Die Masken an den Schulen müssen bald fallen

21.02.2022

Nach dem Überschreiten des Omikron-Scheitels zögern die Politiker, die Einschränkungen an Schulen zu lockern. Werden Kinder und Jugendliche nun erneut erst ganz am Ende bedacht?

Zu den großen Verlierern der Corona-Pandemie zählen in Deutschland die Kinder. Lernrückstände, gehäuft auftretende psychische Probleme, Verlust an Selbstständigkeit – der Kampf gegen den Erreger hat tiefe Spuren bei ihnen hinterlassen. Es stimmte nie, dass das Wohl der Kinder maßgeblich für die Seuchenpolitik hierzulande war.

Jetzt, nachdem der Höhepunkt der Omikron-Welle überschritten ist, fragen sich Kinder und Jugendliche (und deren Eltern), ob sie wieder hintanstehen müssen. Die Antwort auf die Frage ist nicht einfach. Laut dem Robert Koch-Institut sind von den über 120.000 Corona-Toten 65 zwischen 0 und 19 Jahren alt gewesen (Stand 16. Februar).

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Foto: Kay Nietfeld, dpa
Foto: Kay Nietfeld, dpa

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach mahnt zur Vorsicht an den Schulen. Darüber entscheiden müssen die Länder.

Die Maske behindert Kinder beim Schulsport oder in der Musikstunde

Für ihre Familien ist der Schmerz unerträglich, Politikerinnen und Politik müssen sich bei ihren Überlegungen jedoch vom individuellen Leid lösen und die gesamte Gesellschaft betrachten. Corona kann Kinder und Jugendliche ziemlich niederstrecken, ist für sie aber in aller Regel keine tödliche Gefahr. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will das Virus dennoch nicht einfach laufen lassen und die Durchseuchung von Schulen und Kitas hinnehmen.

Er begründet das damit, dass über langfristige Gesundheitsschäden einer Infektion bei den Jungen und Jüngsten nur wenig bekannt ist. Lauterbach ist der deutsche Politiker mit dem besten Überblick über die Studien. Ihre Zahl ist begrenzt und ihre Ergebnisse sind widersprüchlich. Demnach plagen sich entweder recht viele Kinder mit Long Covid oder wenige.

Trotz dieser wissenschaftlichen Unsicherheit sollte die Maskenpflicht an den Schulen bald fallen (im Kindergarten besteht sie nicht). Denn die Maske behindert beim Schulsport, beim gemeinsamen Singen in der Musikstunde, bei der richtigen Aussprache im Fremdsprachenunterricht. Durch die verdeckten Münder und Wangen geht viel der non-verbalen Kommunikation verloren, was das Lernen erschwert.

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Regelmäßige Tests an Schulen und Kindergarten sollten bleiben

Der milde Winter ermöglicht es, dass die Fenster geöffnet werden können. Ein Teil der Schulen hat es mittlerweile sogar geschafft, Luftfilter zu beschaffen und aufzustellen. Das heißt, der Schutz vor einer Ansteckung wird besser, was ebenfalls für ein Ende des Maskentragens spricht. Beibehalten werden sollten vorerst die regelmäßigen Tests in Schulen und Kindergärten, um weiter Infektionen schnell erkennen zu können. Die persönlichen Einschränkungen des Testens sind gering, der Gewinn hingegen groß.

Wenn die Omikron-Welle im Frühjahr überstanden ist, ist es Zeit für eine kritische Aufarbeitung der Pandemiepolitik. Es stimmt nicht, dass das Wohl der Kinder eine hohe Priorität hatte, obwohl es immer wieder von Ex-Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Ministerpräsidenten versichert wurde. Im Zweifel machten sie Kitas und Schulen dicht, während die für den deutschen Wohlstand wichtige Industrie weiterlaufen durfte, sieht man von der ersten Welle ab, in der die Unternehmen ihre Werkstore von sich aus schlossen. Auch wenn das niemand so gesagt hat, galten Kinder nicht als systemrelevant, weil sie nicht zu den Produktivkräften zählen.

Weil sie das in naher oder mittlerer Zukunft sein werden, müssen sich die neue Bundesregierung und die Länderchefs am besten schon nächsten Monat zusammensetzen, um über ein großes Bildungspaket reden. Es braucht ein Programm für Nachhilfe, um die Wissenslücken zu stopfen. Es muss sichergestellt werden, dass bis zum Herbst in jedem Klassenzimmer ein Raumlüfter steht und die Schulen über eine schnelle Internetverbindung verfügen. Alle Lehrerinnen und Lehrer sollten Weiterbildungen bekommen, wie guter digitaler Unterricht aussieht.

Es wäre schlimm, wenn sich die bittere Erkenntnis über den Wert der Kinder nach zwei Jahren Pandemie in der nächsten Welle bestätigte.

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