Egal, welche politische Position sie vertrat, welches Thema sie öffentlich diskutierte. Über allem, was sie sagte oder tat, stand stets die Debatte über ihr Gewicht. In den Online-Kommentaren zu Interviews mit ihr ging es spätestens beim zweiten User um ihr Äußeres – kaum eine andere Politikerin musste sich so viel öffentliche Herabsetzung gefallen lassen, wie Ricarda Lang. Sie selbst sprach öffentlich nur ungern über das, was man neudeutsch „Bodyshaming“ (Diskriminierung aufgrund des Körpers) nennt, schließlich wollte sie mit Inhalten punkten.
Inzwischen hat die frühere Grünen-Parteichefin deutlich an Gewicht verloren – und geht offensiv damit um. „Ich habe auch lange überlegt, ob ich das überhaupt machen will“, sagt die 31-Jährige im Interview mit der Wochenzeitung Zeit. „In den letzten Jahren habe ich mir Mühe gegeben, genau darüber nicht zu sprechen, keine Interviews zu machen zu meinem Äußeren, zu meinem Gewicht. Aber ich habe gemerkt, dadurch, dass ich nicht über diese Themen rede, verschwinden sie nicht.“
Ricarda Lang hat abgenommen – „sitze nicht mehr von morgens bis abens im Zug“
Der Verlust ihres Parteiamtes, so erzählt die grüne Abgeordnete, sei nicht der Auslöser für ihren äußeren Wandel gewesen. Doch er habe Ricarda Lang vieles einfacher gemacht. „Ich komme zu Hause jetzt zum Kochen, mache mir leckere Sachen, auf die ich Bock habe, gehe öfter selbst einkaufen“, erzählt sie. „Ich versuche, mehr und besser zu schlafen. Ich trinke weniger und bewusster Alkohol. Ich esse viel weniger unterwegs, weil ich nicht mehr von morgens bis abends im Zug sitze.“
Lang gab im September genau wie ihr Co-Vorsitzender Omid Nouripour ihren Rücktritt vom Parteivorstand bekannt. Vorher hatten die Grünen mehrere deutliche Wahlniederlagen hinnehmen müssen. Damals wurde hinter vorgehaltener Hand von Parteifreunden die Botschaft gestreut, dass man in der Partei froh über den Schritt von Lang sei, da sie der Partei immer wieder Debatten über Bodyshaming aufgezwungen habe. Für die Politikerin war gerade das sehr verletzend. „Es ist ja auch eine gewisse Täter-Opfer-Umkehr, wenn man sagt, die Person, die den Hass abbekommt, drängt uns das Thema auf, einfach weil sie ist, wer sie ist“, sagt sie in dem Interview.
Gewichtsverlust: Lang über den Rückhalt ihrer Mutter
Trotzdem seien es nicht die Anfeindungen und die herabwürdigenden Kommentare gewesen, die sie dazu gebracht hätten, eine Diät anzufangen. Das hätte die 31-Jährige im Gegenteil über viele Jahre sogar abgehalten, sich damit auseinanderzusetzen. Grund für den Schritt sei ihre Gesundheit gewesen. „Ich habe einen Job, der wahnsinnig auslaugt, und ich will ihn noch ein paar Jahre machen“, erzählt sie. „Da sollte ich ein bisschen mehr auf mich achten.“ Was immer geholfen habe, sei der Rückhalt ihrer Mutter. „Ich glaube, das hat bei mir ganz viel an psychischen Schäden verhindert“, sagte Lang. „Sie hat mir nie das Gefühl gegeben, dass ich weniger wert bin, dass ich auf mir rumtrampeln lassen darf.“
Angesprochen werde sie auf ihr neues Äußeres eher indirekt, viele scheuten sich, im Gespräch darauf zu kommen. „Direkt sind nur so ältere Berliner Frauen wie meine Nachbarin, als ich noch in Neukölln gelebt habe, die sagte: Ah, da haben Sie ja richtig Speck abgebaut!“, sagt Lang und lacht. Sie wolle jetzt auch niemandem Ernährungstipps geben oder so tun, als geschehe das quasi nebenbei. Sie sei schließlich Politikerin und keine Ernährungsberaterin. Nur so viel: „Abnehmen ist echt harte Arbeit“, sagt sie. „Vielleicht wäre es ehrlicher, das einfach zuzugeben, statt drum herumzureden.“
Doch ihr neues Gewicht habe viele positive Aspekte. Sie bewege sich einfacher, es sei leichter, im Alltag unterwegs zu sein – und die Welt sei ein bisschen freundlicher zu ihr geworden.
Die wichtigste Nachricht des Tages!!! Und dafür gibt sich die Stv. Leiterin für Politik und Wirtschaft her. Der Leser darf auch wieder mehr bezahlen, für was eigentlich. Zumindest erleichtert es die Entscheidung bei der kommenden Wahl.
Für mich gehört(e) Frau Lang noch zu den sehr wenigen sympathischen Grünen.
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