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Foto: Symbolbild: Alexander Kaya
Foto: Symbolbild: Alexander Kaya

Im Justizzentrum Augsburg läuft derzeit vor dem Landgericht ein aufsehenerregender Fall. Eine 25-Jährige soll ihr Baby fast zu Tode geschüttelt haben.

Nördlingen
07.10.2015

Baby fast zu Tode geschüttelt: Mutter gesteht die Tat

Von Jan Kandzora

Überraschung im Prozess um eine 25-Jährige, die ihre zwei Monate alte Tochter schwer misshandelt haben soll.

Ihr wird vorgeworfen, ihre damals gerade einmal zwei Monate alte Tochter so schwer misshandelt zu haben, dass diese ihr Leben lang an den Folgen leiden wird: Nun hat die 25-jährige Syrerin am fünften Prozesstag vor dem Augsburger Landgericht gestanden. Sie räume die Vorwürfe ein, sagte die Angeklagte nach einer längeren Sitzungspause und unter Tränen. Detaillierte Angaben zum Ablauf der Tat machte sie nicht. Das Geständnis ist zugleich eine weitere Überraschung in einem an Überraschungen nicht gerade armen Verfahren.

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Die Staatsanwaltschaft wirft der Frau vor, ihr Kind im Januar 2015 in Nördlingen beinahe zu Tode geschüttelt und es außerdem mit dem Kopf gegen einen harten Gegenstand geschlagen haben, etwa eine Wand. Zudem soll sie danach stundenlang nicht den Notarzt gerufen haben. Zwar hatte die Angeklagte in einer Vernehmung im Januar auch eingeräumt, ihr Kind geschlagen zu haben, vor Gericht jedoch schilderte sie am ersten Prozesstag einen anderen Ablauf: Nicht sie habe den Säugling misshandelt, sondern ihr Mann, der nach islamischem Recht mit ihr verheiratet ist. Sie habe gesehen, wie dieser der kleinen Tochter ein Kissen auf das Gesicht gedrückt und den Säugling anschließend auf den Boden geworfen habe, erzählte die 25-Jährige. Ihr Mann habe nach der gemeinsamen ersten Tochter unbedingt einen Sohn gewollt und sei frustriert gewesen, als auch das zweite Kind ein Mädchen wurde.

Die Angeklagte sagte am ersten Prozesstag auch, ihre Schwiegermutter habe nach Geburt der ersten Tochter extra ein spezielles Medikament aus Afghanistan einfliegen lassen, dessen Einnahme angeblich dafür sorge, dass nur Söhne gezeugt würden. Ihr Mann habe das Medikament genommen, sie, die Anklagte, hingegen nicht. Sie habe die Tat zunächst nur eingeräumt, da ein Dolmetscher, der ein Freund ihres Mannes sei, sie dazu gedrängt habe. Sie habe aus Angst vor den Folgen und auch aus Angst vor ihrem Ehemann gelogen, so hatte es die 25-Jährige dargestellt.

Im Laufe des Prozesses war bislang allerdings nicht viel passiert, das diese Aussage der Angeklagten untermauert hätte. Mehrere Zeugen schilderten übereinstimmend, dass die Mutter ihr zweites Kind abgelehnt habe, während ihr Manns sich stets um das Baby kümmere. Der Dolmetscher versicherte, er habe die 25-Jährige zu keiner Aussage gedrängt und sei mit ihrem Mann auch nicht befreundet, was dieser bestätigte. Ihr Mann, ein afghanischer Flüchtling, widersprach den Vorwürfen der Angeklagten vehement und erklärte zudem, er habe zu seiner Familie keinen Kontakt mehr.

Zuletzt hatte ein Gerichtsmediziner beschrieben, welche Folgen die Verletzungen für das Kind haben. Offenbar stand die Angeklagte zu dem Zeitpunkt bereits vor einem Geständnis, doch nach einer Unterbrechung des Verfahrens machte sie zunächst keine weiteren Angaben. Nun, am fünften Verhandlungstag, änderte sich das. Dieses Mal stellte der Psychiater Richard Gruber ein Gutachten vor, das sich mit dem psychischen Zustand der Frau befasste. Es gebe, sagte Gruber, keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass die Angeklagte zur Tatzeit psychisch krank gewesen sei. Kurz darauf gestand die 25-Jährige.

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Am Freitag folgt der voraussichtlich letzte Verhandlungstag.

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