könnte eng werden für die Kanzlerin.

    Regierungs- und Oppositionsparteien wären schlecht beraten, wenn sie sich des neuen Konkurrenten nur mit dem reflexhaften Vorwurf des „Rechtspopulismus“ zu erwehren versuchten. Die Probleme der Währungsunion mitsamt der gewaltigen Haftungsrisiken und der drohenden Nord-Süd-Spaltung Europas sind zu offenkundig, als dass sich die Sorgen der Bürger einfach wegdekretieren ließen. Besser ist, den D-Mark-Nostalgikern auf den Zahn zu fühlen und Auskunft darüber zu verlangen, wie die „Auflösung“ der Währungsunion ohne eine katastrophale Erschütterung Europas verlaufen soll. Dann wird sich dreierlei erweisen. Erstens: Die AfD hat keine schlüssige Antwort. Zweitens: Es gibt kein Zurück zur D-Mark. Drittens: Die ökonomischen und politischen Risiken eines Ausstiegs aus dem Euro sind deutlich höher als die – unbestreitbaren – Risiken der Rettungspolitik. So besehen, ist Merkels Kurs tatsächlich „alternativlos“ und die AfD eben keine Alternative.

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