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Energie: CSU-Politikerin Angelika Niebler warnt: "Uns droht eine Stromlücke"

Energie

CSU-Politikerin Angelika Niebler warnt: "Uns droht eine Stromlücke"

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    Setzt auf Gaskraftwerke: CSU-Politikerin Angelika Niebler.
    Setzt auf Gaskraftwerke: CSU-Politikerin Angelika Niebler. Foto: Marcus Merk

    Nachdem zum Jahreswechsel in Gundremmingen, im schleswig-holsteinischen Brokdorf und im niedersächsischen Grohnde drei deutsche Atomkraftwerke vom Netz gingen, warnen Politiker und Industrievertreterinnen vor einem Strommangel. "Uns droht eine Versorgungslücke, die uns große Sorgen macht", sagt EU-Parlamentarierin und CSU-Politikerin Angelika Niebler, die auch Präsidentin des Wirtschaftsbeirates Bayern ist. Mittelfristig plant Deutschland auch den Ausstieg aus der Kohle-Verstromung. Niebler befürchtet negative Folgen für die Industrie: "Bayern ist einer der wichtigsten Industriestandorte Europas. Wir dürfen die produzierende Industrie nicht aus dem Land vertreiben."

    In der Europäischen Union wird derzeit unter dem Schlagwort "Taxonomie" heiß diskutiert, ob die EU neben den erneuerbaren Energien künftig Atomkraft, aber auch Gaskraftwerke als nachhaltig einstufen soll oder nicht. In Frankreich ist es ein zentrales Anliegen, Atomkraft als nachhaltig einzustufen, mehrere Länder wie Deutschland und Österreich sehen dies kritisch. Niebler erinnert, neben der Nachhaltigkeit die sichere Stromversorgung nicht aus den Augen zu verlieren: "Maßstab muss sein, dass wir gesicherte Leistung auch in Höchstlastzeiten zur Verfügung haben müssen", sagte sie. "Wir müssen in unserem Interesse sicherstellen, dass in Deutschland zu keiner Zeit der Strom weg ist und das Licht ausgeht", mahnt Niebler.

    Niebler: "Es fehlen etwa 50.000 Megawatt gesicherter Leistung"

    In Deutschland, rechnet Niebler vor, beträgt die Jahreshöchstlast rund 80.000 Megawatt (80 Gigawatt). Dies ist die praktisch die Leistung, die bereit stehen muss, wenn die Strom-Nachfrage in Deutschland am höchsten ist. Rund 30.000 Megawatt könnten davon durch bestehende Gaskraftwerke abgedeckt werden. "Geht man davon aus, dass wir Ende 2022 die letzten drei deutschen AKW abschalten und mittelfristig aus der Kohle aussteigen, fehlen uns etwa 50.000 Megawatt gesicherter Leistung", sagt Niebler unter Berufung auf Zahlen des Wirtschaftsbeirates Bayern. Es könnten sogar noch mehr sein, denn der Strombedarf wird durch die E-Mobilität und neue Heizungen eher noch steigen. Der Wirtschaftsbeirat Bayern erwartet auf Basis einer Studie, dass sich die Höchstlast damit Richtung 100.000 Megawatt entwickeln wird.

    "Die so entstehende beständig wachsende Lücke zwischen diesen 30.000 Megawatt und der sich in Richtung 100.000 Megawatt entwickelnden Höchstlast bereitet nicht nur uns beim Wirtschaftsbeirat Bayern, sondern der gesamten deutschen Wirtschaft große Sorgen", berichtet Professor Albrecht Schleich, Vorsitzender des Ausschuss für Energie- und Rohstoffpolitik im Wirtschaftsbeirat.

    Wirtschaftsbeirat fordert Neubau von 130 zusätzlichen Gaskraftwerken

    Dass erneuerbare Energien die Lücke füllen können und sich Deutschland in den nächsten Jahren bereits komplett mit grünem Strom versorgen kann, glaubt Niebler nicht. Sie nennt ein Beispiel aus ihrem Wahlkreis: Die Debatte um die Genehmigung von 5 Windrädern im Ebersberger Forst habe sich über Jahre hingezogen. "Angesichts der Realitäten vor Ort halte ich es für nahezu illusorisch zu glauben, dass Deutschland bis 2035 seinen Strombedarf allein mit erneuerbaren Energien abdecken kann", sagt sie. Sonne und Wind stehen nicht durchgehend zur Verfügung, für die dunklen, windstillen Tage wären Batterien und andere Speicher nötig. "Diese haben wir bisher auch nicht in ausreichendem Umfang", sagt Niebler.

    Die Industriepolitikerin fordert deshalb den Bau von Gaskraftwerken, um Deutschlands Stromversorgung zu sichern. "Wir müssen neben dem Ausbau der Erneuerbaren Energien Gaskraftwerke zubauen. Deutschland braucht neben den Erneuerbaren und dem Strom, der über den Binnenmarkt bezogen werden kann, zahlreiche zusätzliche Gaskraftwerke als Brückentechnologie, bis sich das Land komplett erneuerbar versorgen kann", sagt sie. Gaskraftwerke haben den Vorteil, relativ schnell hochfahren zu können. Sie können einspringen, wenn der Strom von Wind und Sonne gerade knapp ist. "Hier liegt eine gigantische Aufgabe vor uns. Wir müssen auf Gas setzen, da die Atomenergie als Option für Deutschland wegfällt", meint Niebler.

    "Das Ziel der Bundesregierung, den Abschluss des Kohleausstiegs auf 2030 vorzuziehen, kann ohne Beeinträchtigung der Sicherheit unserer Stromversorgung nur mittels eines massiven Zubaus von Gaskraftwerken gelingen, die langfristig auch mit Wasserstoff betrieben werden können", berichtet auch Professor Schleich. Der Wirtschaftsbeirat gehe davon aus, dass bis 2030 umgerechnet über 130 Gaskraftwerke à 300 Megawatt Leistung entstehen müssten, um eine zuverlässige Stromversorgung sicherzustellen.

    Niebler kritisiert Verhalten der Bundesregierung

    In Deutschland hat sich Grünen-Wirtschaftsminister Robert Habeck allerdings skeptisch gezeigt, ob der Einsatz von fossilem Gas auf EU-Ebene als nachhaltig bezeichnet werden kann. "Die Bundesregierung duckt sich bisher weg", kritisiert Niebler. "Ich erwarte von der Bundesregierung, dass sie ein klares Bekenntnis zur Taxonomie ablegt. Die größte Volkswirtschaft in der EU muss eine Meinung zur Versorgungssicherheit haben und dazu stehen."

    In Brüssel könnte es einen Kompromiss darstellen, dass am Ende Atomkraft als nachhaltig eingestuft wird, wie Frankreich es will, aber auch die neuen Gaskraftwerke. "Ich tue mich zwar schwer damit, angesichts von Tschernobyl, Fukushima und der offenen Suche nach einem Endlager die Atomkraft als nachhaltig einzustufen, man muss aber auch die Realitäten anerkennen", sagt Niebler. "Zahlreiche europäische Länder betreiben Atomkraftwerke, darunter Frankreich, Spanien, Finnland, die Niederlande oder Tschechien."

    Zum Jahreswechsel ging unter anderem das Atomkraftwerk Gundremmingen vom Netz.
    Zum Jahreswechsel ging unter anderem das Atomkraftwerk Gundremmingen vom Netz. Foto: Bernhard Weizenegger

    Für die deutschen Gaskraftwerke schließt Niebler Erdgas aus Russland nicht aus. "Wir haben Russland als verlässlichen Gaslieferanten erlebt. Russland wird mittelfristig ein wichtiger Gaslieferant bleiben, auch wenn wir uns in Europa nicht von einem Lieferanten abhängig machen dürfen", sagt Niebler. Eine Lieferung über die umstrittene Pipeline Nord Stream 2 sei durchaus möglich: "Wenn die Kriterien des europäischen Rechts eingehalten werden, spricht nichts gegen Nord Stream 2. Wir müssen aber reagieren können, sollte Russlands Präsident Wladimir Putin die Gaslieferungen als Waffe missbrauchen."

    Mit Blick auf den Klimaschutz ist Erdgas aber immer noch ein fossiler Energieträger, der bei der Verbrennung das Klimagas CO2 freisetzt. Perspektivisch könnten die Kraftwerke aber mit grünem, klimaneutralem Wasserstoff betrieben werden. "Mit Wasserstoff lässt sich ein riesiger Schritt für den Klimaschutz machen. Es ist deshalb richtig, dass neue Gaskraftwerke wasserstofftauglich sein müssen", sagt Niebler.

    Bleibt ein Problem: Auch ein Gaskraftwerk entsteht nicht von heute auf morgen. "Wenn bis zur Fertigstellung eines Gaskraftwerks sieben bis acht Jahre vergehen, ist das viel zu langsam", kritisiert Niebler. "Es ist Aufgabe der neuen Bundesregierung die Planungsverfahren zu beschleunigen." Zudem müsse sichergestellt werden, dass der Betrieb rentabel ist, wenn die neuen Meiler gerade still stehen, sollte genug Sonnen- und Windstrom im Netz vorhanden sein.

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