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Leitartikel: Willkommen im Klub, Birma!

Leitartikel

Willkommen im Klub, Birma!

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    Winfried Züfle
    Winfried Züfle Foto: Wagner

    Einfach so, von innen heraus. Birma in Südostasien ist auf dem Weg zur Demokratie.

    Die Entwicklung kam überraschend, aber die Welt ist jetzt gefordert, den Prozess zu unterstützen. US-Außenministerin Hillary Clinton, die im Dezember das Land besucht und zu weiteren Reformen ermuntert hatte, sagte vor wenigen Tagen anlässlich der Freilassung von Hunderten politischen Gefangenen: „Ich applaudiere, und die ganze internationale Gemeinschaft sollte es auch tun.“

    Insbesondere sollten die Sanktionen, die gegen das sozialistische Militärregime verhängt wurden, nun rasch aufgehoben werden. Damit würden die reformerischen Kräfte unterstützt und ein Rückfall in die Diktatur – eine Gefahr, die immer noch droht – erschwert. Die EU-Außenminister haben am Montag, als sie das Öl-Embargo gegen den Iran beschlossen, gleichzeitig damit begonnen, die Strafmaßnahmen gegen Birma abzuschwächen. Auf diesem Weg müssen sie weitergehen. Parallel zum Fortschritt beim Demokratisierungsprozess sollten auch die Restriktionen fallen, die noch in Kraft sind.

    Seit 1962 wurde der zwischen Indien und Thailand gelegene Staat am Golf von Bengalen von verschiedenen Militärjuntas regiert. Das Volk zeigte immer wieder, was es von dieser Bevormundung hält, nämlich gar nichts. Als die Militärs 1990 freie Wahlen zuließen, gewann die demokratische Opposition mit der Politikerin Aung San Suu Kyi an der Spitze, Tochter des 1947 ermordeten birmanischen Staatsgründers General Aung San. Doch die Junta erkannte die Wahl nicht an und sorgte dafür, dass das Parlament nie zusammentrat. 2007 setzten sich Tausende rot gekleidete buddhistische Mönche an die Spitze des Widerstands, aber der friedliche Protest wurde brutal niedergeschlagen.

    Der Reformprozess begann im November 2010 seltsamerweise mit einer Wahl, die international als „weder frei noch fair“ qualifiziert wurde. Im Parlament errangen die regimetreuen Kräfte eine überwältigende Mehrheit. Die Abgeordneten wählten das ehemalige Junta-Mitglied General Thein Sein zum Staatspräsidenten, im März 2011 trat er sein Amt an. Als Zivilist in der neuen Funktion erkannte er, dass es für das verarmte Birma, das von den Militärs 1989 in Myanmar umbenannt worden war, keinen wirtschaftlichen Aufschwung geben könne, solange die Sanktionen Bestand haben. Diese, so musste er folgern, könnten aber nur wegfallen, wenn sich das Land zur Demokratie entwickelt.

    Der neue Geist in Birma wird besonders deutlich an der Behandlung von Aung San Suu Kyi. Die Friedensnobelpreisträgerin stand all die Jahre unter Hausarrest oder saß sogar im Gefängnis. Jetzt gaben sich Präsident und Dissidentin die Hand. Die einst Verfemte kandidiert für einen Parlamentssitz bei den Nachwahlen am 1. April.

    Noch ist Birma nicht im Klub der demokratischen Nationen angekommen, aber es ist unterwegs dorthin. Neben den inneren Reformen, die weitergeführt werden müssen, gilt es auch, die ethnischen Konflikte beizulegen. Außer den Birmanen, die zwei Drittel der 50 Millionen Einwohner stellen, leben in dem Land auch Angehörige vieler weiterer Ethnien, darunter die nach Unabhängigkeit strebenden Karen. Mit deren politischer Vertretung konnte Präsident Thein Sein vor kurzem einen Waffenstillstand schließen.

    Die demokratische Welt sollte froh sein, wenn sich ein ehemaliger Schurkenstaat in so erfreulicher Weise wandelt – und ihn auch tatkräftig willkommen heißen.

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