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Porträt: Lars Eidinger: Der ewige Berliner, der einen russischen Zaren spielt

Porträt

Lars Eidinger: Der ewige Berliner, der einen russischen Zaren spielt

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    Lars Eidinger träumte früh von einer Karriere als Schauspieler.
    Lars Eidinger träumte früh von einer Karriere als Schauspieler. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Es hat Ausschreitungen und Festnahmen gegeben. Seinetwegen. Neulich, in Moskau. Denn im russischen Film „Matilda“, der seit gestern als „Mathilde“ auch in unseren Kinos läuft, spielt Lars Eidinger den letzten, von den Orthoxoden als Heiligen verehrten, Zaren als schwachen Mann, wankend und weinend. Das hat ihm selbst auch Morddrohungen eingebracht. Aber statt sich nun mal wieder zu fragen, was denn da eigentlich los ist in Russland – viel interessanter ist doch zu erklären, wie ein 41-jähriger Berliner in die Besetzung einer solchen absehbar gewagten Hauptrolle kommt.

    Schauspieler Lars Eidinger international gefeiert

    International gefeiert ist Lars Eidinger seit zehn Jahren schon, da knallte Shakespeares „Hamlet“ mit einer solchen schamlosen Wucht auf die Bühne der Berliner Schaubühne, dass gleich von „der Verkörperung eines neuen, total modernen Typus von Mensch“ die Rede war. Er wurde zum Star jenes renommierten Schauspielhauses und auf Theaterfestivals weltweit. Auch im Film ist er schon seit 2009 durch das erschütternde Duett mit Birgit Minichmayr in „Alle anderen“ (2009), dem Debüt der zuletzt für ihren „Toni Erdmann“ so gefeierten Regisseurin Maren Ade, eine Marke. Aber warum? Weil, nun ja, der sieht doch eigentlich bloß ganz normal, ganz nett aus.

    Hier die Geschichte zum Phänomen: In Westberlin als einer von zwei Söhnen einer alles keimfrei haltenden Kinderkrankenschwester und eines Ingenieurs geboren, ist Lars getrieben vom Ehrgeiz. Der Zeit sagte er mal: „Ich wollte immer der Erste, immer der Beste sein… Ich war trotzdem auch immer der Clown, der, der die Lacher haben wollte. Erst dann war ich glücklich.“ Champion und Publikumsliebling – er träumte folgerichtig früh schon, Schauspieler zu werden. Schaffte es auf die dafür renommierteste Hochschule, „Ernst Busch“ in Berlin, wo er heute auch lehrt und damals in einer Star-Generation mit Devid Striesow, Nina Hoss, Mark Waschke und Fritzi Haberlandt landete.

    Lars Eidinger aktuell in "Berlin Babylon" zu sehen

    Eidingers Trumpf: das unmittelbare Nebeneinander der Extreme. Eben noch die totale Oberfläche, kontrollierte Normalität – und plötzlich, jederzeit möglich: der Wahn. Dazu passend beschreibt er in radikaler Offenheit sein Empfinden: die totalen Versagensängste, nicht Champion, nicht Publikumsliebling zu sein – und Allmachtsfantasien: „Wenn es gut läuft, scheint plötzlich alles möglich. Es ist wie im Rausch. Ich denke dann, dass ich der größte Schauspieler der Welt bin.“ Ein Kinski im Schafspelz.

    Gut, dass ein solcher Mensch die Bühne hat, kein Wunder, dass es ihn immer wieder zu Shakespeare treibt – und nicht überraschend, dass seine Partnerin vom Fach ist. Seine Frau heißt Ulrike Eidinger, ist Opernsängerin, die beiden haben eine Tochter, leben in Berlin. Und natürlich Lars, der ewige Berliner, der große Schauspieler, in der teuersten deutschen Fernsehserie aller Zeiten ist er derzeit auch zu sehen: „Berlin Babylon“.

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