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Bei Wind und Wetter ist Wolfgang Glöckner mit seinem Velomobil unterwegs. Bei Durchschnittsgeschwindigkeiten von 40 km/h braucht er von Rohrenfels nach Neuburg oder Schrobenhausen nicht länger als mit dem Auto.

Sport
29.01.2022

Weiß-Grüne Rakete auf Neuburgs Straßen

Von Laura Freilinger

Plus Mit seinem Velomobil zieht Wolfgang Glöckner auf dem Weg zur Arbeit oder ins Schwimmbad viele Blicke auf sich. Bergab erreicht er im Straßenverkehr mit seinem Gefährt sogar die 90 Stundenkilometer-Marke.

Was aussieht wie eine futuristische Seifenkiste, ist das neue Fahrzeug zur 25 Kilometer entfernten Arbeit von Wolfgang Glöckner. Sein windschnittiges, weiß-grünes Velomobil ist ein absoluter Hingucker.

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Preislich starten hochwertige Velomobile bei rund 8500 Euro. In der liegenden Position bewegt man sich nur durch eigenes Treten vorwärts, einen Motor hat das Fahrzeug nicht. Glöckners Velomobil besteht aus Carbon und ist mit einer grundsätzlich normalen Fahrradtechnik mit Elf-Gang-Schaltung ausgestattet. Anders sind nur die Lenkung, eine Lenkstange und der Bremshebel, da sie eine Eigenproduktion des Aichacher Herstellers darstellen. „Man muss definitiv vorausschauend denken, weil der Wendekreis recht groß und rückwärtsfahren nicht möglich ist“, hebt Glöckner hervor.

„Futuristisch aussehende Fahrzeuge und außergewöhnliche Designs interessieren mich schon immer. Das ging bei Rennrädern für den Triathlon los“, erzählt der Sportler begeistert. Als er vor acht Jahren zum ersten Mal ein Velomobil im Internet sah, ließ ihn die Idee nicht mehr los, eines Tages selbst eines zu fahren. Die Suche nach lokalen Vertreibern blieb aber lange erfolglos, da Hersteller eher in Norddeutschland, Belgien oder Holland verkaufen.

Probefahrt dauert zwei Stunden

Erst im Frühling vergangenen Jahres wurde er durch Zufall auf einen kleinen, selbstständigen Händler in Aichach mit einer kleinen Auswahl an Modellen aufmerksam. Vor der geführten Probefahrt dauerte es ganze zwei Stunden, das Testfahrzeug auf seine Körpergröße einzustellen und alles Wichtige für die bevorstehende Fahrt zu erklären. Diese fand schließlich im öffentlichen Straßenverkehr, auf Fahrradwegen sowie bergauf und bergab statt. Außerdem fuhr Glöckner auch über eine Teststrecke mit verschiedenen Terrains. „Es ist am Anfang schon echt gewöhnungsbedürftig, weil man nur 20 Zentimeter über dem Boden sitzt und aufgrund der Hülle um sich herum erst einmal nur den Blick nach oben hinaus hat“, gibt Glöckner zu.

Dennoch ist seine Sicht nicht eingeschränkt. Das wäre im Straßenverkehr schließlich lebensgefährlich. Dank Spiegeln spricht Glöckner von einer problemlosen Rundum-Sicht. „Als ich mich an die veränderte Perspektive langsam gewöhnt hatte, kam auch das Gespür für die Wahrnehmung meines Velomobils bei anderen Teilnehmern des Straßenverkehrs“, betont er. Vorsicht sei besonders bei parkenden Autos geboten. „Wer aus einem Auto aussteigt, sieht mich so nah am Boden kaum. Da muss ich schon besonders aufpassen.“

Glöckner bekommt viel Aufmerksamkeit

An Aufmerksamkeit mangelt es einem Velomobil-Fahrer aber nie. „Wenn ich die Straßen entlangfahre, drehen sich alle Köpfe nach mir um“, erzählt Glöckner und lacht. Die Reaktionen der Neuburger sind unterschiedlich, aber durchweg positiv. Passanten sind meist erstaunt, manchmal winken sie ihm zu oder können sich ein Lachen nicht verkneifen.

Wer Glück hat, entdeckt Glöckner in seinem Velomobil entweder auf der Fahrt in die Arbeit nach Schrobenhausen oder auf dem Weg ins Schwimmtraining im Neuburger Hallenbad. Verlässt Glöckner das Parkbad nach seinem Training, so wird er nicht selten auf sein schnittiges Fahrzeug angesprochen. „Wenn die sehen, dass das mir gehört, sprechen sie mich neugierig darauf an“, sagt er.


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Foto: Manfred Dittenhofer
Foto: Manfred Dittenhofer

Bei Wind und Wetter ist Wolfgang Glöckner mit seinem Velomobil unterwegs. Bei Durchschnittsgeschwindigkeiten von 40 km/h braucht er von Rohrenfels nach Neuburg oder Schrobenhausen nicht länger als mit dem Auto.


Glöckner ist leidenschaftlicher Triathlet. Seine Begeisterung zeigt sich auch in den Farben seines Velomobils: passend zum TSV Neuburg Triathlon in weiß-grün. Dass er sich die Farbe aussuchen durfte, war ein zunächst „unglücklicher“ Zufall. Mit dem Händler hatte Glöckner ausgemacht, das Testfahrzeug zu kaufen. Bis dieser jedoch ein Neues für weitere Interessenten zur Verfügung stellen konnte, musste Glöckner warten. Dann geschah das Unglück: Ein anderer Tester kippte auf einer Probefahrt um und das Fahrzeug musste nochmals zur Lackierung. Die Lackfarbe durfte sich Glöckner dann wünschen, da ihm das Gefährt bereits versprochen war.

Der große Vorteil eines Velomobils ist die Unabhängigkeit vom Wetter. Kälte, Regen oder Glätte beeinflussen die Fahrsicherheit des Velomobils mit seinen drei Rädern und geschlossener Verkleidung nicht. „Dass ich im Herbst und Winter auch damit fahren kann, war für mich eine Voraussetzung“, betont Glöckner. Nicht zu vergessen sind auch die Klimafreundlichkeit des Fahrzeugs sowie ein großer Stauraum.

Velomobil erreicht bis zu 90km/h

Ein weiterer positiver Nebeneffekt ist die Geschwindigkeit. „Es ist derart windschnittig, dass gerade Strecken mit einem normalen Kraftaufwand besonders schnell zurückzulegen sind. Da bin ich schon bei 40 bis 45 Stundenkilometern. Was für manche das E-Bike sein mag, das ist für mich mein Velomobil“, scherzt er. Bergab habe er sogar an der 90 km/h-Marke gekratzt. „Da darf man die Lenkstange nicht mehr verreißen, sonst ist die Fahrt vorbei“, bemerkt er.



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Bei Wind und Wetter ist Wolfgang Glöckner mit seinem Velomobil unterwegs. Bei Durchschnittsgeschwindigkeiten von 40 km/h braucht er von Rohrenfels nach Neuburg oder Schrobenhausen nicht länger als mit dem Auto.

Doch man ist mit einem Velomobil nicht immer eine „Rennsemmel“. Bergauf melden sich die 28 Kilogramm Gewicht, die Glöckner den Schweiß auf die Stirn treiben. Außerdem wird es in der Kabine bei sommerlichen Temperaturen schnell zur Sauna. Schon jetzt im Winter ist es warm genug, um in kurzer Hose zu fahren. Bislang ist der Rohrenfelser aber trotz der Nachteile mehr als zufrieden mit seiner Kaufentscheidung.

Anfängliche Euphorie hat sich gelegt

Die anfängliche Euphorie und Aufregung hat sich nach gut 2000 gefahrenen Kilometern schon gelegt. „Mit meinen Blinkern, meiner Hupe und meinem Fernlicht fühlt es sich für mich mittlerweile ganz normal an, eben wie eine Autofahrt.“ Ob das Velomobil vom Transportmittel zusätzlich zum gelegentlichen Trainingsgerät wird, steht noch in den Sternen. „Vielleicht fahre ich im Sommer ja auch mal eine sportlichere Runde.“

In seinem Bekanntenkreis sei Glöckner wohl ein Exot, bemerkt er amüsiert. Gehört habe er aber, dass er wohl nicht der einzige Velofahrer Neuburgs wäre. Die Zeit wird zeigen, ob sich Neuburgs Straßen mit weiteren futuristischen Seifenkisten-Verschnitten füllen werden.

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