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Kommentar: Friedrich Merz macht unnötig Hektik in der Kanzlerfrage

Kommentar

Friedrich Merz macht unnötig Hektik in der Kanzlerfrage

Stefan Lange
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    Friedrich Merz will CDU-Kanzlerkandidat werden – heißt es aus seinem „engsten Umfeld“.
    Friedrich Merz will CDU-Kanzlerkandidat werden – heißt es aus seinem „engsten Umfeld“. Foto: Christian Charisius, dpa

    Da hat Friedrich Merz genau das bekommen, was er haben wollte: Aufmerksamkeit, viel Aufmerksamkeit. Aus seinem „engsten Umfeld“ verlautete, der CDU-Politiker wolle für den Parteivorsitz kandidieren. Nun ist Merz vor allem Privatmensch und sein „Umfeld“ dürfte deutlich kleiner sein als beispielsweise das von Annegret Kramp-Karrenbauer, der er im Amt nachfolgen will. Die Chancen stehen dementsprechend ganz gut, dass Merz es selber war, der seine Angriffspläne lancierte. Das ist ihm nicht vorzuwerfen, er folgt damit lediglich den Leitplanken des politischen und medialen Geschäfts.

    Warum zieht Friedrich Merz die Sache nicht ganz durch?

    Der ehemalige Unions-Fraktionschef und Hoffnungsträger der Konservativen muss sich aber vorhalten lassen, dass er seine Kandidatur dann nicht gleich komplett durchzieht. Richtig wäre es gewesen, am Tag danach eine Pressekonferenz abzuhalten und sich der Öffentlichkeit zu erklären. Aber nichts dergleichen geschah. Nach der Ankündigung ruderte Merz sogar eher wieder zurück, mahnte, es gebe überhaupt keinen Grund, Hektik ins Verfahren zu bringen. Und das, nachdem er – beziehungsweise sein „engstes Umfeld“ gerade genau diese Hektik ausgelöst hatte.

    Mit diesem Vorgehen setzt Merz außerdem mögliche Herausforderer unter Druck. Dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet werden Ambitionen auf CDU-Vorsitz und die Kanzlerkandidatur nachgesagt, auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn will noch nach ganz oben. Bisher halten sich beide maximal diplomatisch zurück. Nur wie lange geht das jetzt noch, da Merz vorgeprescht ist und alle darauf warten, wer es mit ihm aufnimmt. Wer zu lange wartet, gilt schnell als Zauderer. Wer sich zu früh aus der Deckung wagt, sieht sich dem Verdacht ausgesetzt, es zu sehr zu wollen.

    CDU-Kanzlerkandidat: Laschet und Spahn stehen nun unter Zugzwang

    Da alle drei potenziellen Kandidaten der CDU Nordrhein-Westfalens angehören, wäre es doch nicht zu viel verlangt gewesen, wenn sich das Trio vorher abgesprochen und gemeinsam vor die Kameras getreten wäre. Beim Wahlvolk und den CDU-Mitgliedern hätte das jedenfalls als vertrauensbildende Maßnahme gewirkt. Stattdessen bringt Merz auch an dieser Stelle völlig unnötig Unruhe in die politische Landschaft, und das zu einer Zeit, in der das Gegenteil dringend erforderlich wäre. Nach den Vorgängen in Thüringen ist das Vertrauen in „die da oben“ nämlich massiv erschüttert. Nicht nur im Osten der Republik hält sich hartnäckig die Meinung, Regierung wie Volksparteien biegen sich ein ordentlich herbeigeführtes Wahlergebnis so lange zurecht, bis es ihnen passt.

    Es steht gerade viel auf dem Spiel. Die Demokratie und unser Parteiensystem sind Belastungen und Angriffen ausgesetzt, die vor wenigen Wochen noch undenkbar erschienen. Spitzenpolitiker müssen sich in einer solchen Situation am Riemen reißen, müssen Vorbild sein und Seriosität ausstrahlen. Vor allem, wenn sie mal CDU-Vorsitzender und Kanzler werden wollen.

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