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WM 2014: Einer der jüngsten Teams: Wie Deutschland den Fußballnachwuchs fördert

WM 2014

Einer der jüngsten Teams: Wie Deutschland den Fußballnachwuchs fördert

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    Bundestrainer Joachim Löw und sein Co-Trainer Hansi Flick.
    Bundestrainer Joachim Löw und sein Co-Trainer Hansi Flick. Foto: Markus Gilliar, dpa

    Andreas Rettig erinnert sich noch genau an diesen 7. Mai 2001, an dem der deutsche Fußball eine der besten Entscheidungen seiner 114-jährigen Geschichte traf.

    Die Nationalmannschaft hatte gerade auf eine schwache WM 1998 in Frankreich eine noch viel schwächere Europameisterschaft 2000 in Belgien und Holland folgen lassen: Vorrunden-K.o. nach den Spielen gegen England, Rumänien und Portugal. „Jämmerliche Rumpelfüßler“ hatte es über die Auswahl von Erich Ribbeck geheißen. Das war noch nicht das Schlimmste, an den Ansprüchen deutscher Fußball-Expedition gemessen, traf es die Zustände allerdings ziemlich genau. Ribbeck trat nach dem letzten Gruppenspiel, einem quälenden 0:3 gegen Portugal zurück. Fußball-Deutschland war am Boden. Davon hat Andreas Rettig, nach sechs Jahren als Manager des FC Augsburg seit 2013 Geschäftsführer der Deutschen Fußball-Liga (DFL), dieser Tage in Frankfurt erzählt, „um wieder einmal daran zu erinnern, wo wir hergekommen sind“. Jetzt, wenige Wochen vor der Weltmeisterschaft in Brasilien, für die jeder die Deutschen automatisch zu den Favoriten rechnet. Von weit unten nämlich.

    Die deutschen Fördermodelle sind heute Vorbild

    Damals musste etwas geschehen, sollte es nicht noch weiter bergab gehen. Wenn die deutsche Brasilien-Expedition offen vom WM-Titel als Ziel sprechen darf, ohne dafür belächelt zu werden, hat das vor allem mit jenem 7. Mai 2001 in Leverkusen zu tun. Andreas Rettig war damals Manager des SC Freiburg, ein Verein, der sich schon immer hervorragend auf Nachwuchsförderung verstand. Naheliegend also, ihn mit der Vorsitz einer Kommission zu betrauen, die den deutschen Fußball auf neue Beine stellt. Nach vier Stunden konstituierender Sitzung war klar, dass der deutsche Fußball nicht mehr darauf warten werde, dass irgendwo zufällig Talente reifen. Der Deutsche Fußball- Bund (DFB) und die DFL hatten beschlossen, ihren 36 Profi-Vereinen der ersten und zweiten Liga eine gezielte Nachwuchsförderung aufzuerlegen. Dazu gehörte neben sportlicher auch schulische Betreuung – das ganze am besten in einem Leistungszentrum.

    Vorbild war Frankreich mit den Zidanes, Trezeguets und Henrys. Also sind Rettig und seine Komissionskollegen in das Land des Welt- und Europameisters gefahren, um dort zu lernen. „Heute“, sagt Rettig, „kommen die Franzosen zu uns.“ Was sie dort sehen, sind Fördermodelle, die neben der sportlich-schulischen Ausbildung pädagogische, medizinische und psychologische Betreuung bieten und neuerdings auch mit Vollzeit-Pädagogen ausgestattet sein müssen. Die Vorgaben der DFL kontrolliert alle drei Jahre das belgische Unternehmen „Double Pass“. Die Belgier verteilen Sterne. Die „Drei-Sterne-Förderung“ honoriert die DFL je nach Kassenlage mit über 100000 Euro pro Stern. Insgesamt 8,5 Millionen Euro verteilt die Fußball-Liga auf diese Weise. Ausgenommen sind Vereine, die in der Champions League spielen. Damit lässt sich natürlich kein Leistungszentrum unterhalten. 2,5 Millionen Euro investiert ein Bundesligist durchschnittlich in seine Eliteförderung. Gelegentlich finanziert allerdings schon ein einzelner Transfer ein Leistungszentrum auf Jahre hinaus. Als der FC Schalke seinen Musterschüler Manuel Neuer an den FC Bayern abtrat, kassierten die Königsblauen dafür 22 Millionen Euro.

    Auch beim FC Augsburg gibt es bald ein neues Leistungszentrum

    Summen, von denen der FC Augsburg im Moment nur träumen kann. Aber auch die Augsburger sind von der DFL gehalten, an ihrer Zukunft zu arbeiten. Das neue Leistungszentrum des Bundesligisten ist inzwischen so gut wie fertiggestellt. „Mitte Juni“, sagt FCA-Nachwuchsleiter Manfred Paula, „sind wir umzugsfähig.“ Als Nächstes sollen die Fußballfelder umgestaltet werden.

    Der Fahrplan zur WM 2014

    Dienstag, 13. Mai: Freundschaftsspiel Deutschland - Polen in Hamburg Ergebnis: 0:0

    Im Anschluss hat Löw jene 27 Spieler benannt, mit denen er ins Trainingslager in Südtirol gehen will. Theoretisch müsste Löw an diesem Tag auch endgültig den maximal 30-Mann großen vorläufigen WM-Kader benennen.

    Mittwoch, 21. Mai bis Samstag, 31. Mai: Trainingslager in Passeiertal (Südtirol)

    Sonntag, 1. Juni: Freundschaftsspiel Deutschland - Kamerun in Mönchenglabdach, 20.30 Uhr

    Montag, 2. Juni: Nominierung des endgültigen 23 Mann großem WM-Kaders

    Freitag, 6. Juni: Freundschaftsspiel Deutschland - Armenien in Mainz, 20.45 Uhr

    Samstag, 7. Juni: Abflug ins WM-Quartier nach Porto Seguro/Brasilien

    Montag, 16. Juni: Erstes WM-Gruppenspiel Deutschland - Portugal in Salvador 18 Uhr MESZ

    Samstag, 21. Juni: Zweites WM-Gruppenspiel Deutschland - Ghana in Fortaleza, 21 Uhr MESZ

    Donnerstag, 26. Juni: Drittes WM-Gruppenspiel: Deutschland - USA in Recife, 18 Uhr MESZ

    In Augsburg entsteht in mehreren Abschnitten für 2,8 Millionen Euro ein reines Funktionsgebäude mit Außenanlagen. Ein Internat, wie es andere Bundesligisten betreiben, sei für später nicht ausgeschlossen. Aktuell habe man sich aus Kostengründen für dieses Modell entschieden. Die Spieler von außerhalb wohnen gemeinschaftlich nur einige 100 Meter vom Fußball-Zentrum entfernt. Die Kontrolleure aus Belgien waren vom Augsburger Projekt angetan. Sie vergaben zwei Sterne, am dritten war der FCA nah dran. Dafür gibt’s 300 000 Euro, die wieder in die Fußballschule fließen. 1,6 Millionen Euro lässt sich der FCA seine Nachwuchsförderung kosten, womit er allerdings noch immer fast eine Million unter dem Ligaschnitt liegt. Die Widerstände der Vereine aus den Anfangsjahren sind jedoch schon lange passé. Das System der Eliteförderung sorgt für eine Selbstversorgung der Vereine mit Talenten. Es macht die Klubs vom Transfermarkt unabhängig, wie am besten das Beispiel des SC Freiburg belegt, der sich seit Jahren mit selbst gezogenem Nachwuchs in der Bundesliga hält.

    Ständige Verjüngung

    Zudem hält das System den Profifußball jung. Das Durchschnittsalter der Bundesliga-Profis ist in der vergangenen Dekade von 27,12 auf 25 Jahre gesunken. Im europäischen Vergleich sind nur die Spieler der italienischen Serie A jünger. Von dieser ständigen Verjüngung lebt auch die Nationalelf. Joachim Löw hat das jüngste Länderspiel gegen Polen (0:0) zu einem Schaulaufen ehemaliger Eliteschüler umfunktioniert und den jüngsten Kader einer deutschen Nationalelf (21,82 Jahre) seit dem ersten Länderspiel 1908 aufgeboten. Jung also sind die deutschen Talente. Jetzt müssen sie nur noch gleichmäßig verteilt heranwachsen. In der Angriffsspitze nämlich gibt es zum fast 36-jährigen Miroslav Klose noch immer keine jüngere, vergleichbare Alternative.

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