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Foto: Silvio Wyszengrad
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Auf dieser Fläche bei Emersacker (Landkreis Augsburg) pflanzten Forstbetriebsleiter Dominik Mendle und sein Team 2022 hunderte junge Eichen. Inzwischen sind alle tot.

Augsburg
29.06.2023

Hunderte Jungbäume vertrocknet: Sommer setzt den Wäldern im Raum Augsburg zu

Von Max Kramer

Plus Lange Trocken- und Hitzephasen bedeuten für die Wälder im Raum Augsburg massiven Stress. Die Folgen sind unübersehbar – und potenziell gefährlich. Ein Ortsbesuch.

Der Zaun ist geöffnet, Dominik Mendle nimmt einen weiten Schritt in die kniehohe Pflanzenwelt. Er stemmt beide Hände in die Hüften und blickt über die Fläche, die sich vor ihm auf über zweieinhalb Hektar erstreckt. Hunderte junger Eichenbäume haben sie hier im vergangenen Herbst gepflanzt, jeden einzelnen händisch. Ein enormer Aufwand, um eine neue Waldfläche entstehen zu lassen. Doch was Mendle, Forstbetriebsleiter der Fuggerschen Stiftungen, an diesem Nachmittag in den Westlichen Wäldern vor sich sieht, ist der Schauplatz eines Massensterbens. Die kleinen Bäume sind allesamt tot, ausgezehrt von den anhaltenden Trockenphasen dieses eigentlich recht jungen Sommers.

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Dabei sah es eigentlich lange gut aus. Das Frühjahr verlief nass, im März und vor allem April regnete es laut Deutschem Wetterdienst (DWD) in Augsburg überdurchschnittlich viel. Doch etwa Mitte Mai begann eine Trockenphase, die über Wochen anhielt. Nach DWD-Angaben lag der Niederschlag im gesamten Mai bei 59,4 Litern pro Quadratmetern - und damit rund ein Drittel niedriger als der langjährige Mittelwert. Gleichzeitig war es bis in den Juni hinein rund zwei Grad wärmer als sonst, auch die Sonnenscheindauer lag etwas über dem Niveau der Vorjahre. DWD-Prognosen zufolge steht ein Dürre-Sommer bevor.

Klimawandel und Dürre-Perioden setzen Westliche Wälder unter Stress

Die Folgen für Bäume sind massiv. Insbesondere jüngere Exemplare, die wegen ihres begrenzten Wurzelgeflechts auf Feuchtigkeit in oberen Bodenschichten angewiesen sind, leiden. Dominik Mendle beugt sich über einen der verdorrten Eichenbäume, er reibt die braun-vertrockneten Blätter zwischen den Fingern. "Hier ist nichts mehr zu retten", sagt der Forstbetriebsleiter, daran änderten auch vereinzelte Schauer in den vergangenen Tagen nichts. Die zweieinhalb Hektar große Fläche bei Emersacker (Landkreis Augsburg) liegt trotz des Walds nebenan recht offen, die Sonne brennt also nahezu ungehindert auf die Pflanzen am Boden. "Ohne diese Extreme hätten sie aber eine gute Chance gehabt", betont Mendle. "Wobei ja die Extreme inzwischen schon fast die Normalität sind."

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Foto: Silvio Wyszengrad
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Spuren, die Hitze und massive Sonneneinstrahlung hinterlassen: ein Baum mit "Sonnenbrand" in den Westlichen Wäldern.

Nicht nur in den Westlichen Wäldern versuchen sie, den Baumbestand an immer länger anhaltende Dürrephasen anzupassen - weg von einzelnen, sensiblen Arten wie Fichten, hin zu einer größeren Vielfalt - Stichwort Mischwald - mit robusteren Bäumen. "Wir kämpfen mit allen Mitteln, bei manchen Aufforstungsprojekten auch erfolgreich", sagt Mendle. "Aber der Klimawandel verläuft so rasant - in diesem Tempo können wir kaum umsatteln." Das Wetter hinterlässt im gesamten Wald Spuren: Manche Bäume haben "Sonnenbrand", stoßen also besonders exponierte Stellen schuppenartig nach außen ab, manche haben für diese Jahreszeit unüblich viele vergilbte Blätter, manche sind wegen der Belastung anfälliger und können sich gegen Parasiten und Krankheiten kaum noch wehren. Am Boden liegt ein Teppich aus staubtrockenem Totholz, Nadeln, Zapfen, Moos.

Gerade dieses Gemisch kann schnell zur Gefahr werden, wenn es Feuer fängt. "So trocken, wie die Wälder momentan sind, reicht eine Zigarettenkippe und zack, alles in Flammen", sagt Mendle. In seinem Bereich, die Fugger'schen Waldgebiete umfassen seinen Abgaben zufolge rund 3200 Hektar, habe es noch nicht größer gebrannt. "Die Gefahr ist aber immer da, und wir sind ihr komplett ausgeliefert", sagt Mendle.

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Hitze und Trockenheit erhöhen Waldbrandgefahr im Raum Augsburg

Wegen des leichten Wetter-Umschwungs der vergangenen Tage liegt der Waldbrand-Gefahrenindex in Augsburg aktuell im niedrigen Bereich, für Donnerstag ist die Stufe zwei von fünf prognostiziert. Dass es dabei nicht bleiben wird, ist allen Beteiligten bewusst. "Ich gehe aktuell davon aus, dass wir wie im letzten Jahr wieder eine längere Sonnenperiode haben und damit auch die Waldbrandgefahr weiter steigen wird", sagt Augsburgs Ordnungsreferent Frank Pintsch (CSU). Er verweist insbesondere auf die Wald- und Freiflächen im Süden und Norden, wo "mit Blick auf das bebaute Gebiet natürlich eine rasche Gefahr entstehen" könne.

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Trockenes Totholz kann dazu beitragen, dass sich Waldbrände schnell ausbreiten.

Nach Auskunft von Pintsch ereigneten sich seit 2020 im Stadtgebiet jeweils zwei kleinere Flächenbrände auf Grasflächen und Waldbrände, hinzu kam im vergangenen Jahr ein massives Feuer auf einem Getreidefeld in der Mühlhauser Straße. Die Mittel, solche Brände zu verhindern, sind begrenzt. Da die meisten Brände im Freien durch Menschen verursacht werden, setzt Pintsch neben der Luftbeobachtung durch die Regierung von Schwaben auch auf Aufklärung sowie Grill- bzw. Rauchverbote in Waldgebieten. Zusätzlich probe die Feuerwehr immer häufiger und intensiver entsprechende Brand-Szenarien.

Um die Risiken in ihren Wäldern langfristig zu minimieren, greift die Forstverwaltung der Stadt mit Revieren in und um Augsburg insbesondere auf "waldbauliche Methoden" zurück. Einerseits verwende man verstärkt Laubbaumarten, da diese weniger gefährdet seien. Andererseits versuche man, eine Art Schicht-Modell zu etablieren - angefangen bei jungen Bäumen am Boden über einen Bestand in der Mitte bis zu einer überdachenden Oberschicht. Dadurch würden Winde beruhigt und abgehalten, der Boden werde beschattet und so vor Austrocknung bewahrt. Zudem werde es insgesamt kühler. 

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Der Wald im Hitze-Stress: Ein Rundgang durch die Westlichen Wälder
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Die Fürstlich und Gräflich Fuggerschen Stiftungen haben rund 3200 Hektar Waldfläche. Dort zeigt sich, welche Spuren anhaltende Hitze- und Trockenphasen hinterlassen.

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Auf dieser zweieinhalb Hektar großen Fläche bei Emersacker (Landkreis Augsburg) wurden 2022 hunderte junge Eichen gepflanzt. Alle starben wegen ausbleibender Regenfälle.

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Jüngere Bäume sind wegen ihres begrenzten Wurzelgeflechts auf Feuchtigkeit in oberen Bodenschichten angewiesen sind. Regnet es nicht, trocknen die Pflanzen langsam aus.

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Der Schaden dieses gescheiterten Aufforstungsprojekts liegt bei rund 10.000 Euro. Dennoch sind dort Neupflanzungen geplant.

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Auch von oben ist die Trockenheit erkennbar - vereinzelte Regenschauer ändern daran nichts.

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Bei manchen Bäumen macht sich die anhaltende Sonneneinstrahlung durch einen "Sonnenbrand" bemerkbar. Dabei stoßen sie die betroffenen Stellen der Rinde schuppenartig nach außen ab.

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Immer mehr Forstbetriebe setzen wegen des Klimawandels auf Mischwälder.

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Auch ältere Bäume weisen an Blättern vergilbte Stellen auf. Grund sind häufig Hitze und Trockenheit. Bäume werden dadurch zudem anfälliger für Parasiten und Krankheiten.

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Am Boden liegt ein Teppich aus staubtrockenem Totholz, Nadeln, Zapfen, Moos.

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Die ausgetrockneten Böden erhöhen auch die Waldbrandgefahr.

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Unter den richtigen Bedingungen können Aufforstungsprojekte jedoch auch gelingen - wie an diesem geschützten Fleck.

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Hier gedeihen die jungen Bäume wie vorgesehen.

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Wälder auf den Klimawandel einzustellen, ist eine große Herausforderung. Der Trend weg von der Fichte, hin zu mehr Artenvielfalt.

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Teils werden Zäune eingesetzt, um Jungpflanzen zu schützen – auch vor im Wald lebenden Wildtieren.

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