„Don’t bring me down“, „Rock’n’Roll is King“, „Xanadu“, „Calling America“, „Evil Woman“ – die Liste an Stücken des Electric Light Orchestras (ELO), die in den 1970er und 80er Jahren in Radio-Dauerschleife liefen, scheint endlos. Während ELO einst locker die riesige Londoner Wembley-Arena füllte, haben heute immer weniger Menschen ihre Ohrwürmer auf dem Schirm, auf Live-Bühnen sind sie eine Seltenheit. Umso bemerkenswerter, dass ein gewisser Phil Bates sich des ELO-Erbes angenommen hat. Mit fünfköpfiger Band haucht er etlichen ihrer Single-Hits wieder Leben ein. Auf seiner Deutschland-Tour machte er jetzt im Augsburger Spectrum Halt.
Die Geschichte von ELO ist eine komplizierte. Nachdem Jeff Lynne 1986 die Auflösung der Band verkündete, gründete nach Rechtestreitigkeiten Originalschlagzeuger Bev Bevan ELO Part II. Diese Nachfolgeformation sollte einige Jahre Bestand haben und zwei Alben veröffentlichen. Auf dem zweiten spielte auch ein gewisser Phil Bates mit, der nach Bevans Ausstieg die ELO-Musik nun weiter auf die Bühnen dieser Welt trägt. Unter dem sperrigen Namen „Phil Bates & Band presents the Music of ELO“ schlüpfte er nun im Spectrum in die Rolle von Jeff Lynne, des Komponisten und Masterminds von ELO.
ELO, das war die furiose Mixtur aus Klassik und Rock‘n‘Roll
Mit seiner Lockenmähne ähnelt Bates seinem Vor-Vorgänger nicht nur optisch, auch die Stimme passt hervorragend. Tief verneigt er sich tief vor „Lynnes vielen kleinen Kompositionen“. Nur ein einziges Stück der wenig erfolgreichen Nachfolgeformation ELO Part II taucht im Spectrum auf, ansonsten ist die Bühne frei für die experimentellen Anfänge, die poppige Spätphase und natürlich die furiose Mixtur aus Klassik und Rock‘n‘Roll wie in „Roll over Beethoven“.
Stracks marschieren Bates und Band durch all diese Epochen. Zu Disco-Beats und Glam-Pop schrauben sich die Falsett-Stimmen von Bates und Bassist Ralf Vornberger in schwindelerregende Höhen. Erstaunlich nahe liegt auch Keyboarderin Jo Bates an der Gesangsstimme von Olivia Newton-John in dem Musical-Song „Xanadu“. Solistisch dürfen alle Musiker einmal zeigen, was sie draufhaben, gemeinsam wiederum im herrlich komplexen „Mr Blue Sky“. Geist und Gefühl stimmen, kaum ein ELO-Hit fehlt, die Stimmung im Saal wird zunehmend heiterer und explodiert beim wuchtig stampfenden „Groos - Don’t bring me down – Nononononooo“ in einem freudigen Zuschauerchor. Bates pustet nicht mal am ELO-Staub. Er belässt ihn auf seiner kleinen Zeitreise im lückenhaft gefüllten Spectrum.
Das „Orchestra“ ist leider etwas schmal besetzt
Die Musik von ELO lebt einerseits vom vielstimmigen Gesang, insbesondere aber auch vom Crossover aus eingängigem Pop und klassischen Streichern. Mit nur einer Geige fällt das „Orchestra“ von Bates allerdings nicht sonderlich opulent aus. Susanne Filep streicht die Violine mal zart, mal zackig und zupft die Saiten oft nur mit den Fingern. Um den ELO-Sound dennoch mächtig und opulent wirken zu lassen, sind zwei Personen an Keyboards und Synthesizer beschäftigt. Allerdings krankt der Sound im Spectrum an einer matschigen, wenig differenzierten Abmischung. Die elektronischen Klänge überdröhnen die viel zu dezent eingestellte Violine oder Bates gelegentliche Soli an der elektrischen Gitarre.
Die Fans nehmen es gelassen. Sie sind hier, um die Lieder von ELO zu feiern und noch einmal zu erleben. Wer weiß, wie lange das noch möglich ist. Wahrscheinlich wird die faszinierende Musik des Electric Light Orchestra bald schon nicht mehr live zu hören sein. Sowohl Jeff Lynne (77) von der originalen Besetzung als auch Phil Bates (71) von der Nachfolgeformation sind in einem gewissen Alter und denken ans Aufhören.
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