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Öffentlicher Dienst: Tarifkonflikt: Arbeitgeber wollen die Rente kürzen

Öffentlicher Dienst

Tarifkonflikt: Arbeitgeber wollen die Rente kürzen

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    Beschäftigte im Öffentlichen Dienst der Länder protestieren gegen Pläne zur Kürzung der Betriebsrente.
    Beschäftigte im Öffentlichen Dienst der Länder protestieren gegen Pläne zur Kürzung der Betriebsrente. Foto: Christoph Schmidt (dpa)

    Im sich zuspitzenden Tarifkonflikt des Öffentlichen Dienstes der Bundesländer geht es nur vordergründig darum, wie hoch das Lohnplus für die Beschäftigten ausfallen soll. Hier fordern die Gewerkschaft Verdi und der Beamtenbund einhellig 5,5 Prozent mehr Geld, aber mindestens 175 Euro monatlich. Letzteres würde gerade zu einer überproportionalen Steigerung der Gehälter in den unteren Einkommensklassen führen.

    Doch wenn Arbeitnehmervertreter und die Arbeitgeber-Delegation um Sachsen-Anhalts Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD) ab Montag in Potsdam zusammenkommen, liegt noch ein anderer Brocken auf dem Tisch. Es muss geklärt werden, wie künftig die zusätzliche Altersvorsorge der bundesweit rund 800.000 Angestellten im Öffentlichen Dienst der Länder finanziert werden soll. In Bayern sind nach Darstellung der Gewerkschaft Verdi direkt rund 100.000 Frauen und Männer von dem Thema betroffen.

    Droht dem Öffentlichen Dienst eine Rentenkürzung bis zu 20 Prozent?

    Stimmen die Berechnungen der Verdi-Experten, führen die Vorstellungen der Arbeitgeber zu einer Rentenkürzung von bis zu 20 Prozent. „Insofern dürfen sich die Länder nicht wundern, wenn es jetzt zu einer Eskalation kommt“, warnt Verdi-Chef Frank Bsirske.

    Vor der dritten Verhandlungsrunde kommt es deshalb heute auch in Bayern zu Warnstreiks und Protestkundgebungen. In unserer Region könnten nach Recherchen dieser Zeitung Orte wie Augsburg, Kempten, Memmingen, Mindelheim, Weilheim, Schongau, Ingolstadt, Neuburg, Schrobenhausen, Donauwörth und Nördlingen betroffen sein. Die Gewerkschaft hat Beschäftigte von Autobahndirektionen, Straßenmeistereien, Bau-, Wasserwirtschafts- und Finanzämtern zu Protestkundgebungen und Warnstreiks aufgerufen. Die Müllabfuhr und der öffentliche Nahverkehr sind demnach im Freistaat nicht betroffen.

    Die drohenden Einschnitte bei den künftigen Ansprüchen der zusätzlichen Altersversorgung dürften viele Beschäftigte motivieren, bei den Protesten mitzumischen. So sind auch Angestellte des Königsschlosses Neuschwanstein bei Füssen aufgerufen, sich an einer Demonstration in München zu beteiligen. Bei der Kundgebung wird der Plan der Arbeitgeber zur Kürzung der Betriebsrenten für Konfliktstoff sorgen. Nach Darstellung von Bullerjahn geht es dabei nicht um schon erzielte, sondern künftige Anwartschaften. Der SPD-Mann fordert eine Anpassung der 2001 getroffenen Regelung an das längst viel geringere Zinsniveau und die gestiegene Lebenserwartung der Menschen. Sonst sei die Betriebsrente nicht mehr finanzierbar.

    Verdi droht mit Streiks im Öffentlichen Dienst

    Bayerns stellvertretender Verdi-Chef Norbert Flach rechnet gegenüber unserer Zeitung vor, dass die Mitarbeiter bei einer durchschnittlichen monatlichen Zusatzrente von derzeit 361 Euro nach dem Arbeitgebermodell rund 70 Euro weniger bekommen. „Das geht gar nicht. Wir werden das definitiv nicht machen“, sagt er und wirft der Gegenseite „Erpressung“ vor. So blieben den Angestellten nur noch 291 Euro zusätzlich zur normalen Rente, die im Durchschnitt bei 980 Euro liege.

    Die Arbeitgeber um Bullerjahn scheint die ablehnende Haltung der Gewerkschaft nicht zu beeindrucken. Die Länder wollen sich nur dann in der Lohn-Frage bewegen, wenn Verdi Kompromissbereitschaft bei der Zusatzrente zeigt. Im Arbeitgeberlager kursiert eine erschreckende Zahl von rund 22 Milliarden Euro. So hoch falle die Deckungslücke der Betriebsrente bis 2054 aus, wenn nichts passiert. Im Kampf um einen Tarifabschluss setzen beide Seiten Versicherungsmathematiker ein. Hinter den Kulissen heißt es, auch die Gewerkschaft sei auf eine Finanzierungslücke von rund zehn Milliarden Euro gestoßen.

    Tarif-Experten gehen deshalb davon aus, dass sich beide Seiten in der Frage bewegen und Beschäftigte wie Arbeitgeber etwas höhere Beiträge zur Betriebsrente zahlen müssten. Das scheint der Königsweg aus dem Tarifkonflikt zu sein. Ansonsten bleiben nur Urabstimmungen und länger währende Streiks. Daran scheinen weder die Verdi-Leute noch Bullerjahn Interesse zu haben.

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