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Kommentar: Ohne die Generation Elektro kommt VW nicht voran

Kommentar

Ohne die Generation Elektro kommt VW nicht voran

Stefan Stahl
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    Keine Experimente: Auch der neue Gold sieht aus wie ein Golf.
    Keine Experimente: Auch der neue Gold sieht aus wie ein Golf. Foto: Volkswagen

    Auf die Generation Golf muss die Generation Elektro folgen. Sonst hat Volkswagen ein massives Problem. Der Konzern investiert Milliarden in seine Elektro-Offensive, um die rußigen Schatten des Diesel-Skandals zu verscheuchen und die Pariser Klimaziele zu erfüllen. Volkswagen beabsichtigt, bis 2050 CO2-neutral zu sein, was ein ambitioniertes Ziel ist. Dies zeigt sich allein daran, dass der Konzern bis 2025 die hohe Zahl von rund 70 Elektro-Modellen anbieten will. Jährlich sollen dann über drei Millionen solcher Autos verkauft werden. Was für ein kühner Vorsatz, hat die ganze VW-Gruppe 2018 doch insgesamt 10,83 Millionen Fahrzeuge ausgeliefert.

    VW produziert in Wolfsburg 42 Prozent SUVs

    Mit dem Ziel, in sechs Jahren derart viele E-Autos abzusetzen, gehen die Wolfsburger eine Rechnung mit einer großen Unbekannten, nämlich dem Kunden, ein. Ob die Verbraucher trotz einer in Deutschland nach wie vor mangelhaften Lade-Infrastruktur die von VW-Chef Herbert Diess ausgerufene Auto-Kulturrevolution mitfahren, ist ungewiss. Bis auf eine nach wie vor übersichtliche Zahl an Trendsettern herrscht hierzulande allgemein Skepsis gegenüber Öko-Autos vor. Ja, es greift sogar zunehmend ein gegenteiliger Trend zu immer größeren Geländewagen für die Stadt um sich – und das meist mit klassischen, allenfalls Hybridantrieben. Viele Deutsche verlieben sich in die bequemen, zumindest für sie sicheren und hochgebockten SUVs und nur vereinzelt in kleine, ökologisch wertvolle Elektroautos.

    Soziologisch betrachtet schreitet die Amerikanisierung der Republik voran: Nachdem das Einkaufsbedürfnis aus den Städten heraus platzfressend in das Niemandsland rund um Kreisverkehre massenhaft exportiert wurde, finden raumgreifende und mehr CO2 ausstoßende Autos dort die notwendigen Parkplätze vor. Auch VW verdient prächtig an dem Mega-Trend. Bis 2025 soll jeder zweite neue Volkswagen ein SUV sein. Im Umkehrschluss heißt das, VW muss die für Städte völlig überdimensionierten Autos radikal elektrifizieren. In den Fahrzeugen ist Platz genug für riesige und schwere Batterien. Doch das sind dann keine wirklichen Öko-Autos, schließlich wird bei der Produktion der Blech-Berge zu viel CO2 freigesetzt. Bereits jetzt beträgt der SUV-Anteil im Wolfsburger Werk 42 Prozent.

    Die Fridays-for-Future-Demonstranten sind die Zielgruppe für VWs Elektroautos

    Dagegen wirkt der Golf, der nun seit seiner Premiere im Jahr 1974 die achte Auflage erfährt, wie ein Auto aus alten, seltsam bescheidenen Zeiten, als Familien mit zwei Kindern damit noch problemlos in den Urlaub fahren konnten.

    Der kastenförmige Käfer-Nachfolger und Anti-SUV, der auch elektrisch fährt, hat einer Ära seinen Stempel aufgedrückt. Der Buchtitel „Generation Golf“ von Florian Illies wurde zum geflügelten Wort und fand Eingang in den Duden. Dort wird der Begriff auf die zwischen 1965 bis 1975 geborenen Westdeutschen bezogen, „deren Lebensgefühl durch eine egoistische Grundhaltung und eine weitgehende Entpolitisierung charakterisiert ist“. Die Definition aus der Vor-SUV-Zeit scheint nicht mehr haltbar zu sein, sind normal motorisierte Golf-Modelle inzwischen fast Ausdruck einer neuen Bescheidenheit, was durchaus für politisches Bewusstsein spricht.

    Dabei scheint der neue VW-Stromer ID.3 mit seinen Golf-Ausmaßen ein passendes Auto für die Generation „Greta“, also „Elektro“ zu sein. Nur kaufen müssen hippe junge Frauen mit Dutt-Frisur und Männer mit Bart als urbane Trendsetter auch in großer Zahl derlei Vernunftsmobile. Sie sind die wichtigste Zielgruppe für Vorreiter wie VW. Mangels Masse existiert diese Generation „Elektro“ in Deutschland bisher nicht. Dabei gibt es derzeit wenig coolere Dinge, als ein kompaktes E-Auto zu fahren.

    Lesen Sie dazu auch: Der VW Golf ist mehr als nur ein Auto

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