Seit über zehn Jahren überzieht Russland die Ukraine mit Krieg, fast drei Jahre ist es her, dass Putins Truppen den Konflikt mit hunderttausenden Toten und Verletzten auf eine Art und Weise eskaliert haben, wie es Europa seit Jahrzehnten nicht ertragen musste. Putins imperialistischer Wahn ist lange nicht eingehegt. Und trotz der sogenannten Zeitenwende ist die Bundeswehr längst nicht in einem kriegstüchtigen Zustand. Das ist dem Versagen einer ganzen Reihe von Bundesregierungen geschuldet, zuletzt auch der Ampel, denn Landesverteidigung ist zentrale Staatsaufgabe. Allerdings: Selbst wenn die deutsche Armee an Waffen und Ausrüstung bereits hätte, was sie bräuchte, um nicht nur die Bündnisverpflichtungen erfüllen zu können, sondern darüber hinaus auch wehrhaft zu sein, fehlen Soldatinnen und Soldaten - wie sich einmal mehr beim Aufstellen der neuen Heimatschutzdivision zeigt.
Die Bundeswehr hat seit Jahren ein massives Personalproblem. Man könnte also meinen, dass es in diesem eisigen Winterwahlkampf ein zentrales Thema geben sollte: die Aussetzung der Wehrpflicht aufzuheben. Gibt es aber leider nicht. Dabei muss jetzt diskutiert werden, ob es ein - wie auch immer geartetes - verpflichtendes Dienstjahr geben soll. Es muss eine klare Antwort auf die leider sehr zentrale Frage geben: Wie soll Deutschland künftig seine Landesverteidigung in der Breite organisieren? Wenn die isolationistischen Trump-USA sich für diese Aufgabe weniger denn je verantwortlich fühlen werden. Wenn nicht klar ist, wie sehr die Amerikaner sich künftig innerhalb der Nato engagieren. Wenn eine EU-weit effizient abgestimmte Verteidigungspolitik zwar hehres Ziel - aber bislang leider auch vor allem nur das ist.
Wer ist bereit, für sein Land zu sterben?
Die Union wird, sollte es nicht gewaltig schiefgehen (Merz Werk, Söders Beitrag), die kommende Bundesregierung anführen. Sie hat sich in ihrem neuen Grundsatzprogramm klar (und sehr richtig) positioniert. Dort heißt es: „Wir werden die Aussetzung der Wehrpflicht schrittweise zurücknehmen und die Wehrpflicht in ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr überführen.“ Bei den mehr oder weniger wahrscheinlichen Koalitionspartnern liest sich das weniger eindeutig: Die SPD setzt auf einen neuen, „flexiblen Wehrdienst“, der auf „Freiwilligkeit basieren und sich dabei am Bedarf der Bundeswehr orientieren“ soll. „Zügig“ sollen die Grundlagen der Wehrerfassung geschaffen werden. Die Grünen sind ähnlich unterwegs. Die FDP hingegen ist eindeutig dagegen. Die Liberalen wollen „die Attraktivität des Dienstes bei der Bundeswehr durch hervorragende Rahmenbedingungen wie Gehalt sowie gesellschaftliche Vorteile massiv“ steigern. Das allerdings haben schon viele Verteidigungsminister versucht, seit 2011 die damals von der Union geführte Bundesregierung die Einberufung zum Grundwehrdienst aussetzte.

Die Union (und alle anderen) müssen im Wahlkampf viel deutlicher darüber reden, wie ein „verpflichtendes Gesellschaftsjahr“ gestaltet wird und was das für die Söhne und Töchter dieses Landes bedeutet. Dass die Wehrpflicht kein Wahlkampfschlager wird - schon klar. Die Landesverteidigung ist aber leider wichtiger denn je geworden. Wenn es den Parteien ernst damit ist, „die Menschen“ ernst zu nehmen, dann gehört dazu auszusprechen, dass der Staat künftig von seinen (jungen) Frauen und Männern viel mehr fordern könnte, als das bisher die Regel war. Es geht dabei um Leben oder Tod, so grauenhaft das klingt. Die Zeit, darüber zu streiten, ist nicht in ein paar Monaten oder vier Jahren. Sie ist: jetzt.
Deutschland ist bzgl. der Personalstärke/Soldatenstärke die #4, seit letztem Jahr die #5 (Polen hat stark aufgerüstet) in der NATO von 32 Mitgliedstaaten. Materiell (Kampfflugzeuge, Panzer u.ä.) sind wir ähnlich wie Frankreich und GB ausgestattet. Für die Verteidigung ist das ausreichend. Was nicht heißt, daß geringe Austockungen schlecht wären.
Ist das Problem der Bundeswehr wirklich ein Personalproblem ? Wenn es stimmt, dass Oreschnik-Raketen kaum abzufangen sind, dann werden wohl auch viele Soldaten mehr nichts helfen.
Wer ist bereit, für sein Land zu sterben? - um dann anscheinend am Hindukusch unsere Demokratie verteidigen und dort sterben zu müssen??
Die Wehrpflicht ist ja nur ausgesetzt, nicht abgeschafft. Gelten sollte Sie für beiderlei Geschlechter. Der beste Weg einen Krieg von vornherein zu vermeiden ist glaubwürdige Abschreckung.
Ein merkwürdige Head Line. Es geht nicht so sehr um die Bereitschaft für DEU zu sterben, aber für einen potentiellen genügend Abschreckung aufzubauen, dass er von Aggressionen abgehalten wird. Aber wer geht freiwillig zu einer Armee in der der Mangel an Material verwaltet wird und Modernisierungen immer wieder verschoben werden oder gestreckt werden. Wie wollen sie die Motivation in Kampfeinheiten herstellen, wenn nicht genügend Munition verfügbar ist oder vor Manövern die Materialbereitschaft nur durch Materialtausch oder Kannibalisierung von Gerät erreicht werden kann.
Hoffentlich ist niemand bereit für Deutschland im Krieg zu sterben.
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