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Pro und Contra: Frage der Woche: Im Auto essen?

Pro und Contra

Frage der Woche: Im Auto essen?

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    Essensverbot im Auto oder genüsslich in die Bäckertüte greifen?
    Essensverbot im Auto oder genüsslich in die Bäckertüte greifen? Foto: karinabost, stock.adobe.com

    Pro: Der Biss in die Auto-Stulle ist ein Urlaubsmoment

    Es gibt tatsächlich Typen, die garen Lachs oder Kartoffeln unterwegs im heißen Motorraum ihres Autos, passen die Wegstrecke an die Garzeiten an, teilen Rezepte. Carbecue nennt man das. Extremfälle sind das natürlich. 

    Aber man kann sie irgendwie verstehen. Essen im Auto ist großartig. Was gibt es besseres als eine Wurst- oder Käsesemmel, unterwegs heraus gekruschtelt aus einer Tüte hinterm Fahrersitz? Ein feines Reise-Ritual. Man hat nach der wilden Packerei endlich die Autobahn erreicht, lehnt sich zurück, lässt die Landschaft an sich vorbeiziehen. 

    Gut, ab und zu flucht der Ehemann über einen anderen Autofahrer, aber das muss man nicht weiter an sich heranlassen, Hauptsache, die Paprika und der Rucola fallen nicht auf die helle Hose. Der Biss in die Auto-Stulle ist ein erster Entspannungsmoment, eine Form des Angekommenseins im Unterwegssein. Besseres Fastfood gibt es nicht als das Sandwich to go im Autositz. 

    Dass sich dabei ein paar Brösel im Auto verteilen, sind zu vernachlässigende Kollateralschäden. Was man von den Lebensmitteln, die im Kühlschrank vergammeln oder weggeworfen werden müssten, nicht sagen könnte. Und warum an Raststätten teures, oft übles Zeug kaufen, wenn man doch alles, den eigenen Wünschen entsprechend, im Auto haben kann? Es ist doch ein Phänomen, man schmiert Brötchen, dass man, gefühlt, locker bis Sizilien durchbrettern könnte. Aber vor dem Brenner sind die Vorräte jedes Mal mehr als bedenklich geleert. Dafür gibt es nur eine ziemlich unlogische Erklärung: Dem Fahrsemmel-Moment muss ein besonderer Zauber innewohnen. (Doris Wegner

    Contra: Als Beifahrer sitzt man ungern zwischen Essensresten

    Man muss kein Autofetischist sein, um das Futtern während der Fahrt zu verdammen. Man muss auch nicht den Moralapostel spielen ... ja, ja, Vollbremsung mit heißem Kaffee in der Hand ist riskant, und bei 150 Sachen auf der Autobahn nach den roten Gummibärchen in der Tüte wühlen, eine heikle Angelegenheit. 

    Man kann beim Knabbern in der Karre auch einfach mal an den Beifahrer denken. Ist ja nett, eine Mitfahrgelegenheit zu bekommen, aber wenn man erst die Chipstüten, verschmierten Servietten und Essensboxen vom Sitz schaufeln muss, und der Fußraum einem überquellenden Abfalleimer gleicht, hilft ein entschuldigendes Wirf-alles-nach-hinten oder Steig-ruhig-drauf auch nichts. Da sitzt man dann in der fahrbaren Müllhalde, während einem Kaffeereste über den Schuh rinnen, Krümel in den Hintern piksen, und sehnt sich nach den Öffis. Da kann man wenigstens ausweichen, wenn Mittagessensreste am Sitz kleben. 

    Nach zehn Minuten Fahrt beginnt dann das würdelose Schauspiel: Der Fahrer kramt eine Tüte hervor (Chips, Erdnüsse, Salzstangen – Autoesser haben immer was gebunkert, man weiß ja nie, was kommt zwischen A8 und Mittlerem Ring), greift beherzt hinein und mit fettverschmierten Fingern ans Lenkrad und wieder hinein ... bis die letzten Brösel direkt aus der Packung geleert werden, auf den Fahrer herabrieseln und man nur rufen möchte: Schau nach vorn und nicht in die Tüte! 

    Aber als Beifahrer hat man im Speisewagen nichts zu melden. Man ignoriert das verschimmelte Brot im Seitenfach, sieht über die geschmolzene Schokolade auf dem Armaturenbrett hinweg, bedankt sich für die nette Mitfahrgelegenheit – und holt sich erst mal was zu essen. (Felicitas Lachmayr)

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