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Migration
26.02.2017

Wie beweist man die Identität von Flüchtlingen?

Für das BAMF ist die Prüfung der Identität eines Flüchtlings wie ein Puzzle - viele Einzelteile müssen zusammenpassen.
Foto: Julian Stratenschulte (dpa)

Ein Fingerabdruck gibt wenig Aufschluss über Name, Geburtstag oder Herkunftsland. Für das BAMF ist die Prüfung der Identität eines Flüchtlings daher wie ein großes Puzzle.

Viel Platz ist nicht in dem kleinen Zimmer. Gegenüber von Haymo Bauder sitzt ein junger Äthiopier - vor ihm eine Karaffe mit Wasser und Pappbecher. Außer ein paar Papieren hat der Afrikaner nichts dabei. An diesem Tag wird sich zeigen, ob der 22-Jährige in Deutschland bleiben darf oder nicht. Bauder ist seit fast 30 Jahren beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). In Zirndorf bei Nürnberg arbeitet der 62-Jährige als Anhörer und Entscheider. Er muss nicht nur prüfen, ob die Geschichte des jungen Äthiopiers glaubhaft ist. BAMF-Mitarbeiter wie der 62-Jährige sollen vielmehr herausfinden, wer die Menschen sind und wo sie herkommen.

Als Deutscher weist man die eigene Identität ganz einfach mit dem Personalausweis nach. Doch zwei Drittel der Menschen, die als Flüchtling zu uns kommen, haben kein solches Dokument. Sie haben es auf ihrer beschwerlichen Flucht verloren oder mussten sich einen gefälschten Pass beschaffen, um ihr Land überhaupt verlassen zu können. Und manche verschleiern ihre Herkunft auch absichtlich. Doch wie beweist man Identität dann?

Die Prüfung beim BAMF funktioniert wie ein Puzzle, bei dem viele Teile zueinander passen müssen. Doch durch den großen Zuzug von  Asylbewerbern hakte es zuletzt an entscheidenden Stellen.

Die Anhörung ist bei der Identitätsprüfung der Dreh- und Angelpunkt. Nur durch Wissen über die Herkunftsländer und gezieltes Nachhaken fallen Ungereimtheiten auf. Haymo Bauder fragt den 22-Jährigen etwa genau nach seinem Heimatort. Wo war die Moschee? Wie hieß das Viertel? Auf welcher Route und mit welchen Verkehrsmitteln war er unterwegs? Wie sah das Gefängnis aus, in dem er festgehalten wurde? Details sind hilfreich - vor allem nachprüfbare. Bauder betont: "Man macht es nicht an einem Punkt fest. Es ist immer eine Gesamtschau."

Die meisten Asylbewerber der letzten zwei Jahre kamen aus Syrien

In den vergangenen zwei Jahren kamen die meisten Asylbewerber in Deutschland aus Syrien. Wegen der katastrophalen Lage in dem Land durften fast alle von ihnen hier bleiben. In der Hoffnung auf bessere Bleibechancen gaben sich aber auch Betrüger besonders gern als Syrer aus. Erleichtert wurde das, weil das BAMF - um die enorme Zahl der Asylanträge zu bewältigen - bei Syrern, Eritreern und manchen Irakern für einige Monate auf schriftliche Verfahren umstellte.

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In den vergangenen zwei Jahren wurden fast 250 000 Anträge auf Basis eines Fragebogens entschieden - fast alle ohne persönliche Anhörung. Ein Kreuzchen an der richtigen Stelle reichte als Herkunftsangabe aus. Selbst der Personalrat des BAMF schrieb in der Hochphase der Zuwanderung in einem Brandbrief an die Behördenleitung: "Der Wegfall der Identitätsprüfung erleichtert (...) auch das Einsickern von Kämpfern der Terrormiliz IS nach Mitteleuropa und stellt ein erhöhtes Gefährdungspotential dar." Auch wenn das Bundesamt inzwischen zum normalen Asylverfahren zurückgekehrt ist - die Unsicherheit bleibt. Wer ist in dieser Zeit praktisch ungeprüft zu uns gekommen?

Das Bundesamt für Flüchtlinge in Nürnberg.
Foto: dpa

Immer wieder fordern Politiker daher, auch alte Fälle neu zu prüfen. BAMF-Chefin Jutta Cordt sagte dies in sicherheitsrelevanten Fällen zu. Auch die Politikwissenschaftlerin Ursula Münch meint: "Es ist nicht ketzerisch zu sagen: Wir haben Zweifel, es ist nicht alles ordentlich gelaufen und wir müssen das überprüfen." Schließlich wolle niemand Politiker, welche "die Segel streichen und sagen, wir haben eben Hunderte im Land, die falsche Angaben gemacht haben". Für den Staat sei dies aber ein Balanceakt: "Wie korrigiert man vermutlich gemachte Fehler, ohne eine ganze Gruppe unter Pauschalverdacht zu stellen und ohne als Staat völlig naiv da zu stehen?"

In schwierigen Fällen helfen Verbindungsleute des BAMF

Entscheider Bauder erzählt: Schon früher habe es immer wieder Flüchtlinge gegeben, die hinsichtlich ihrer Herkunft logen. "Vor einigen Jahren hatten wir etwa wegen des Darfur-Konflikts viele, die sich als Sudanesen ausgaben. Meist war da aber schon nach zwei, drei Sätzen klar, dass die keine Ahnung haben und das nicht stimmen kann."

Ein Mann etwa habe ihm erzählt, er sei auf der Flucht in einer Stunde mit dem Kamel von Addis Abeba nach Port Sudan geritten. Nach einer kurzen Recherche war Bauder klar: Völlig unmöglich. "Ein Rennkamel schafft zwar 80 Stundenkilometer, aber keine 1000." Ein anderer Asylbewerber habe berichtet, aus einem Krankenhaus im Iran heraus und durch einen Wald geflüchtet zu sein. "Dank Google Earth kann man das gut nachvollziehen. Das Krankenhaus lag mitten in der Stadt, da war weit und breit kein Wald", sagt Bauder.

In schwierigen Fällen helfen Verbindungsleute des BAMF, Botschaften oder das Auswärtige Amt, die Angaben der Antragsteller zu überprüfen. Denn mal eben bei den Behörden im Herkunftsland nachhören, ob derjenige auch der ist, der er vorgibt zu sein, geht eben nicht. "Während des Asylverfahrens ist dies grundsätzlich ausgeschlossen, um den Antragsteller oder seine noch im Herkunftsland verbliebene Familie nicht zu gefährden", betont eine BAMF-Sprecherin.

Die Sprache ist wichtiges Indiz bei der Identitätsprüfung

Ein weiteres wichtiges Indiz bei der Identitätsprüfung: die Sprache. Schon die Dolmetscher geben in den Anhörungen immer mal wieder Hinweise auf Ungereimtheiten - etwa wenn ein Asylbewerber einen für seine angebliche Herkunftsregion unüblichen Dialekt spricht.

Bei Zweifeln gibt das BAMF ein Sprach- oder Textgutachten in Auftrag. Im vergangenen Jahr ist das rund 1400-mal geschehen - meistens ging es dabei um Arabisch (rund 650 Fälle) und Kurdisch (rund 330).

Dann kommt oft Günther Maier* ins Spiel. Sein wirklicher Name soll geheim bleiben - unter anderem, um Korruption zu verhindern. Maier ist Experte für arabische Dialekte und einer von etwa 70 Sprachgutachtern, die im Auftrag des BAMF arbeiten. 14 Jahre hat er nach eigener Aussage in verschiedenen arabischen Ländern gelebt.

Für seine Expertise bekommt der Sprachwissenschaftler die anonymisierte Tonaufnahme eines Gesprächs zwischen Dolmetscher und Asylbewerber. "Ich höre mir das an und weiß sehr schnell, ob jemand einen Dialekt imitiert oder nicht", sagt Maier. Nach Erfahrung des Gutachters sind es fast nur Maghrebiner, die sich sprachlich verstellen. "Die geben sich nicht nur als Palästinenser oder als Iraker aus." Marokkaner gäben oft vor, aus der umkämpften West-Sahara zu kommen. "Und Tunesier behaupten oft, sie seien aus Libyen."

Arabisch ist in knapp 30 Staaten Amtssprache

In knapp 30 Staaten ist Arabisch Amtssprache. Nach Maiers Schätzung gibt es in jedem der Länder mindestens fünf Dialekte. "Wenn jemand seinen echten Dialekt spricht, kann ich das gut zuordnen", ist sich der Wissenschaftler sicher. Denn eine gesprochene Hochsprache wie im Deutschen, die zum Teil auch von der Bildung abhängt, gebe es im Arabischen kaum. "Alle Araber sind Dialekt-Sprecher." Daher sei es schon fast verdächtig, wenn jemand eine Art "Hoch-Arabisch" spreche. "Jemand, der nichts zu verbergen hat wie ein Sudanese oder Syrer, wieso sollte der Hoch-Arabisch reden?", fragt Maier.

Längst nicht immer sind auch die Gutachter der Ansicht, dass jemand gelogen hat. In rund 44 Prozent aller Fälle helfen die Experten laut BAMF den Flüchtlingen, indem sie deren Angaben bestätigen. Eins gibt Maier jedoch zu: Wenn jemand es perfekt schaffe, einen Dialekt zu imitieren, dann könne man ihm das auch nicht nachweisen. Perfektion sei jedoch schwierig: "Asylantragsteller sind meist junge Leute und keine professionellen Schauspieler. Wenn die versuchen, einen Dialekt nachzumachen, unterläuft ihnen immer ein Fehler."

BAMF prüft auch mitgebrachte Identitätsdokumente

Kommt der Gutachter zu dem Ergebnis, dass der Flüchtling gelogen hat, hört das Bundesamt den Asylbewerber nochmals an. Wenn er dann keine guten Beweise hat, kann das BAMF seinen Antrag ablehnen. Doch nicht immer führt eine falsche Herkunftsangabe dazu. Die Schutzgründe würden trotzdem geprüft und könnten auch zu einer Anerkennung führen, sagt die BAMF-Sprecherin. "Dann hat die versuchte Identitätstäuschung keine asylrechtlichen Folgen."

Freiwillige Helfer stehen am Hauptbahnhof neben dem Schild "Welcome to Munich".  Die Bundespolizei rechnet für Samstag mit der Ankunft von 5000 bis 7000 Flüchtlingen in Bayern.
22 Bilder
Tausende Flüchtlinge erreichen den Münchner Hauptbahnhof
Foto: Nicolas Armer, dpa

Wenn die Menschen übrigens doch irgendeine Art von Identitätsdokument dabei haben, wird auch das vom BAMF geprüft. Doch erst seit vergangenem Oktober meldet die Behörde festgestellte Manipulationen auch an die Polizei. Zuvor bekam nur die Ausländerbehörde Bescheid. Bei "Sicherheitsrelevanz" wird laut der Sprecherin mittlerweile auch "zeitnah" das Bundeskriminalamt informiert. Fallen BKA oder BAMF Mehrfachidentitäten auf, würden diese Infos ebenfalls ausgetauscht.

Künftig soll das BAMF in bestimmten Fällen auch die Handy-Daten von Asylbewerbern durchsuchen dürfen. Die Außenstellen sollen dafür mit Hard- und Software aufgerüstet werden. Bisher war dies nur den Ausländerbehörden der Länder und der Polizei möglich.

Funktionierender Austausch zwischen den Behören ist wichtig

Wie viele Menschen im Asylverfahren eine falsche Identität erfinden, kann das BAMF letztlich nicht sagen. Das Bundesamt ist auch keine Sicherheitsbehörde. Seine Aufgabe ist, die Flucht- und Verfolgungsgeschichte der Menschen zu prüfen. Dafür ist entscheidend, ob ihre Angaben plausibel sind.

Mit Blick auf die angebliche Terrorgefahr durch Flüchtlinge warnt Wolfgang Kaschuba vom Institut für empirische Integrations- und Migrationsforschung an der Berliner Humboldt-Universität zudem vor Panikmache. Mit der Forderung nach einer erneuten Überprüfung einer großen Zahl von Asylbewerbern werde vor allem versucht, rechtspopulistischen Hysterien etwas entgegen zu setzen, sagt Kaschuba. "Das hat mit realistischer Politik relativ wenig zu tun."

Viel wichtiger und sinnvoller sei ein funktionierender Austausch zwischen den Behörden. Beim Berliner Attentäter Anis Amri gab es hier Probleme. Denn eines habe sich klar gezeigt, sagt Kaschuba: "Rund 80 Prozent der bisher identifizierten Terroraktivisten in Europa kamen aus europäischen Ländern. Sie sind sogenannte 'homegrown terrorists', also hier aufgewachsen und vielfach mit einem nationalen Pass ausgestattet." Die Eigenschaften "Flüchtling und Muslim" gäben nur wenig Aufschluss darüber, wer tatsächlich ein "Gefährder" sei. Catherine Simon, dpa

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