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Heute berät der Bundestag: Reform der Organspende: Die wichtigsten Antworten

Heute berät der Bundestag

Reform der Organspende: Die wichtigsten Antworten

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    Viele Deutsche befürchten, dass die Ärzte nicht mehr mit vollem Einsatz um ihr Leben kämpfen, wenn sie sich zu einer Spende bereiterklärt haben. Foto: Frank May dpa
    Viele Deutsche befürchten, dass die Ärzte nicht mehr mit vollem Einsatz um ihr Leben kämpfen, wenn sie sich zu einer Spende bereiterklärt haben. Foto: Frank May dpa

    Alle Bürger sollen aufgefordert werden, sich bei der Organspende zu entscheiden. Die Krankenkassen werden verpflichtet, allen Versicherten Info-Material und einen Spendeausweis zuzusenden. Niemand soll sich aber entscheiden müssen. Auf die Details dieser sogenannten Entscheidungslösung hatten sich die fünf Bundestagsfraktionen Anfang März geeinigt.

    Die wichtigsten Antworten zur Organspende

    Die Entscheidung soll auch auf der elektronischen Gesundheitskarte dokumentiert werden können, sobald diese - voraussichtlich ab 2017 - technisch dazu in der Lage ist. Zudem soll jedes Krankenhaus verpflichtet werden, einen Transplantationsbeauftragten einzusetzen. Die Versicherung des Organ-Empfängers soll für alle möglichen Kosten aufkommen. Eingeführt werden soll zudem eine Entgeltfortzahlung an Arbeitnehmer, die ein Organ spenden.

    Wie viele Menschen in Deutschland benötigen ein Spenderorgan?

    Auf den Wartelisten stehen zurzeit rund 12.000 Patienten. Sie können ohne Transplantation nicht mehr lange überleben, weil sie an lebensbedrohlichen Krankheiten leiden oder Organe wie Herz oder Niere nicht mehr richtig funktionieren. Hilfsmittel wie Herzpumpen oder Dialyse können Organe oft nicht dauerhaft ersetzen. 2011 konnte 4054 Menschen mit einer Transplantation geholfen werden. 2010 waren es 4326.

    Wie viele Organe werden gespendet?

    Zahlen und Fakten zur Organspende

    Im Jahr 2011 sind statistisch betrachtet in Deutschland auf eine Million Einwohner 14,7 Organspender gekommen. 2010 waren es noch 15,9.

    Der Rückgang in Bayern ist von 15,3 (Jahr 2010) auf 15,0 (2011) nicht ganz so stark. In absoluten Werten bedeutet das für den Freistaat: Die Zahl der Organspender ist von 192 auf 189 im Jahr 2011 gesunken.

    In ganz Deutschland wurde ein Rückgang von 1296 auf 1200 verzeichnet.

    Gespendete Organe 3917 im Jahr 2011 statt 4205 (2010) – auf Deutschland bezogen. In Bayern ist die Zahl der gespendeten Organe trotz weniger Spender mit 628 konstant geblieben.

    Im Freistaat wurden im vergangenen Jahr 630 Transplantationen durchgeführt. 2010 sind es noch 651 gewesen.

    Von den 213 bayerischen Krankenhäusern sind sechs Universitätskliniken, 19 Häuser mit und 188 Krankenhäuser ohne Neurochirurgie.

    In Deutschland kommen auf eine Million Einwohner 14,9 Spender. International liegt die Bundesrepublik damit im unteren Drittel. 2011 wurden 1200 Menschen nach ihrem Tod 3917 Organe entnommen - das waren 7,4 Prozent Spender weniger als im Vorjahr. Ein einzelner Organspender kann bis zu sieben schwer kranken Menschen helfen.

    Welche Organe können gespendet werden?

    Nach dem Hirntod können Niere, Herz, Leber, Lunge, Bauchspeicheldrüse und Dünndarm gespendet werden. Es gibt aber auch Lebendspenden. Dabei entscheiden sich gesunde Menschen, nahen Verwandten oder Freunden eine Niere oder einen Teil der Leber zu spenden. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier spendete 2010 seiner kranken Frau eine Niere. Lebendspenden sind nur zulässig, wenn kein anderes Spenderorgan zur Verfügung steht. Wegen des Organmangels hat die Zahl der Lebendspenden in den vergangenen Jahren zugenommen.

    Wird eine Organspende bezahlt?

    Nein. In Deutschland ist der Handel mit Organen verboten.

    Was ist die Voraussetzung für eine Organspende nach dem Tod?

    Als potenzielle Organspender kommen nur Menschen infrage, bei denen der Hirntod vor dem Herzstillstand eintritt. Von den rund 400.000 Menschen, die jedes Jahr in deutschen Kliniken sterben, ist das nur bei einem Prozent der Fall. Ein Hirntod bedeutet, dass das Gehirn eines Menschen als Schaltstelle aller Lebensfunktionen keine Funktionen wie Ströme oder Reflexe mehr zeigt. Das Herz schlägt nur noch durch künstliche Beatmung auf einer Intensivstation weiter. Ein Hirntod wird häufig nach schweren Schlaganfällen, Hirnblutungen oder Schädel-Hirn-Traumata festgestellt. Dabei müssen zwei Ärzte unabhängig voneinander urteilen.

    Warum gibt es bisher so wenig Organspenden?

    Bisher muss jeder Erwachsene aktiv sein Einverständnis zur Organspende geben. Einen Spenderausweis haben aber nur etwa 20 Prozent. Eine andere Möglichkeit ist bisher eine klare Aussage gegenüber Angehörigen. Gibt es keine mündliche oder schriftliche Entscheidung, müssen sie über eine Entnahme entscheiden. Das ist zurzeit bei neun von zehn Hirntoten der Fall.

    Warum tun sich die Bürger schwer?

    Bei vielen Menschen sitzt die Angst tief, dass Ärzte sie im Ernstfall in der Klinik schlechter behandeln könnten, um dann Organe zu entnehmen. Immerhin 45 Prozent der Deutschen fürchten laut einer Umfrage von Bertelsmann Stiftung und Barmer, dass die Ärzte nicht mehr mit vollem Einsatz um ihr Leben kämpfen, wenn sie sich zu einer Spende bereiterklärt hätten.

    Was muss in den Kliniken besser werden?

    Gerade kleinere Kliniken haben Probleme, Organspenden zu organisieren. Die Regierung hat bereits im Kabinett ein neues Transplantationsgesetz verabschiedet, was bald im Bundestag beraten wird. Krankenhäuser sollen klare Vorgaben bekommen, um mögliche Spender zu erkennen und Angehörige besser zu betreuen. Um den Weg für das Gesetz freizumachen, muss vorher aber die Organspende geregelt sein. Große Kliniken haben schon Transplantationsbeauftragte.

    Arbeitet Deutschland mit anderen Ländern zusammen?

    Ja, die Stiftung Eurotransplant ist für die Zuteilung von Spenderorganen in sieben Ländern zuständig und spricht sich mit nationalen Gesellschaften, Transplantationszentren, Laboratorien und Krankenhäusern ab. Mitglieder von Eurotransplant mit Sitz im niederländischen Leiden sind Belgien, Deutschland, Kroatien, Luxemburg, Niederlande, Österreich und Slowenien.

    Wie soll der Weg zu mehr Organen geebnet werden?

    Möglichst alle Erwachsenen sollen sich mit dem für viele heiklen Thema auseinandersetzen. Dazu werden sie schriftlich von ihren Krankenkassen aufgefordert. Sie sollen erklären, ob sie ihre Organe nach dem Hirntod spenden wollen oder nicht.

    Wird Druck ausgeübt?

    Niemand muss sich entscheiden. Man soll die Aufforderung sogar wegwerfen können. Man kann auch schon wie bisher auf dem Spendeausweis die Spendebereitschaft nur für bestimmte Organe erklären.

    Wie soll man die Entscheidung dokumentieren?

    Wie bisher auf einem Spendeausweis aus Papier. Oder – wenn dies technisch möglich ist – in einem eigenen elektronischen Fach auf dem Chip der elektronischen Gesundheitskarte.

    Warum war die Einigung so schwierig?

    Nach langem Hin und Her einigten sich Union, FDP, SPD, Grüne und Linke im Bundestag im November auf Grundzüge eines gemeinsamen Gruppenantrags. Doch an immer neuen Detailfragen wurden tiefgreifende Differenzen deutlich. So sperrten sich die Grünen dagegen, dass die Krankenkassen die Bereitschaft auf der Gesundheitskarte speichern und somit diese intime Entscheidung ihrer Versicherten generell mitbekommen. Die SPD wollte verbindlichere Regelungen, die FDP pochte auf freiere. Die Linke war überhaupt skeptisch gegen Lösungen per Gesundheitskarte, die sie kritisieren.

    Was ist die Voraussetzung für eine Organspende nach dem Tod?

    Als potenzielle Organspender kommen nur Menschen infrage, bei denen der Hirntod vor dem Herzstillstand eintritt. Von den rund 400.000 Menschen, die jedes Jahr in deutschen Kliniken sterben, ist das nur bei einem Prozent der Fall. Ein Hirntod bedeutet, dass das Gehirn eines Menschen als Schaltstelle aller Lebensfunktionen keine Funktionen wie Ströme oder Reflexe mehr zeigt. Das Herz schlägt nur noch durch künstliche Beatmung auf einer Intensivstation weiter. Hirntod wird häufig nach schweren Schlaganfällen, Hirnblutungen oder Schädel-Hirn-Traumata festgestellt. Dabei müssen zwei Ärzte unabhängig voneinander urteilen. AZ/dpa

    Organspendeausweis

    Stiftung Organtransplantation

    Studie Bertelsmann Stiftung

    Eurotransplant

    Patientenbroschüre Eurotransplant

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