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Was kommt nach Ackermann?

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Was kommt nach Ackermann?

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    Michael Kerler
    Michael Kerler

    Die große Ackermann-Show soll es nicht geben, das hatte der Deutsche-Bank-Chef im Februar angekündigt, als er zum letzten Mal der Presse die Bilanz präsentierte. Es schien, als stapelte hier jemand bewusst tief, für den das sonst eher ungewöhnlich ist. Aber Josef Ackermann wusste, dass nicht nur die Finanzwelt, sondern auch Politik und Öffentlichkeit sehr genau hinsehen, wenn er morgen auf der Hauptversammlung in Frankfurt die Führung über Deutschlands größte Bank an den Inder Anshu Jain und den bodenständigen Niedersachsen Jürgen Fitschen übergibt. Die öffentliche Skepsis hat einen guten Grund. Die Unsicherheit, wohin die Bank steuert, ist groß. Ein indischer Investmentbanker? Ein öffentlich kaum bekannter Niedersachse? Geht das gut?

    Die Voraussetzungen stimmen. Ackermann übergibt in stürmischen Zeiten ein aufgeräumtes Haus. Die Deutschen hatten sich zuerst an dem kantigen Schweizer gerieben. An seinem Siegeszeichen im Mannesmann-Prozess 2004, an seinem Ziel einer Eigenkapitalrendite von 25 Prozent bei gleichzeitigem Arbeitsplatzabbau. Tatsächlich aber hat es Ackermann geschafft, aus der als konservativ geltenden Deutschen Bank ein Institut von Weltrang zu formen. Unter ihm baute das Finanzhaus das Investmentbanking aus, hilft Unternehmen bei Fusionen oder der Ausgabe von Aktien. Es legt Finanzprodukte auf, ermöglicht den Zugang zu Kapital. Zeitweise verdiente die Deutsche Bank mit dem Investmentgeschäft den Großteil ihres Gewinns. Nachdem die Finanzkrise 2007/08 andere Investmentbanken in den Abgrund riss, kaufte Ackermann die Postbank und stellte dem Investmentbereich das solide Privatkundengeschäft zur Seite. Die Bank ruht jetzt auf zwei starken Pfeilern, Hilfe des Steuerzahlers brauchte sie nie. Einziger Schönheitsfehler: Sein Ziel, mit der Bank zehn Milliarden Euro zu verdienen, erreichte Ackermann 2011 nicht. 5,4 Milliarden können sich aber auch sehen lassen.

    Hier beginnt die unschöne Seite der Erfolgsgeschichte. Einen großen Teil des Investment-Erfolgs hatte die Deutsche Bank in den 2000er Jahren mit jenen zweitklassigen Hypotheken in den USA erzielt, die die Finanzkrise ausgelöst haben. Verantwortlich für das Geschäft war Anshu Jain. Unter ihm erwirtschaftete die Bank Geld mit komplexen Finanzprodukten, die Leuten Zugang zu Darlehen für den Hausbau gewährten, denen man in Deutschland wahrscheinlich nicht einmal Kredit auf das Girokonto eingeräumt hätte. Als die US-Immobilienblase zum Platzen angespannt war, zog sich die Bank rechtzeitig zurück.

    Wird das Institut unter Jain jetzt zum globalen Großspekulanten? Einiges spricht dagegen. Aus dem riskanten Eigenhandel ist das Institut ausgestiegen. Das Eigenkapital wird Stück für Stück erhöht. Dass die Bank ihr Investmentgeschäft aber weiter eindampft, ist nicht zu erwarten: Es gibt viel Geld auf der Welt. Die Europäische Zentralbank hat über eine Billion Euro in den Markt gepumpt, Anleger haben 16 Milliarden Dollar für Facebook-Aktien ausgegeben. Es ist zu viel zu verdienen, als dass die Deutsche Bank darauf verzichtet.

    Die Herausforderung ist es, nicht Opfer neuer Spekulationsblasen zu werden. Nachhaltigkeit sollte gefragt sein statt Rendite auf Kosten anderer. Deutschlands Industrie ist auf eine stabile Bank von Weltformat angewiesen, die sie mit Krediten versorgt. Jain hat zweifellos einen Instinkt für gute Investments, muss aber noch starke Zweifel aus dem Weg räumen, dass er die Kultur einer Deutschen Bank versteht. Fitschen hat die Solidität eines bodenständigen Bankiers. Nur beide zusammen haben eine Chance.

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