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Foto: Silvio Wyszengrad (Symbolbild)
Foto: Silvio Wyszengrad (Symbolbild)

Die Tarifreform im Nahverkehr sorgt für viele Diskussionen.

Kommentar
15.02.2018

Augsburg muss beim Nahverkehr umsteuern

Von Jürgen Marks

Die AVV-Tarifreform ist misslungen und wird überprüft. Aber im Licht der neuen Ideen und Konzepte wirkt der Augsburger Weg wie eine verkehrspolitische Geisterfahrt.

In Augsburg und 70 anderen Städten Deutschlands überschreitet die Stickoxidkonzentration im Jahresmittel die Grenzwerte. Ob das tatsächlich die Gesundheit schädigt, darüber streiten die Gelehrten. In jedem Fall muss die Politik Konzepte erarbeiten, um die Luftqualität in den Städten zu verbessern. Denn Fahrverbote will kaum jemand.

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Deshalb ist die Idee eines kostenlosen Nahverkehrs in Städten entstanden, die die Bundesregierung jetzt ins Spiel gebracht hat. Aus diesem Grund hat auch Tübingens Bürgermeister Boris Palmer (Grüne) ein Konzept für die Busnutzung zum Nulltarif in der Schublade, das er seinen Bürgern 2019 zur Abstimmung vorlegen möchte. Ziel ist es, die Städter zum Verzicht auf das eigene Auto zu motivieren.

Augsburger Weg wirkt wie eine Geisterfahrt

Und in Augsburg? Da hat der Verkehrsverbund AVV zum Jahresbeginn eine Tarifreform umgesetzt, die viele Gelegenheitsnutzer mit erhöhten Preisen abschreckt. Manchmal ist sogar Taxifahren mit der Familie günstiger als der Einstieg in die Straßenbahn.

In den Leserbriefspalten unserer Zeitung haben viele Tram- und Busfahrgäste angekündigt, nun wieder vermehrt das eigene Auto zu nutzen. Diese Reform, die der Stadtrat mit den Stimmen von CSU und Grünen – aber gegen das Votum des Partners SPD – durchwinkte, ist ohnehin misslungen und wird bereits überprüft. Aber im Licht der neuen Ideen und Konzepte wirkt der Augsburger Weg wie eine verkehrspolitische Geisterfahrt.

Es braucht eine erneute Reform der AVV-Tarife

Die Stadtregierung täte gut daran, nun ein Gesamtkonzept gegen den den wachsenden Autoverkehr zu entwickeln. Dazu gehört eine erneute Reform der AVV-Tarife, die Tram- und Busfahrten für Gelegenheitsfahrer wieder günstiger macht. Auch die Förderung von Carsharing und die Eindämmung des Parkplatzsuchverkehrs wären Schritte in die richtige Richtung.

Über ein neues Parkhaus könnte nachgedacht werden – ebenso wie über ein verbessertes Parkleitsystem. Wer an einkaufsstarken Samstagen erlebt, wie viele Autos sich mit laufendem Motor vor der Garage am Ernst-Reuter-Platz stauen, der wünscht sich angesichts des Gestanks eine Atemschutzmaske.

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Am Ende braucht es ein machbares Konzept mit einer durchdachten Gegenfinanzierung. Und sei es aus Steuermitteln. Ein Nahverkehr zum Nulltarif wäre aus Sicht der Luftqualität zwar großartig. Doch wird das weder in Augsburg noch bundesweit umsetzbar sein. Es ist schlicht zu teuer. Alleine die 90.000-Einwohner-Stadt Tübingen müsste für die Freifahrten jährlich mehr als 15 Millionen Euro aufbringen – in Augsburg wäre das dreimal so viel.

Aber die Richtung stimmt: günstiger, einfacher, besser. Es wird Zeit, dass die Umweltstadt Augsburg auf diesen Nahverkehrs-Zug aufspringt, statt mit der AVV-Reform in die falsche Richtung zu steuern.

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