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Köln: Eingestürztes Kölner Stadtarchiv: Der Strafprozess beginnt

Köln

Eingestürztes Kölner Stadtarchiv: Der Strafprozess beginnt

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    Die Trümmer des eingestürzten Stadtarchivs in Köln. Vor Gericht soll jetzt die Schuld-Frage geklärt werden.
    Die Trümmer des eingestürzten Stadtarchivs in Köln. Vor Gericht soll jetzt die Schuld-Frage geklärt werden. Foto: Oliver Berg, dpa (Archiv)

    116 Verhandlungstage, 93 Zeugen, zehn Sachverständige - das Kölner Landgericht hat sich im vor knapp neun Jahren ein Mammutprogramm vorgenommen. Dabei haben die Richter gerade einmal ein gutes Jahr Zeit, über Schuld oder Unschuld der seit Mittwoch vor Gericht stehenden fünf Angeklagten zu entscheiden - bis um 2. März 2019, 24.00 Uhr, muss das Urteil verkündet sein.

    Einer der bedeutendsten Kommunalarchive Europas lag in Trümmern

    Denn anderenfalls sind mögliche Straftaten im Zusammenhang mit dem Archiveinsturz verjährt. Damit bliebe die strafrechtliche Verantwortung für ein dramatisches Unglück ungeklärt, das sich am 3. März 2009 in unmittelbarer Nähe des Kölner Waidmarkts ereignete. An jenem sonnigen Dienstag liefen um kurz vor 14.00 Uhr Bauarbeiter aus der U-Bahnbaugrube direkt vor dem Stadtarchiv und riefen: "Alle weg, alle raus."

    Mit knapper Not konnten sich die Menschen im Archiv und draußen auf der Severinstraße in Sicherheit bringen, ehe das Gebäude um 13.58 Uhr komplett in sich zusammenstürzte. Eines der bedeutendsten Kommunalarchive Europas lag in Trümmern.

    Zwei Bewohner des Nachbarhauses starben

    "Es war kurz vor 14.00 Uhr, ich stand draußen vor der Eingangstür des Archivs", sagte eine mit dem Schrecken davon gekommene Archivbesucherin wenige Stunden nach dem Unglück der Nachrichtenagentur AFP. "Als ich zu dem Gebäude hoch schaute, begann die gesamte Fassade zu bröckeln." Dann seien ganze Steine aus der Fassade herausgefallen. "Ich bin nur noch weggelaufen."

    Zwei junge Bewohner eines ebenfalls einstürzenden Nachbarhauses starben bei dem Unglück - die verschütteten Leichen der Opfer im Alter von 17 und 24 Jahren wurden erst Tage später gefunden. Materiell wie ideell richtete der Einsturz des größten kommunalen Archivs nördlich der Alpen unermessliche Schäden an: Wertvolle Schriftstücke und Urkunden wurden in dem gigantischen Trümmerberg verschüttet.

    Restaurierung dauert noch Jahrzehnte

    Die Restaurierung der Archivbestände wird noch Jahrzehnte dauern - immerhin konnten 95 Prozent der Archivalien geborgen werden. Den Gesamtschaden durch die Katastrophe beziffert die Stadt heute auf 1,2 Milliarden Euro - Geld, dass sie sich zu einem späteren Zeitpunkt von den Baufirmen in Zivilprozessen zurückholen will.

    Für diese Schadenersatzverfahren dürfte der nun begonnene Strafprozess wichtige Weichen stellen. Denn auch in dem nun begonnenen Verfahren gegen drei damalige Beschäftigte von U-Bahnbaufirmen und zwei Angehörige der Kölner Verkehrsbetriebe geht es um die zentrale Frage nach der genauen Ursache für den Einsturz.

    Knapp neun Jahre nach dem Einsturz des Kölner Stadtarchivs wird die Restaurierung der geretteten Dokumente noch mindestens 30 Jahre in Anspruch nehmen.
    Knapp neun Jahre nach dem Einsturz des Kölner Stadtarchivs wird die Restaurierung der geretteten Dokumente noch mindestens 30 Jahre in Anspruch nehmen. Foto: Rolf Vennenbernd, dpa (Archiv)

    Diskussion um Ursache des Unglücks

    Für Oberstaatsanwalt Torsten Elschenbroich ist die Sache klar: Er vertrat am ersten Prozesstag die Auffassung, dass Baufehler die "technische Ursache" für die Katastrophe setzten - Baufehler, die im September 2005 beim Aushub einer Schlitzwand an der U-Bahnbaustelle vor dem Archivgebäude begangen wurden und dann gut dreieinhalb Jahre später zum Einsturz des Gebäudes führten.

    Wenig überraschend sehen dies die Baufirmen ganz anders. Ihr Rechtsvertreter Hanns Feigen brachte am Rande des Prozessauftakts erneut die These von einem sogenannten hydraulischen Grundbruch als Unglücksursache ins Spiel.

    Dies würde bedeuten, dass nicht Baufehler, sondern die Beschaffenheit des Untergrunds an der Unglücksstelle ausschlaggebend für die Katastrophe war. Feigen, der an dem Strafverfahren nicht beteiligt ist, gab sich jedenfalls in einer Prozesspause sicher: Verschulden der Angeklagten oder ein hydraulischer Grundbruch - diese Frage sei "völlig offen". (afp)

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