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Foto: Gollnow, dpa (Symbol)
Foto: Gollnow, dpa (Symbol)

In der Augsburger Innenstadt gilt Maskenpflicht, Radler waren bislang aber ausgenommen. Nun gibt es wegen Polizeikontrollen offene Fragen.

Augsburg
26.12.2020

Maskenpflicht auf dem Fahrrad? Nach Kontrollen herrscht Verwirrung

Von Tobias Karrer

Plus Die Polizei hat Radfahrer in Augsburg kontrolliert, die keine Maske trugen. Die Stadt sagt, ein Mund-Nasen-Schutz sei nur für Fußgänger nötig. Doch wer hat nun Recht?

Als sie am Donnerstag zwischen Königsplatz und Rathausplatz von der Polizei angehalten wurde, hat sich Vera Decke erst einmal gewundert. Sie stieg von ihrem Fahrrad ab, zog die Mund-Nasen-Bedeckung auf, die sie immer parat hält, und wartete, bis der Polizist ihr erklärte, worum es geht. Ratlos war sie, als er ihr sagte, dass sie gegen die Maskenpflicht verstoßen habe. Auf ihre Nachfrage, ob die Ausnahme für Fahrradfahrer nicht mehr gelte, betonte der Beamte, dass das auf der Website der Stadt oder auf Instagram längst kommuniziert worden sei. Doch da ist nichts zu finden.

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Ein Anruf bei der Corona-Hotline der Stadt Augsburg konnte ebenfalls nicht klären, warum die Beamten die Studentin kontrolliert und 250 Euro Strafe wegen Verstoßes gegen die Maskenpflicht in Aussicht gestellt hatten. Eine Mitarbeiterin der Stadt erklärte, dass ihr kein Beschluss bekannt sei, der die Ausnahme aufhebt. Der Beamte habe von „klaren Anweisungen aus dem Innenministerium“ gesprochen, erinnert sich Vera Decke.

Die Straßenbahn ist in Augsburg für Radler keine Alternative

Die 26-Jährige hegt keinen Groll. Der Beamte habe sich freundlich und professionell verhalten, erklärt sie. Vera Decke hat auch kein Problem mit der Maskenpflicht in der Innenstadt, nur auf dem Fahrrad trägt sie die Maske nicht immer, da ihre Brille sonst schnell beschlägt. „Das kann gefährlich werden“, erklärt sie. Sollte die Ausnahme von der Maskenpflicht für Fahrradfahrer in Zukunft tatsächlich nicht mehr gelten, weiß sie noch nicht genau, was sie weiter machen wird. „Die voll besetzte Straßenbahn zu nehmen ist auch im Hinblick auf die Infektionsgefahr nicht sinnvoll“, sagt die Studentin, die regelmäßig ins neue Leopold-Mozart-Zentrum muss.

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In der neuesten bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung, die auch die Corona-Hotline der Stadt als Richtwert nennt, steht in Absatz eins, dass jeder Bürger an Stellen im öffentlichen Raum, an denen er den Mindestabstand nicht einhalten kann, Maske tragen „soll“ – auf den ersten Blick also keine Pflicht. Unter Augsburger Radlern wird das Thema nun intensiv diskutiert. Auch auf Twitter bat ein User die Stadt um Klärung.

Die Polizei beruft sich auf das bayerische Innenministerium

Das Polizeipräsidium Schwaben-Nord äußert sich nicht zu der Frage, ob es tatsächlich eine Anweisung vom Bayerischen Innenministerium gab, Radfahrer zu kontrollieren. Ein Sprecher zitiert aber ebenfalls aus der aktuell gültigen Verordnung. In Absatz 24 sei zu lesen, dass Maskenpflicht auf allen von der zuständigen Verwaltungsbehörde festzulegenden „zentralen Begegnungsflächen in Innenstädten“ gilt. Fahrzeuge werden im Text der Verordnung nicht erwähnt, weshalb sich das Polizeipräsidium auf die Richtlinien des Innenministeriums bezieht. Dort wird konkretisiert: Die Maskenpflicht gilt „unabhängig davon, mit welchen Verkehrsmitteln man unterwegs ist“.

Tatsächlich wurden bei den Kontrollen laut Polizei nur zwei Personen auf dem Fahrrad angehalten, weil sie keine Maske trugen. Der Sachverhalt werde – „wie üblich bei festgestellten Verstößen“ – an die zuständige Verfolgungsbehörde weitergeleitet.

Stadt Augsburg hält an ihren Corona-Regeln fest

Damit ist die Stadt Augsburg gemeint, die bisher an der Ausnahme für Radler festhält. Gesundheitsreferent Reiner Erben (Grüne) erklärt: „Die Stadt hat das Staatsministerium für Gesundheit und Pflege um Klärung gebeten, ob die Maskenpflicht nach Ansicht der Staatsregierung wirklich für alle Personen gilt, die sich im öffentlichen Raum der Zonen mit Maskenpflicht aufhalten – also auch Personen im Auto, auf dem Motorrad, auf dem E-Scooter oder eben auf dem Fahrrad“. Die Augsburger Verwaltung sei weiterhin der Ansicht, dass die Maskenpflicht nur für Menschen gelte, die zu Fuß unterwegs sind. Hier bestehe „Covid-19-Infektionsschutzrisiko“.

Die Regeln der Stadt Augsburg gelten damit weiter, bis sich das Staatsministerium äußert. Das heißt: keine Maskenpflicht im eigenen Auto, auf dem E-Roller, dem Motorrad oder dem Fahrrad. Auch die Ausnahmen für Individualsport wie zum Beispiel Joggen bleiben bestehen. Mit der Polizei sei vereinbart, dass „in dieser Sache“ bis zur endgültigen Klärung durch das Ministerium keine Kontrollen mehr stattfinden. Sobald neue Erkenntnisse da sind, will die Stadt informieren. Für Vera Decke ist die wichtigste Information allerdings: Die verhängten Bußgelder werden nicht vollstreckt. Die beiden kontrollierten Radler „haben sich zu diesem Zeitpunkt regelkonform verhalten“, so die Begründung des Gesundheitsreferenten.

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