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Frankfurt: Uniklinik Frankfurt: Intensivstation bleibt gesperrt

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Uniklinik Frankfurt: Intensivstation bleibt gesperrt

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    Multiresistente Keime verbreiten sich zunehmend in der EU. An der Universitätsklinik Frankfurt wurden nun Teile der Intensivstation gesperrt.
    Multiresistente Keime verbreiten sich zunehmend in der EU. An der Universitätsklinik Frankfurt wurden nun Teile der Intensivstation gesperrt. Foto: Boris Roessler/Illustration (dpa)

    Im Universitätsklinikum Frankfurt sind multiresistente und potenziell lebensbedrohliche Keime gefunden worden. Wie das Klinikum vergangenes Wochenende mitteilte, handelt es sich um den Erreger Klebsiella pneumoniae. Insgesamt habe man dem Städtischen Gesundheitsamt fünf positive Patientenproben angezeigt. Drei Patienten seien mittlerweile tot. Laut dem Krankenhaus sei jedoch "mit höchster Wahrscheinlichkeit"  die schwere Grunderkrankung und nicht der nachgewiesene Erreger Schuld am Tod der Patienten. Die Uni-Klinik hat trotzdem entschiedenTeile seiner Intensivstation zu sperren, derzeit können 17 Betten nicht genutzt werden.

    Intensivstation bleibt gesperrt

    Die Uni-Klinik Frankfurt muss sich Fragen und Kritik stellen. Es wurde sogar ein externer Gutachter zu Rate gezogen, der Direktor der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene, Martin Exner. "Soweit ich das sehen kann, ist hier sehr umfassend und zeitnah agiert worden", so Exner. Weder habe es Verzögerungen gegeben, noch seien Personalmangel oder Raumnot die Ursache für die Ausbreitung des Keimes. "Die Rahmenbedingungen sind hier sehr gut." Hessen gelte ohnehin als "beispielhaft" im Umgang mit solchen Keimen. Trotzdem bleibt die Intensivstation weiterhin gesperrt. Am Dienstag hieß es noch, einige Betten könnten am Mittwoch wieder genutzt werden. 17 der insgesamt 34 Intensivbetten sind derzeit gesperrt. Nun sollen die Räume und die Umgebung aber noch einmal mit einem anderen Desinfektionsmittel gereinigt werden - "um ein ganz hohes Maß an Sicherheit zu haben", wie Exner sagte.

    Zwei weitere Patienten mit multiresistenten Keimen infiziert

    Bei zwei weiteren Menschen sei eine Besiedlung mit dem Keim nachgewiesen, sie seien daran aber nicht erkrankt. Wie das Uniklinikum erklärte, wurden nach dem Fund alle Patienten, die sich auf der betroffenen Station befanden, verlegt, isoliert betreut und untersucht. Planbare Operationen seien verschoben, die Station grundlegend und mehrstufig desinfiziert worden. Für Patienten und Besucher des Uniklinikums bestehe keine Gefahr. Vierfach-resistente Keime sind nach Angaben von Ursel Heudorf vom Gesundheitsamt, der zuständigen Aufsichtsbehörde, in Krankenhäusern gar nicht selten. Allein in Frankfurt seien 2016 rund 260 Fälle gemeldet worden. Weitere Fälle in Kliniken lesen Sie hier: Hochresistente Keime in Stuttgarter Krankenhaus gefunden

    Multiresistente Keime: Wie viele Menschen sterben jährlich daran?

    Klebsiella pneumomiae kommt unter anderem im Darm vor und ist für gesunde Menschen ungefährlich. Bei Menschen mit geschwächtem Immunsystem können die Keime jedoch lebensbedrohlich sein. In der Europäischen Union sterben jährlich etwa 25.000 Menschen an den Folgen einer von resistenten Bakterien ausgelösten Infektion. In einem Bericht der Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) wurde zudem deutlich, dass die Widerstandsfähigkeit der Bakterien regional variiert. Im Norden und Westen Europas ist sie geringer als im Süden und Osten. Der am Frankfurter Uniklinikum bei fünf Patienten nachgewiesene Klebsiella pneumoniae 4-MRGN ist gegen alle vier verfügbaren Medikamente resistent. Das Europäische Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) fordert aufgrund solcher Resistenzen einen „zurückhaltenden“ Einsatz von Antibiotika, um die weitere Ausbreitung multiresistenter Keime zu verhindern.

    Uniklinik Frankfurt steht wegen Keimen in der Kritik

    Am Tag der Arbeit teilte die deutsche Stiftung Patientenschutz mit, der Klinikleitung eine schlechte Informationspolitik vorzuwerfen und deshalb von der Politik Konsequenzen zu erwarten. Demnach sollten Kliniken gesetzlich dazu verpflichtet werden, einen Keimbefall innerhalb von 24 Stunden öffentlich kundzugeben, statt wie bisher nur Gesundheitsbehörden zu informieren. Darüber hinaus forderte die Stiftung notwendige verpflichtende Screenings bei der Patientenaufnahme. Der Ärztliche Direktor des Uniklinikums, Jürgen Graf, wies Vorwürfe zurück, man sei nicht vorsichtig genug gewesen. Der schwer kranke Patient war Ende März aus einem anderen Krankenhaus verlegt worden. "Weder das zuweisende noch das aufnehmende Krankenhaus konnten zu diesem Zeitpunkt wissen, dass der Patient einen 4-MRGN-Keim hat", sagte Graf.

    Resistente Keime in Krankenhäusern

    In Deutschland, aber auch in anderen Ländern, sind Krankenhauskeime nicht ungefährlich. Rund 3,5 Prozent der Patienten infizieren sich hierzulande auf Allgemeinstationen mit einem Krankenhauskeim. Auf Intensivstationen sind es sogar 15 Prozent.

    Während in Deutschland zwischen 1000 und 4000 Menschen jährlich tödlich multiresistenten Erregern erliegen, sterben einer Studie zufolge europaweit mehr als 90.000 Patienten pro Jahr an Krankenhausinfektionen. Die Forscher gehen sogar von mehr als 2,5 Millionen Infektionen aus, die sich Menschen zuerst in einer Klinik zuziehen. Das europäische Team mit deutscher Beteiligung hatte sechs häufige Krankenhausinfektionen untersucht. Dazu zählten Lungenentzündungen, Sepsis (Blutvergiftung) sowie Harnwegs- und Wundinfektionen, so die Forscher im Fachblatt "PLOS Medicine". AZ/dpa

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