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Prozess
17.01.2018

Nach neun Jahren: Drama um Kölner Stadtarchiv endlich vor Gericht

Plötzlich rauschte das Kölner Stadtarchiv in die Tiefe. Zwei Anwohner starben. Unser Foto entstand einen Tag nach dem Unglück.
Foto: Oliver Berg, dpa

Die Bilder vom Einsturz des Stadtarchivs gingen um die Welt. Zwei Menschen starben. Jetzt soll ein Strafprozess die Schuldfrage klären. Warum das Gericht nur wenig Zeit hat.

Der Tag, an dem das Stadtarchiv einstürzte, wird für Claudia Tiggemann-Klein immer mit sandigem Staub verbunden sein. So roch die Wolke, die dort stand, wo vorher das Archiv war. Mit dem Strafprozess, der heute beginnt, kommen bei Betroffenen wie ihr jede Menge Erinnerungen hoch. An jenen 3. März 2009, als die Pressesprecherin gerade am Waidmarkt in ihrem Büro im Hinterhaus saß. Und am Eingang der Tod wartete.

„Der Hausmeister ist unser Retter“, sagt Tiggemann-Klein heute. „Er hatte Handwerkern ein Seitentor geöffnet, als er einen Spalt in der Hauswand sah und ein rieselndes Geräusch in den Wänden hörte.“ Es sei reines Bauchgefühl gewesen, dass er sofort an einen Einsturz dachte, da er solch ein Geräusch schon mal in einem Spielfilm über einen Gebäudeeinsturz gehört hatte.

So kam es, dass sich der Tod ohne Claudia Tiggemann-Klein davonmachte.

Es war, das stand schnell fest, eine der größten Bau-Tragödien der deutschen Nachkriegsgeschichte. Dort, wo tief unter der Erde der Millionenstadt gerade die U-Bahn ausgebaut wurde, fiel das Historische Stadtarchiv, eines der bedeutendsten Kommunalarchive nördlich der Alpen, wie ein Kartenhaus zusammen. Zwei Anwohner starben, als das einstürzende Gebäude zwei Nachbarhäuser teilweise mit in die Tiefe riss. Hinzu kam, dass Unmengen an wertvollen Büchern, Schriften und Urkunden unter dem Schuttberg begraben wurden.

Fast neun Jahre hat es gedauert, bis die Untersuchungen zur Unglücksursache abgeschlossen waren. Heute endlich beginnt vor der 10. Großen Strafkammer des Landgerichts Köln die juristische Aufarbeitung – unter hohem zeitlichen Druck. Die drei Berufsrichter unter Vorsitz von Michael Greve müssen bis zum 2. März 2019 ein Urteil sprechen. Denn dann verjähren die Taten, die den Angeklagten zur Last gelegt werden: fahrlässige Tötung und Baugefährdung.

Die 196 Seiten starke Anklageschrift beschreibt, wie zwei Arbeiter – ein Polier und ein Baggerführer – bereits im Jahr 2005 beim Bau einer Schlitzwand gepfuscht und danach ihren Fehler und dessen Folgen vertuscht haben sollen. Zudem sind Verantwortliche der Baufirmen sowie der Kölner Verkehrs-Betriebe angeklagt. Sie sollen die Auswirkungen des Pfuschs zwar vor Augen gehabt haben, aber nicht auf Fehlersuche gegangen sein.

Mehr als 90 Beschuldigte sind fünf Jahre nach dem Unglück benannt worden, um die Verjährung um fünf weitere Jahre hinauszögern zu können. Sieben von ihnen wurden später angeklagt. Einer davon ist inzwischen gestorben. Ein anderer, der beim Aushub tätig war, ist so schwer krank, dass das Verfahren gegen ihn in der vergangenen Woche abgetrennt wurde. Entsprechend hat das Gericht den Zeitplan auf 116 Verhandlungstage gekürzt.

Um zwei entscheidende Fragen geht es im Prozess

Über allem stehen jetzt zwei Fragen: Wie konnte dieser Einsturz passieren? Und: Wer ist schuld daran? Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft soll sich das Ganze so zugetragen haben: Zwei Bauarbeiter stießen beim Ausschachten des Tunnels auf ein Hindernis, das sie nicht beseitigen konnten. Anstatt dies der Bauleitung zu melden, setzten sie den Aushub einfach fort. Im Schatten des Hindernisses entstand eine „Erdplombe“, ein Loch in der unterirdischen Wand. Am Unglückstag gab diese Plombe laut Anklage plötzlich nach, woraufhin große Mengen Sand, Kies und Wasser in die Baugrube eindrangen. Dem Archiv wurde buchstäblich der Boden entzogen, sodass es mitsamt der Nachbargebäude zusammenbrach.

Die Baufirmen führten dagegen in den vergangenen Jahren wiederholt eine andere These ins Feld. Demnach könnte ein sogenannter hydraulischer Grundbruch das Unglück verursacht haben. Dabei wäre Wasser nicht durch ein Leck in der Lamelle, sondern unter der Schlitzwand hindurch in die Baugrube vor dem Archivgebäude vorgedrungen – was auf Defizite bei der Bauplanung statt bei der Bauausführung hindeuten würde.

Für Claudia Tiggemann-Klein ging es in diesen dramatischen Sekunden nur um eines: lebend hier herauszukommen. Bauarbeiter, die damals bei Nachbarn Sturm klingelten, um diese zu warnen, fanden die Klingel des Archivs nicht, erzählt sie. So sei es umso mehr auf die Intuition des Hausmeisters angekommen. „Ich weiß noch, dass er sagte: Die Frau Tiggemann nehmen wir auch noch mit. Und ich habe, obwohl das unvernünftig war, noch Jacke, Schlüssel und Rucksack gepackt.“ Der Hausmeister hielt sie schließlich davon ab, in den Tod zu rennen. „Beim Hinterausgang musste man hochklettern, und darum wollte ich vorne raus, aber er hat mich zurückgerufen.“

Die Einsturzstelle besucht Claudia Tiggemann-Klein nur ungern - obwohl ihr derzeitiges Büro nicht weit entfernt ist.
Foto: Konstantinos Belibasakis

Als sie aufgefordert wurde, die Feuerwehr zu rufen, dachte sie an ein Problem mit dem Löschtank im Keller, so wie etwa ein Jahr vor dem Einsturz. Doch auf die Frage: „Was soll ich melden?“ kam die Antwort: „Haus stürzt ein.“

Ihre Geschichte geht noch weiter. „Als ich mit meinem Handy die 112 wählte, habe ich noch darüber nachgedacht, ob man dafür eine Vorwahl braucht.“ Dann brach das Gebäude in sich zusammen. „Ich korrigierte meine Aussage in ,Das Haus ist eingestürzt‘, und der Disponent der Feuerwehr sagte mir: Das wissen wir schon.“ Danach rief sie für ihre Chefin einen Rettungswagen. „Sie fragte dauernd: ,Was ist mit den Kollegen?‘ und brauchte nach meiner Einschätzung Hilfe. Ich habe auch versucht, Fritz Schramma zu erreichen, weil ich mal für den OB gearbeitet habe. Ich wollte ihm melden, dass wir mal das größte Archiv nördlich der Alpen hatten und nun nur noch die weltbeste Feuerwehr. So habe ich das wahrgenommen.“

Wie eine Betroffene die Zeit danach erlebt hat

So präzise und nüchtern, wie sie das alles heute erzählt, war sie 2009 auch in den ersten Stunden nach dem Unglück. „Bis zum Abend habe ich funktioniert: Listen erstellt, wer lebend gesehen wurde – erst am Sammelpunkt in einem Hotel, dann im Krisenstab in der Scheibenstraße.“ Danach begann die Verarbeitung. Der Schulpsychologische Dienst und Psychologen der Feuerwehr halfen, ebenso ein Traumatherapeut. „Er hat uns vorgewarnt, dass wir alltägliche Dinge wie Zähneputzen zeitweise vergessen könnten. Das erklärte, warum ich beim Frühstück unfähig war, Fleischwurstscheiben mit dem Brötchen zusammenzubringen.“ Eine Zeit lang hat Rettungsfolie sie beunruhigt – Decken, die die Kollegen umgelegt bekamen, weil sie bei dem kühlen Wetter ohne Jacke auf der Straße standen.

Viele von ihnen haben ein ganzes Arbeitsleben darauf verwendet, die dokumentarischen Schätze der etwa 2000 Jahre alten Stadt zu pflegen. Heute lautet die vernichtende Erkenntnis aus dem Einsturz des Historischen Archivs: Nichts von dem, was in Köln seit dem Jahr 922 an Schriftstücken aufgehoben wurde, blieb unbeschadet. „Was die mehr als 4000 Helfer in zweieinhalb Jahren Arbeit aus Schutt und Grundwasser geklaubt haben, ist teils schwer beschädigt“, sagt Archivleiterin Bettina Schmidt-Czaia. „Alles ist mit alkalischem Baustaub überzogen, der das Papier angreift.“

Vor ein paar Tagen zog sie eine Zwischenbilanz der bisherigen Aufarbeitung. In mehr als 1,1 Millionen Päckchen seien die geborgenen Schriftstücke eingelagert. Die Archivare sprechen von „Bergeeinheiten“. Fast neun Jahre nach dem Unglück sind erst 13 Prozent davon trocken gereinigt. Wenigstens können diese – mit wenigen Ausnahmen - im Original oder in digitaler Form wieder gelesen werden.

„Wenn wir strikt nach Archivregeln vorgegangen wären und weiter nur in Beständen denken würden, hätten wir noch 40 Jahre auf eine Nutzung warten müssen“, sagt Schmidt-Czaia. Das Restaurierungs- und Digitalisierungszentrum der Stadt macht die vorzeitige Nutzung möglich. Es ist mit Maschinen ausgestattet, die teils extra für den Kölner Sonderfall entwickelt wurden – etwa die Schnipselmaschine, die selbst unterschiedlich aufgeweichte Fetzen vom selben Blatt zuordnen kann.

Der gesamte Schaden liegt bei 1,2 Milliarden Euro

Vor allem profitiert das Restaurierungszentrum von den rund 90 Mitarbeitern. „Am Tag des Einsturzes hatten wir 28 Mitarbeiter, heute rund 140 in Köln. Zudem gibt es ein Restaurierungszentrum in Sachsen sowie eine Gruppe, die im Landesarchiv in Düsseldorf sichtet, was in den Kisten steckt, die jahrelang in Asylarchiven zwischenlagerten“, sagt Schmidt-Czaia. Nicht einmal 60 Prozent dessen, was das Archiv einmal besaß, ist identifiziert. „Wir wissen nur anhand der Regalkapazität für die Unterbringung, dass fünf Prozent nicht geborgen wurden“, sagt die Archivleiterin. „Wir wissen aber nicht, was fehlt. Wenn wir eine Kiste öffnen, ist das wie beim Auspacken eines Weihnachtspakets.“

Die Restaurierung der Dokumente wird wohl noch Jahrzehnte dauern. Mittlerweile hat die Stadt den Schaden beziffert, der mit dem Einsturz entstanden ist: 1,2 Milliarden Euro. Wer dafür haften muss, wird irgendwann Thema eines Zivilprozesses werden.

Dass in all den Jahren so viel über den materiellen Schaden geredet worden sei und so wenig über die zwei Toten, schmerzt Frank Pagel. Das hat er gerade der Bild erzählt. Der 49-Jährige hat damals seinen Stiefsohn Kevin, 17, verloren – fünf Jahre, nachdem seine Frau gestorben war. Ob er zum Prozess gehen wird? „Ich weiß nicht, ob ich die Kraft dafür habe. Ich habe keine großen Erwartungen.“

Claudia Tiggemann-Klein will den Prozess in der Zeitung verfolgen. „Ich würde gern mal wissen: Warum ist das Haus eingestürzt?“, sagt sie. Dort, wo mal ihr Arbeitsplatz war, tut sich noch heute eine tiefe Grube auf. Unweit der Universität läuft schon der Bau eines neuen Stadtarchivs. Einige ihrer Kollegen haben sich nach dem Unglück versetzen lassen, zwei sind immer noch stark belastet, darunter der Hausmeister. Er zieht heute eine Beschäftigung im Freien vor. Tiggemann-Klein sagt: „Er fühlt sich irgendwie schuldig, obwohl er das in keiner Weise ist.“ (mit dpa, afp, anf)

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