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Live-Journalismus: Augsburger Allgemeine Live: Markus Lanz geht nun gelassen mit Kritik um

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Augsburger Allgemeine Live: Markus Lanz geht nun gelassen mit Kritik um

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    Markus Lanz sprach bei "Augsburger Allgemeine Live" über Politik und seine Expeditionen - aber auch über seine Zeit als Moderator von "Wetten, dass ..?".
    Markus Lanz sprach bei "Augsburger Allgemeine Live" über Politik und seine Expeditionen - aber auch über seine Zeit als Moderator von "Wetten, dass ..?". Foto: Ulrich Wagner

    Für Markus Lanz zählt: Hat jemand etwas zu erzählen? Und: Kann er erzählen? Er meint damit die Auswahl der Gäste für seine ZDF-Talkshow. Nach diesen Kriterien allerdings wäre Markus Lanz selbst ein guter Gast in der eigenen Sendung. Am Donnerstagabend ist er es bei der neuen Ausgabe von „Augsburger Allgemeine Live“ im Kleinen Goldenen Saal in Augsburg.

    Er kann Geschichten erzählen und hat etwas zu erzählen. Über seine Expeditionen an Süd- und Nordpol („Ich bin gerne an kalten Orten“) und jene nackten, Wodka-beseelten Russen, auf die er dort einmal traf. Über seine Reportage-Reise in die USA vor der Wahl Donald Trumps zum Präsidenten („Man konnte wissen: Er hat eine echte Chance, die Wahl zu gewinnen“). Über das Brexit-Diskussionen-geplagte England, in dem er kürzlich war. Über seine Mutter, die noch nie das Meer gesehen habe – und dennoch zufrieden mit ihrem Leben sei. Oder über die Bergbauern des Pustertals, seiner Heimat, die er so gerne fotografiert. Markus Lanz zeigt sich im Gespräch mit Chefredakteur Gregor Peter Schmitz als weltgewandt, als politisch interessiert. Vor allem aber als jemand, den die Frage leitet: „Wo sind die Wurzeln für die Dinge?“ Man merkt das auch, wenn man seine Sendung sieht. Seine Talkshow, die nach ihm benannt wurde.

    Markus Lanz schreibt mit seiner Talkshow regelmäßig Schlagzeilen

    Man hat es im TV-Geschäft ganz gewiss geschafft, wenn eine Sendung den eigenen Namen trägt. Und wenn nach jeder Folge ausgiebig über einen berichtet wird – über einen selbst, nicht über seine Talk-Gäste. Nach der „Markus Lanz“-Ausgabe vom vergangenen Dienstag war das wieder einmal so. Die Berliner Morgenpost schlagzeilte online: „Womit Sascha Lobo Markus Lanz schockte“. Derwesten.de schrieb: „Markus Lanz blafft Sascha Lobo an“. Alle Augen auf Lanz! Es ging übrigens darum, dass der Spiegel-Kolumnist Lobo – Sie wissen schon, das ist der mit dem roten Irokesenschnitt – „eine menschenwürdige digitale Infrastruktur“ gefordert hatte. Gerade auch mit Blick auf das Problem der Abwanderung aus Ostdeutschland. Lanz fand das mit der Menschenwürde dann doch etwas übertrieben und sagte das auch. Was offensichtlich Eindruck machte.

    Überhaupt gibt es inzwischen eine lange, lange Liste von Lanz-Momenten. Und erstaunlich dabei ist, dass sich etwas gedreht hat. Standen diese Lanz-Momente eine Zeit lang eher für Peinlichkeiten und das Wort „anlanzen“ abwertend für seine Art der Interviewführung, so verbindet man mit ihnen heute das Gegenteil: starke Szenen. Szenen, die aus dem Talkshow-Einerlei herausragen. Das schaffen nur wenige Moderatorinnen und Moderatoren. Dass sich die öffentliche Wahrnehmung geändert hat, stellt man fest, wenn man die TV-Kritiken liest. Zuletzt war gerade auch in Journalistenkreisen häufiger zu hören, dass Markus Lanz derzeit den besten Polit-Talk mache. Kollegenlob statt Kollegenschelte. Und: Während die Quoten von „Maischberger“ oder der „Münchner Runde“ bröckeln, holt Lanz selbst zu sehr später Stunde noch Millionen Zuschauer vor die Fernseher. Am Dienstag zum Beispiel waren es ab 22.45 Uhr durchschnittlich 1,62 Millionen und ein Marktanteil von sehr guten 12,1 Prozent.

    Lanz zu „Wetten, dass..?“: "Ich war zur falschen Zeit am falschen Ort"

    Lanz hat lange dafür gearbeitet. Nachdem er Ende der 90er seinen Durchbruch bei RTL hatte und zum Sendergesicht geworden war, ging es ab 2008 – als er zum ZDF kam – für ihn recht wechselhaft weiter. Der Tiefpunkt, der eigentlich ein Höhepunkt seiner Karriere hätte sein sollen: „Wetten, dass..?“. Lanz hatte das einstige Unterhaltungsflaggschiff des ZDF2012 von Thomas Gottschalk übernommen, da hatte die Show ihre besten Zeiten längst hinter sich. Dass Lanz schließlich als „Totengräber des Formats“ angegangen wurde, war ungerecht.

    Er hatte sich ehrlich und sichtbar ins Zeug gelegt, doch er hatte auch kein Fettnäpfchen ausgelassen. Die große Samstagabendshow und er wollten einfach nicht zueinander finden und passen. 2014 musste er das „Wetten, dass..?“-Aus verkünden. Bei „Augsburger Allgemeine Live“, das erstmals von der Fürst Fugger Privatbank präsentiert wurde, sagt er am Donnerstagabend dazu: „Ich war zur falschen Zeit am falschen Ort.“ Nach so einer Erfahrung müsse man aber einfach weitermachen. Was auch sonst?

    Markus Lanz spricht über einen Tiefpunkt

    Im selben Jahr, 2014, hatte Lanz bereits einen anderen Tiefpunkt erleben müssen: ein Interview mit der Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht in „Markus Lanz“, das zu einer Online-Petition führte. „Raus mit Markus Lanz aus meiner Rundfunkgebühr!“, forderten Zehntausende. Lanz habe sich „wie ein wildgewordener Kleinbürger benommen“, hieß es, er sei unhöflich gewesen, Wagenknecht über den Mund gefahren. „Stürzt Markus Lanz über die rote Wagenknecht?“, fragte die Welt. Ein TV-Skandal. Lanz entschuldigte sich – und machte weiter. Heute, sagt er, tausche er sich mit Wagenknecht aus. „Ich mag Sahra Wagenknecht – immer schon.“ Und zur Petition? „Ich habe jeden Abend Leute, die meine dringende Absetzung fordern.“

    Lanz sieht es offensichtlich inzwischen gelassen. Eine Gelassenheit, die auch von seiner Herkunft kommt. Er wurde 1969 in Bruneck in Südtirol geboren, wuchs in „kleinen Verhältnissen“ auf. Der Erfolg fiel ihm nicht zu, Promi-Allüren sind ihm fremd. Deutschland, in das er Ende er 80er Jahre der Liebe wegen kam, habe er viel zu verdanken. Dieses Deutschland aber sei noch ein anderes gewesen damals, ein „bräsiges Helmut-Kohl-Deutschland“. Was aus dem Land geworden ist, beunruhigt Lanz durchaus. Auf der einen Seite die wirtschaftliche Stärke, der Wohlstand. Auf der anderen die zunehmende Polarisierung. Der Aufstieg der Rechtspopulisten, der AfD. „Ich habe oft das Gefühl, wir arbeiten uns viel zu sehr an der AfD ab“, sagte der Talker im Kleinen Goldenen Saal vor etwa 300 Zuhörern, „aber wir fragen uns nicht: Warum gibt’s die überhaupt?“

    Es sind solche Fragen, solche Probleme, die ihn umtreiben. Und von denen er in Südtirol Abstand gewinnt. Dort, wo er reihenweise Bergbauern-Höfe aufkaufe, wie das Entertainer Harald Schmidt kürzlich als Gast bei „Augsburger Allgemeine Live“ scherzend meinte? Als Schmidt am Ende des Abends damals hörte, dass Markus Lanz bald als Gast erwartet werde, bestellte er ihm umgehend seine Grüße. „Da kann ich schon eine Pointe vorab liefern“, sagte er. Markus Lanz komme ja aus Südtirol, begann er. „Und wenn Sie da Urlaub machen, sitzen Sie noch nicht zwei Minuten am Tisch in einer beliebigen Wirtschaft, da kommt der Wirt und sagt: Des da oben hat alles der Markus kauft!“ Lanz lacht. „Das ist Quatsch!“ Dafür wisse er, in welchem Chalet Schmidt Urlaub mache. Und das sei sehr teuer. Guter Konter!

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