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Der glückliche Stern Bad Wörishofens

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Der glückliche Stern Bad Wörishofens

Der glückliche Stern Bad Wörishofens
Der glückliche Stern Bad Wörishofens

Pfarrer Sebastian Kneipp ist ein Segen für Bad Wörishofen. „Es wird auch weiterhin der glückliche Stern Kneipps nicht von uns weichen“, beschwor Dr. Alfred Baumgarten bei der Ernennung Wörishofens zum Heilbad im Jahr 1920 die Erinnerung an den Pfarrer. Baumgarten war Leibarzt von Sebastian Kneipp bis zu dessen Tod am 17. Juni 1897 und wirkte danach als Mediziner in Wörishofen.

Eine Stadt und ihr Held

Bad Wörishofen verdankt Kneipp alles. Ohne ihn und seine Lehre wäre der Ort wohl bis heute ein beschauliches Dorf im Allgäuer Voralpenland. Aber es kam anders, weil ein Bischof in Augsburg Kaplan Kneipp nach Wörishofen versetzte und der Ort die Geburtsstätte der Kneippkur wurde. Überall in der Stadt spürt man bis heute den Geist Kneipps, besonders intensiv im Kloster. Dort kam der junge Geistliche am 2. Mai 1855 an, um als Spiritual den Schwestern geistlichen Beistand zu leisten und in der klösterlichen Landwirtschaft aktiv mitzuarbeiten. Wer heute die Kneippkur am Originalschauplatz erleben will, der kann ins Kloster gehen. Noch knapp 20 Schwestern leben hinter den dicken Mauern und im Gebäude ist auch ein Kurhaus ansässig, Kneipp zurück zu den Wurzeln, sozusagen.

„Der Wohltäter der Menschheit“, wird Kneipp gern genannt. War er das wirklich? Für die vielen, denen er half, sicherlich. Doch er war auch ein typischer Allgäuer Dickschädel, voll Widerspruchsgeist, stur und starrsinnig. Die Bezeichnung „Wohltäter“ bekommt noch eine zusätzliche Bedeutung, wenn man sich daran erinnert, dass er als eine Art „Robin Hood in Soutane“ agierte: Den Reichen berechnete er immense Behandlungskosten, die Armen untersuchte er kostenlos. Überliefert ist, dass Pfarrer Kneipp ein junges Mädchen behandelte. „Was sind Sie von Beruf?“ fragte er. „Näherin“, antwortete die Patientin. „Dann kostet´s nix“, meinte Kneipp, „ich bin jedes Mal froh, wenn die mich nicht anbetteln.“

Stur und ehrgeizig

Seine Sturheit kommt bereits in frühen Jahren zum Tragen und war wohl letztendlich dafür verantwortlich, dass er ins Wörishofer Kloster kam. Der unerschütterliche Glaube an die Kraft seiner Lehre, auch dies spricht für seinen Dickschädel, im positiven Sinn. Im Jahr 1854 wirkte Sebastian Kneipp als junger Kaplan in der kleinen Gemeinde Boos, nicht weit entfernt von der Stadt Memmingen. Die Cholera war ausgebrochen und Kneipp musste oft den Kranken die letzte Ölung erteilen. Mit seinen in den Jahren zuvor gewonnen Erkenntnissen über die Heilchancen mit Wasser behandelte er die Siechen und konnte Betroffene heilen. Dies erregte das Misstrauen der Mediziner und prompt wurde der „Cholera Kaplan“, wie ihn die Menschen inzwischen nannten, wegen Kurpfuscherei angeklagt und musste sich vor Gericht verantworten. Es kam auch deshalb nicht zur Verurteilung, weil Kneipp dem Richter Tipps zur Behandlung seiner Gichterkrankung gab. Zuvor hatte er sich bei Verhandlung mit den Worten „Soll man die Hilflosen ohne Hilfe und die man noch gut und leicht retten könnte, sterben lassen?“ verteidigt.

Wenig später sah ein Apotheker sein Geschäft durch Kneipps Tätigkeit beeinträchtigt und erneut musste sich der Pfarrer mit einer Anklage auseinandersetzen. Wiederum ging es glimpflich aus. Aber Bischof Peter in Augsburg war hellhörig geworden: Ein Pfarrer in seiner Diözese stand zwei Mal als Angeklagter innerhalb kurzer Zeit vor dem Richter! Dies mag mit ein Grund gewesen sein, warum Sebastian Kneipp nicht an seine Wunschstelle als Leiter des Münchner Waisenhauses versetzt wurde, sondern sich in der schwäbischen Provinz als Dorfpfarrer wiederfand. Zum Glück für Wörishofen, wie wir heute wissen.

"Fritz, der fleißige Landwirt"

Am 7. April 1881 wird Sebastian Kneipp Ortspfarrer von Wörishofen. Der vorherige Pfarrherr war gestorben und für die Verantwortlichen in der Diözese und für die Gläubigen im Ort lag es nahe, den Spiritual Kneipp die geistlichen Amtsgeschäfte zu übertragen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Pfarrer Kneipp in der Beschaulichkeit des Klosters an der Weiterentwicklung seiner Lehre gearbeitet, die nicht nur aus der populären Wassertherapie besteht, sondern auch die Wirkprinzipen Bewegung, Ernährung, Pflanzenheilkunde und innere Balance umfasst. Als Autor landwirtschaftlicher Fachbücher war Kneip ebenfalls in Erscheinung getreten. „Fritz, der fleißige Landwirt“ hieß eine Reihe mehrerer Publikationen.

Nun zeigen sich erste Erfolge, vor allem im Bereich der hydrotherapeutischen Anwendungen. Die Presse wird auf den Landpfarrer aufmerksam, Kurgäste reisen an und schließlich gelingt es dem Erzabt des Klosters Beuron, Maurus Wolter, Kneipp zu überreden ein Buch zu verfassen, in dem er seine Erfahrungen darlegt. „Meine Wasserkur“ erscheint 1886 und wird ein Welterfolg.

Ein Pfarrer als Weltstar

Danach verselbstständigt sich die Entwicklung, Pfarrer Sebastian Kneipp wird zum Weltstar, einschließlich Audienzen beim Papst samt Ernennung zum Monsignore. Erfolg bringt Neider auf den Plan. Kneipp muss sich von 1890 an immer wieder gegen den Vorwurf der Profitgier wehren. Dies gelingt ihm am besten mit Fakten: Die umfangreiche Honorare aus zahlreichen Vortragsreisen und die üppigen Buchtantiemen - „Meine Wasserkur“ verkauft sich millionenfach und der 1889 erschienene Nachfolger „So sollt ihr leben“ ebenfalls - investiert er in Stiftungen in Wörishofen. Das „Sebastianeum“ und das „Kneippianum“ werden gebaut. Die Kurhäuser bestehen bis heute. Im „Kinderasyl“ werden die kleinen Patienten behandelt. Auch diese Einrichtung gibt es noch heute.

Das große Geschäft mit Kneipp machen andere.1893 platzt dem Pfarrer der Kragen. „In neueren Zeiten mehren sich wieder Fabrikanten, welche geröstetes Getreide anpreisen und oft derart mit meinem Namen verquicken, dass das Publikum glauben muss, es liegt für all diese Fabrikate eine besondere Empfehlung von mir vor. Ich muss daher erklären, dass ich allen diesen Fabrikanten fern stehe, „ schimpft Kneipp. Die Geschäfte macht daher künftig nur noch einer. Mit dem Würzburger Apotheker Leonhard Oberhäußer schließt Sebastian Kneipp eine Vereinbarung über den exklusiven Vertrieb von Produkten unter dem Namen Kneipp. Aus dieser Verbindung entwickelten sich die heutigen Kneipp Heilmittelwerke.

Grob und derb

Markant sind die Sprüche des Pfarrers Sebastian Kneipp, der grob und derb, mitunter sogar beleidigend, den Patienten „über´s Maul“ fährt, im wahrsten Sinne des Wortes. „Drei Güss auf´s Maul“ verordnete er einer Patientin in seiner Sprechstunde. Die Dame wollte partout nicht damit aufhören dem Pfarrer wortreich ihre unterschiedlichen Leiden zu schildern. Legendär ist Kneipps Ausspruch „Saufe wolle se alle, aber sterbe will koiner!“. Selbst vor dem Papst machte er nicht Halt. Leo dem XIII., der Kneipp in Rom mehrere Audienzen gewährte, empfahl er regelmäßige Bewegung in den Vatikanischen Gärten. Und wenn es mal regnen sollte, dann „laufat für a paar Mol durch die Sääl“ riet dem Pontifex auf gut schwäbisch.

Nicht zuletzt die volkstümliche Sprache und der deftige Humor trugen zur Popularität von Pfarrer Sebastian Kneipp bei. Er pflegte natürlich dieses Image. Die wachsende Zahl der Kurgäste erwartete geradezu, grob behandelt zu werden. Es war gleichsam der Ritterschlag für den Patient en von Kneipp mit Derbheiten überhäuft zu werden. Die gutsituierten Bürger und der Hochadel gaben sich nach außen hin pikiert, intern jedoch war man amüsiert und befolgte die Ratschläge des Pfarrers, der ja stets ähnliches verordnete: Mehr Bewegung, gesünderes Essen und täglich Wasseranwendungen wie Knieguss oder Armbad. Die Kneippkur ist nichts für zarte Gemüter. Ihr Erfolg liegt in der Abhärtung und Disziplin ist nötig, um Erfolge zu erzielen. Dies ist ganz im Sinne des Erfinders, Pfarrer Sebastian Kneipp.

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