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Kommentar: Der Gewinner des Syrien-Gipfels heißt Baschar al-Assad

Kommentar

Der Gewinner des Syrien-Gipfels heißt Baschar al-Assad

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    Syriens Präsident Baschar al-Assad sieht sich als Sieger des Krieges.
    Syriens Präsident Baschar al-Assad sieht sich als Sieger des Krieges. Foto: Sana/afp

    Der syrische Staatschef Baschar al-Assad saß beim Syrien-Gipfel von Istanbul am Wochenende nicht mit am Tisch – doch er könnte zu den großen Gewinnern der Konferenz zählen. Die Türkei, Russland, Deutschland und Frankreich forderten bei ihrem ersten Treffen dieser Art eine dauerhafte Waffenruhe in der Rebellenhochburg Idlib, die rasche Ausarbeitung einer neuen Verfassung für Syrien und eine ungehinderte Rückkehr der Flüchtlinge – doch Assad hatte bereits vor dem Treffen deutlich gemacht, dass er ganz andere Pläne hat: Er hat den Krieg gewonnen und sieht keine Notwendigkeit zu Kompromissen. Nun ist es an Russland als wichtigstem Partner des syrischen Präsidenten, die Regierung in Damaskus von seiner starren Linie abzubringen.

    Europa hat sein Ziel aufgegeben, Assad zu stürzen

    Mit dem Istanbuler Gipfel hat Europa – vertreten durch seine zwei wichtigsten Länder – das Ziel aufgegeben, Assad von der Macht zu verdrängen. In der Abschlusserklärung fehlt der Ruf nach einer Ablösung des Staatschefs. Angela Merkel und Emmanuel Macron werden vor allem von dem Willen getrieben, eine neue Fluchtwelle aus Syrien zu verhindern und die Gefahr durch Dschihadisten in ihren eigenen Ländern einzudämmen.

    Recep Tayyip Erdogan geht es darum, die kurdischen Autonomiebestrebungen entlang der türkischen Grenze im Norden Syriens zu bekämpfen. Der türkische Präsident hat sich deshalb in Syrien mit Putin zusammengetan und ist zu den USA auf Distanz gegangen, weil diese die syrischen Kurden unterstützen. Dass die USA nicht zu dem Istanbuler Treffen eingeladen wurden, war deshalb nur folgerichtig. Da Deutschland, Frankreich und die Türkei in Syrien mehr oder weniger von Russland abhängen, konnte Putin in Istanbul sehr selbstbewusst auftreten. So unterstützte er zwar die Forderung nach einem dauerhaften Waffenstillstand in Idlib, doch er betonte auch, „Terroristen“ in der Provinz müssten dennoch bekämpft werden. Putins Partner Assad betrachtet alle Oppositionsgruppen als „Terroristen“ und hat sich vorgenommen, Idlib wieder unter seine Kontrolle zu bringen.

    Der syrische Herrscher Assad betrachtet Flüchtlinge als Staatsfeinde

    Assad lehnt auch andere Forderungen der Gipfelteilnehmer ab. Kurz vor der Konferenz am Bosporus erteilte die Regierung in Damaskus der UN wegen der geplanten Verfassungskommission eine Absage: Die Arbeit an einer Nachkriegsordnung für Syrien sei die „souveräne“ Sache Syriens – dass Assad seinen Gegnern erlauben wird, bei der Ausarbeitung einer neuen Verfassung mitzuarbeiten, ist kaum zu erwarten. Auch bei der Forderung nach Rückkehr der Flüchtlinge hat Assad Vorstellungen, die sich nicht mit den Hoffnungen der Europäer decken. Die Assad-Regierung betrachtet viele Flüchtlinge als Staatsfeinde – das trifft besonders für die rund fünf Millionen Syrer zu, die ins Ausland geflohen sind und die nach den Worten von Merkel unbedingt an künftigen freien Wahlen teilnehmen sollten. Ein Syrien mit zehn Millionen Assad-Anhängern sei besser als ein Syrien mit 30 Millionen „Vandalen“, wurde ein syrischer Geheimdienstchef zitiert. Das deutet nicht auf ein herzliches Willkommen für Rückkehrer hin.

    Nur ein Akteur hat die Macht, Assad Zugeständnisse abzuringen: Ohne Putin hätte er den Krieg verloren. Nun will Moskau den teuren Konflikt beenden und sich als Friedensstifter profilieren. Wie weit Putin gehen wird, um Assad unter Druck zu setzen, ist offen. Die Zukunft des Machthabers ist für Putin dabei weniger wichtig als die Sicherung eines syrischen Regimes, das treu zu Moskau steht. Die Errichtung einer westlichen Demokratie in Syrien ist ganz bestimmt nicht in Putins Interesse. 

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