Startseite
Icon Pfeil nach unten
Wirtschaft
Icon Pfeil nach unten

Kommentar: Warum Quereinsteiger aus der Wirtschaft der Politik gut tun würden

Kommentar

Warum Quereinsteiger aus der Wirtschaft der Politik gut tun würden

    • |
    Der frühere Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) wechselte zur Allianz.
    Der frühere Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) wechselte zur Allianz. Foto: inga Kjer/Archiv (dpa)

    Es muss ein berufliches Leben nach der Politik und eines nach der Zeit als Unternehmer geben. Deutschland krankt daran, dass es anders als etwa in den USA zu wenige Seiteneinsteiger gibt.

    Hierzulande bleibt man gerne unter sich, erfreut sich der Seilschaften. Die Freunde wärmen sich in Hinterzimmern an dem Feuer gegenseitigen Stallgeruchs und werfen Quereinsteigern vor, eben nicht wie all die anderen Kollegen nach jahrzehntelanger Parteiarbeit und Cliquenwirtschaft zu duften.

    Verkrustete Strukturen sind gefährlich

    Dabei sind verkrustete Strukturen gefährlich für Land und Firmen. Die Siemens-Korruptionsaffäre wie der CDU-Parteispendenskandal mit je tiefschwarzen Kassen offenbarten, wozu Männerbünde fähig sind, wenn die Kontrolle fehlt. Schotten sich Machtzirkel ab und wird nur gegen Vasallentreue ein Aufenthaltsrecht zugestanden, fehlt frische Luft durch neue, kritische Geister.

    Genau das können aber am besten Quereinsteiger, etwa Politiker, die in die Wirtschaft wechseln, und Manager, die mit Sachverstand den meist durch mangelnde Wirtschaftskenntnisse geprägten Politikbetrieb aufwirbeln. Wenn ein Mensch von Beruf nur Politiker ist und nichts anderes kann, entsprechen dessen Fähigkeiten nicht den Anforderungen an einen Volksvertreter, der nahe am Menschen und der Wirklichkeit sein sollte.

    Und einem Unternehmer schadet es nicht, zu erleben, wie zäh politische Prozesse sind, wie lange es dauert, bis ein Vorstoß von Hinterzimmern über die Parlamente in ein Gesetz mündet. So beklagt der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Eric Schweitzer, zu Recht, dass es in der Bundesregierung keinen Minister mit ausgeprägter Wirtschaftserfahrung gibt. Auch wenn sie dafür öffentlich kritisiert werden, wagen es zumindest einige Unternehmen, sich politischen Sachverstand an Bord zu holen. Dabei wird ihnen sofort wie jetzt der Allianz vorgeworfen, sich nur die noch vorhandenen Kontakte zur Politik und damit Einfluss auf künftige Gesetze erkaufen zu wollen. Der Versicherungskonzern steht am Pranger, weil er den früheren FDP-Gesundheitsminister Daniel Bahr verpflichtet hat. Stellt dieser Fall einen neuen Skandal dar, wie Politiker der Grünen und Linken suggerieren? Nein, aber dem Wechsel des FDP-Mannes haftet ein Geschmäckle an. Würde Bahr bei einem Tiefkühlkost-Konzern anheuern, wäre das unproblematisch. Doch dass er ausgerechnet in der Branche aufsteigt, für deren Regulierung er verantwortlich war, macht ihn für die Allianz zwar wertvoll. Bahr setzt sich aber permanent dem Verdacht aus, schon früher im Sinne seines neuen Arbeitgebers gearbeitet zu haben, auch wenn das nicht stimmt. Damit handelt es sich um einen heiklen Fall, der von Bahrs Parteikollegen Dirk Niebel noch übertroffen wird, schließlich geht der Ex-Entwicklungs-, also Friedensminister, zum Rüstungskonzern Rheinmetall.

    Politiker sollten erst nach einer Abkühlphase in Firmen wechseln dürfen

    Auch bei Niebel drängt sich die Frage auf: Ist der Mann mit der militärisch anmutenden Mütze nicht besser beim Otto-Versand, Coca- Cola, ja selbst der Allianz aufgehoben? Auf alle Fälle wäre es moralisch in Ordnung, wenn Bahr und Niebel ihre Jobs tauschen könnten.

    Beide Fälle und auch das Theater um den Wechsel des früheren CDU-Kanzleramtschefs Ronald Pofalla zur Bahn zeigen, dass die Politik – wie in der Wirtschaft üblich – endlich einen Political-Governance-Kodex braucht, ein ethisch-hygienisches Korsett. In Paragraf 1 müsste stehen: Politiker dürfen erst nach einer Abkühlphase von einem Jahr in Firmen wechseln. In Paragraf 2 könnte festgehalten sein, dass Ex-Minister wie Bahr in der Wirtschaft nicht die gleichen Themen wie in ihren Ministerien bearbeiten sollten.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden