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Sechs Monate Koma: Prinz Friso: Die schwere Entscheidung der Königsfamilie

Sechs Monate Koma

Prinz Friso: Die schwere Entscheidung der Königsfamilie

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    Prinz Johan Friso liegt seit sechs Monaten im Koma. Archivbild
    Prinz Johan Friso liegt seit sechs Monaten im Koma. Archivbild Foto: Patrick van Katwijk dpa

    Seit sechs Monaten liegt Prinz Friso nach einem Lawinenunglück mit schweren Hirnverletzungen im Koma. Seine Ehefrau Mabel besucht ihren Mann täglich im Londoner Wellington-Krankenhaus. Auch Königin Beatrix fliegt einmal in der Woche zu ihrem zweitältesten Sohn.

    Königshaus vor schwerer Entscheidung

    "Sechs Monate sind eine kritische Grenze", sagt der medizinische Ethiker am Erasmuskrankenhaus der Universität Rotterdam, Erwin Kompanje. "Bis dahin hofft man noch auf eine Besserung." In den Niederlanden wird nach einem halben Jahr von Ärzten und Angehörigen erwogen, die Behandlung zu beenden. Aber der Prinz liege in einer Londoner Klinik, betont Kompanje, der die niederländischen Richtlinien für die Behandlung von Komapatienten mitentwickelt hat. "Die königliche Familie wird vor schweren Entscheidungen stehen."

    Frisos Biografie abgeändert

    Dazu schweigt der Hof. In der vergangenen Woche gab es aber ein Indiz, dass die Oranjes das Unabänderliche akzeptiert haben. Frisos Biografie auf der königlichen Website wurde angepasst. "Prinz Friso wurde am 17. Februar Opfer eine Lawine im Skigebiet von Lech, Österreich", steht dort nun schwarz und weiß.

    Das niederländische Königshaus

    Das niederländische Königshaus Oranien-Nassau ist mehr als 600 Jahre alt und ist damit älter als die Niederlande, die es erst seit 1815 offiziell als Königreich und seit 1848 als parlamentarische Demokratie gibt.

    Seit mehr als 120 Jahren haben die Niederlande weibliche Staatsoberhäupter. 1890 starb Wilhelm III., der bis heute letzte König. Ihm folgten Königinnen auf dem Thron: Wilhelmina (1890-1948), Juliana (1948-1980) und Beatrix (seit 1980). Mit dem 1967 geborenen Kronprinz Willem-Alexander steht wieder ein männlicher Thronfolger bereit.

    Das niederländische Königshaus Oranien-Nassau geht auf Wilhelm von Oranien (1533-1584) zurück, den die Niederländer «Vater des Vaterlandes» nennen. Der auch «der Schweiger» genannte Adelige war der wichtigste Führer im Unabhängigkeitskrieg gegen den spanischen König. Er hatte von seinem Onkel René de Chalon 1544 das Fürstentum Orange in Südfrankreich geerbt und damit den bis heute gebräuchlichen Titel Prinz von Oranien für den ältesten Königssohn.

    Der nach der Burg Nassau in Hessen benannte andere Teil der Dynastie hat Wurzeln, die bis zu Walram von Laurenburg im 12. Jahrhundert zurückreichen. Die Verbindung zu niederländischem Gebiet entstand im Jahr 1403. Engelbert I., Graf von Nassau, Dietz und Vianden heiratete damals die wohlhabende Niederländerin Johanna von Polanen, Erbtochter von Breda im Herzogtum Brabant.

    Der Wiener Kongress begründete 1815 das Königreich der Niederlande. Bis dahin regierten Prinzen oder Statthalter. Zu dem neuen Reich unter Wilhelm I. gehörte zunächst auch Belgien, das sich aber 1831 zur selbstständigen parlamentarischen Monarchie erklärte. Ihre Arbeit erledigt Königin Beatrix seit 1984 im Palast Noordeinde in Den Haag, als Wohnsitz dient ihr der Palast Huis ten Bosch am nordöstlichen Rand der niederländischen Hauptstadt.

    Kronprinz Willem-Alexander löst Beatrix am 30. April an der Spitze der  niederländischen Monarchie ab. Erstgeborene der Königin wird der erste König der Niederlande  seit mehr als hundert Jahren sein.

    Die 75-jährige Beatrix hatte  Ende Januar nach 33 Jahren auf dem Thron ihre Abdankung  angekündigt.

    Seit dem 17. Februar ist für die königliche Familie nichts mehr wie früher. An jenem Freitag wurde der 43 Jahre alte Prinz im österreichischen Lech beim Skifahren von einer Lawine verschüttet. 25 Minuten lag er ohne Sauerstoff unter den Schneemassen, 50 Minuten lang musste er reanimiert werden. Zu lange.

    Bangen und Hoffen

    Es folgten Tage zwischen Bangen und Hoffen. Würde der Prinz überleben und könnte er jemals wieder gesund werden? Der Chefarzt der Traumabteilung des Landeskrankenhauses Innsbruck, Wolfgang Koller, machte eine Woche nach dem Unfall wenig Hoffnung: "Es kann derzeit nicht gesagt werden, ob er jemals wieder das Bewusstsein erlangen wird." Seitdem ist der Zustand des Prinzen unverändert.  Noch im Juli hatte sein Bruder, Kronprinz Willem-Alexander, erklärt:  "Ich hoffe, dass wir in Zukunft mit einem positiven Bericht kommen können." Doch danach sieht es nicht aus.

    Die Leiden des niederländischen Königshauses

    Die niederländische Königsfamilie hat schon viel Leid ertragen müssen.

    2. Februar 2002: «Traumhochzeit» des Thronfolgers Willem-Alexander und seiner Braut Máxima aus Argentinien. Die Regierung untersagt die Teilnahme ihres Vaters, weil er einst der Militärdiktatur in Argentinien diente. Aus Solidarität bleibt auch Máximas Mutter der Zeremonie fern. Die Braut weint bei der Trauung bitterlich.

    6. Oktober 2002: Tod von Beatrix' Mann, Prinz Claus. Der frühere deutsche Diplomat stirbt nach langer Krankheit im Alter von 76 Jahren. Seine Leidenszeit begann bereits Anfang der 80er Jahre: Depressionen, später die Parkinsonkrankheit. Einer Prostataoperation folgt die Entfernung einer Niere. Schließlich erliegt er einer Lungenentzündung.

    24. April 2004: Johan Friso heiratet Mabel, deren Vergangenheit ihn protokollarisch herabstuft. In den 80er Jahren hatte Mabel ein Verhältnis mit einem Drogenboss. Weil sie die Bekanntschaft mit dem Kriminellen zu verheimlichen suchte, ist die Regierung verärgert und fragt das Parlament nicht um Zustimmung zu der Hochzeit. Das fehlende Ja der Volksvertreter kostet Friso seinen Platz in der Thronfolge.

    30. April 2009: Attentat auf Königin Beatrix: Ein schwarzer Kleinwagen rast am Königinnentag in der Stadt Apeldoorn auf den offenen Bus der Monarchin zu. Vor den Augen der königlichen Familie tötet er dabei sieben Menschen und prallt gegen ein Denkmal. «De Koningin, de Koningin», stammelt der Attentäter (38) blutüberströmt und stirbt. Nur Stunden später hält die geschockte Beatrix eine Fernsehansprache - sie wirkt um Jahre gealtert.

    Januar 2012: Ende der Mosambik-Affäre von Willem-Alexander. Für einen symbolischen Preis hat der Thronfolger eine 2007 erworbene Luxus-Villa am Indischen Ozean an eine Entwicklungskooperative verkauft. Das kostspielige Anwesen in dem armen afrikanischen Land löste vor dem Hintergrund der Finanzkrise heftige Kritik aus.

    17. Februar 2012: Johan Friso wird beim Skifahren in Österreich von einer Lawine verschüttet und erst nach etwa 20 Minuten befreit.

    24. Februar 2012: Schreckliche Diagnose: Der niederländische Prinz Johan Friso hat bei seinem Lawinenunfall einen schweren Hirnschaden erlitten und bleibt womöglich lebenslang im Wachkoma. Am 12. August 2013 stirbt er in Den Haag.

    Schnell nahm Königin Beatrix nach dem Unglück ihre Aufgaben als Staatsoberhaupt wieder wahr. "Jeder hätte verstanden, wenn die Oranjes alles abgesagt hätten," meinte der Königshaus-Reporter des Privatsenders RTL, Antoin Peeters, voller Hochachtung. "Aber sie entschieden sich für den schweren Weg. Alle Termine wurden eingehalten."

    Auch den Königinnentag am 30. April, den "koninginnedag", feierte die Familie mit Ausnahme von Prinzessin Mabel traditionell gemeinsam mit dem Volk. Eine Welle von Sympathie schlug ihr entgegen. "Sie ist eine tapfere Frau," sagt Janneke Visser aus Amsterdam. "Ich bin nicht für die Monarchie, aber das ist doch schrecklich für jede Mutter." Die meisten Niederländer hätten Verständnis, wenn Beatrix, die im Januar 75 Jahre alt wird, bald abdanken würde.

      Jetzt erlebten Millionen auf den Bildschirmen auch wieder eine fröhliche Familie. Bei den olympischen Spielen in London jubelten Willem-Alexander, Prinzessin Maxima und ihre drei Töchter den niederländischen Sportlern zu. Und mit ihnen auf der Tribüne hopsten ausgelassen auch Luana und Zaria, die Töchter von Mabel und Friso. dpa/AZ

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