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Foto: Pressedienst V. Klitschko
Foto: Pressedienst V. Klitschko

Da war es noch eine Übung: Vitali Klitschko, Ex-Boxer und Bürgermeister Kiews, will seine Stadt notfalls an der Waffe verteidigen.

Krieg in der Ukraine
25.02.2022

Kampf um Kiew: Bürgermeister Vitali Klitschko will Russland die Stirn bieten

Von Sarah Ritschel, Michael Stifter, Daniel Wirsching

Plus Die Hauptstadt versucht verzweifelt, den Angriffen standzuhalten. Viele ergreifen die Flucht, andere bereiten sich auf eine Schlacht vor. Mittendrin Bürgermeister Vitali Klitschko.

Vitali Klitschko hat jahrelang trainiert, nicht den Hauch von Schwäche zu zeigen. „Dr. Eisenfaust“ nannte man ihn, als er noch im Boxring stand. In mehr als 87 Prozent seiner Kämpfe schlug er den Gegner k.o. – wovor soll einer wie er Angst haben? Wer Klitschko in diesen Tagen zuhört, erlebt einen sichtbar angeschlagenen Mann. So lange hat er davor gewarnt, Wladimir Putin werde eines Tages die Ukraine angreifen. So oft hat er an den Westen appelliert, sein Land nicht im Stich zu lassen. Nun stehen die russischen Panzer vor Kiew. Die Schlacht um jene Stadt, in der aus dem Profiboxer einst ein Politiker wurde, hat begonnen. Als Bürgermeister wirft sich Klitschko trotzig in einen scheinbar aussichtslosen Kampf. Doch angeschlagene Boxer sind manchmal die gefährlichsten.

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„Wir stehen einer der größten und stärksten Armeen der Welt gegenüber, aber wir müssen unsere Familien verteidigen, unser Land, unsere Städte“, sagt der dreifache Vater Klitschko und lässt keinen Zweifel daran, dass er dafür notfalls auch selbst zur Waffe greifen wird: „Ich habe keine andere Wahl, ich muss das tun. Ich werde kämpfen.“ Viele seiner Landsleute wollen sich nicht geschlagen geben, schon seit Monaten trainieren sie für den Tag, an dem Putin kommt.


Krieg in der Ukraine: Mehr als hunderttausend Ukrainerinnen und Ukrainer fliehen

Während man sich im Westen bis zuletzt nicht vorstellen konnte, was man sich nicht vorstellen wollte, haben die Ukrainerinnen und Ukrainer während der Krim-Krise und im Donbass schließlich erlebt, wozu der Despot im Kreml in der Lage ist. Manche wollen deshalb nur noch weg. Mehr als hunderttausend Menschen sollen schon auf der Flucht sein. Kilometerlange Staus und Schlangen vor den Tankstellen zeugen davon.

Die Stadt, die sie Heimat nannten, ist schon einen Tag nach dem Einmarsch der Russen schwer geschunden: Von einem Wohnblock sind kaum mehr als die Grundmauern übrig, nachdem wohl eine russische Rakete einschlug. Fassaden, schwarz vom Feuer. Straßen voller Trümmer. Medien berichten von Schießereien. Die Bilder aus Kiew wechseln sich auch in deutschen Fernsehsendern ab mit denen des russischen Außenministers Sergej Lawrow, der betont, dass keine Wohnsiedlungen beschossen werden sollen. „Niemand hat vor, das ukrainische Volk anzugreifen.“ Zynische Worte.

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Die am 01.03.2022 von Planet Labs PBC herausgegebene Satellitenaufnahme zeigt eine beschädigte Brücke über den Fluß Desna bei dem Dorf Solotynka, etwa 150 Kilometer nördlich der Hauptstadt Kiew gelegen.

Foto: Uncredited, dpa

Dieses vom ukrainischen Katastrophenschutz veröffentlichte Foto zeigt einen Blick auf das beschädigte Rathausgebäude. Russische Granaten beschossen am Dienstag zivile Ziele in der zweitgrößten Stadt der Ukraine, Charkiw.

Foto: Serhii Nuzhnenko/AP, dpa

Ein Mann auf Krücken geht an den Überresten eines russischen Militärfahrzeugs vorbei.

Foto: Ricrad Garcia Vilanova/AP, dpa

Eine Barrikade aus Straßenbahnen, Bussen und Sandsäcken ist durch das Fenster eines Autos im nördlichen Teil von Kiew zu sehen.

Foto: Ukrinform, dpa

Ein junger Mann webt ein Tarnnetz für die ukrainische Armee.

Foto: Vadim Ghirda, AP/dpa

Ukraine, Charkiw: Ein Mann fotografiert noch schwelende zerstörte russische Militärfahrzeuge am Stadtrand.

Foto: Ukrainian Police Department Press Service, dpa/AP

Feuerwehrkräfte löschen die Schäden an einem Gebäude nach einem Raketenangriff auf Kiew. Russland setzt seine Invasion in die Ukraine bis in die Außenbezirke Kiews fort.

Foto: Lu Jinbo, dpa/XinHua

Menschen suchen in einer U-Bahn-Station in der ukrainischen Hauptstadt Schutz.

Foto: Ukrinform/dpa

Menschen suchen am zweiten Tag des russischen Angriffs in der ukrainischen Hauptstadt im Keller eines Wohnhochhauses, der gleichzeitig als Schutzraum dient, Schutz.

Foto: Emilio Morenatti, dpa/AP

Ukrainische Soldaten beziehen Stellung auf einer Brücke. Russland hat ukrainische Städte und Stützpunkte mit Luftangriffen oder Granaten beschossen.

Foto: Michael Kappeler, dpa

Zahlreiche Ukrainer verlassen nach Militäraktionen Russlands auf Ukrainischem Staatsgebiet das Land.

Foto: Emilio Morenatti, dpa/AP

Natali Sewriukowa steht neben ihrem Haus nach einem russischen Raketenangriff.

Foto: Vadim Zamirovsky, dpa/AP

Ein Soldat der ukrainischen Armee inspiziert Fragmente eines abgestürzten Flugzeugs. Es war unklar, wessen Flugzeug abgestürzt ist und wer es zum Absturz gebracht hat.

Foto: Emilio Morenatti, dpa/AP

Menschen suchen Schutz in einem Keller eines Gebäudes, während die Sirenen neue Angriffe ankündigen. Russland hat am Donnerstag einen umfassenden Angriff auf die Ukraine gestartet.

Foto: Karina Sa³o, dpa/PAP

Fahrzeuge stehen an der polnisch-ukrainischen Grenze im Dorf Hruszow. Das polnische Innenministerium teilte mit, dass der Grenzschutz auf die Menschen vorbereitet sei.

Foto: Vadim Ghirda, AP/dpa

Ukrainische Soldaten sitzen auf gepanzerten Mannschaftstransportern, die auf einer Straße in der Region Donezk in der Ostukraine fahren. Russische Truppen haben ihren erwarteten Angriff auf die Ukraine gestartet.

Foto: Sergei Grits, AP/dpa

Ein beschädigtes Fahrzeug und Trümmer nach russischem Beschuss außerhalb von Mariupol.

Foto: Evgeniy Maloletka, dpa/AP

Ein Hund steht in der Nähe einer beschädigten ukrainischen Militäreinrichtung außerhalb von Mariupol.

Foto: Evgeniy Maloletka, dpa

Eine Frau hält ihre Katze in einem Unterstand während des russischen Beschusses in Mariupol.

Foto: Sergei Grits, dpa/AP

Ein Ehepaar betritt während des russischen Beschusses einen Schutzraum mit einem Baby in einem Kinderwagen. Russische Truppen haben ihren erwarteten Angriff auf die Ukraine gestartet.

Foto: Vadim Ghirda, dpa/AP

Menschen überqueren mit ihrem Gepäck die Gleise in Kramatorsk in der Region Donezk in der Ostukraine, um einen Zug nach Kiew zu nehmen.

Foto: Oliver Wolff, Ukrinform, TASS, dpa

Auch in Odessa zu sehen, die versuchen, am Bahnhof einen Zug raus aus der Stadt zu erwischen.

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Polizisten inspizieren ein Gebiet nach einem russischen Angriff. Russische Truppen haben den Angriff auf die Ukraine gestartet.

Foto: Vadim Ghirda, dpa

Eine Frau und ein Kind schauen aus dem Fenster eines Busses, als sie Sievierodonetsk in der Region Luhansk in der Ostukraine verlassen.

Foto: Evgeniy Maloletka, dpa

Ein Feuerwehrmann ist in Mariupol inmitten von Trümmern nach dem russischen Beschuss im Einsatz. Russische Truppen haben ihren Angriff auf die Ukraine gestartet.

Foto: Sergei Grits, dpa

Beschädigte Radaranlagen und andere Ausrüstung in einer ukrainischen Militäreinrichtung außerhalb einer Stadt.

Foto: Andrew Marienko, dpa

Menschen stehen neben Fragmenten eines Flugkörpers auf der Straße nach einem russischen Angriff.

Foto: Andrew Marienko, dpa

Nach einem russischen Angriff betrachtet ein Mann die Überreste eines Flugkörpers.

Foto: Emilio Morenatti, dpa

Autos stauen sich, während die Menschen die Stadt Kiew verlassen. Der russische Präsident Wladimir Putin hat am Donnerstag eine Militäroperation in der Ukraine begonnen.

Foto: Vadim Ghirda, dpa

Ein Angehöriger des ukrainischen Militärs nimmt in Sievierodonetsk in der Region Luhansk in der Ostukraine Gegenstände aus dem Kofferraum eines Autos.

Foto: Emilio Morenatti, AP/dpa

Einwohner in Kiew warten darauf, in einem Geschäft Wasser zu kaufen, während die Wasserversorgung unterbrochen ist.

Foto: Ilya Pitalev, Sputnik

Das von der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Sputnik veröffentlichte Bild zeigt einen Mann in der Nähe eines nach Beschuss zerstörten Wohnhauses in dem Dorf nördlich von Donezk.

Foto: Efrem Lukatsky, AP

Flammen und Rauch steigen aus den Trümmern eines Privathauses nach russischem Beschuss außerhalb der ukrainischen Hauptstadt auf.

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Das von der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Sputnik veröffentlichte Bild zeigt Journalisten in dem Dorf nördlich von Donezk.

Foto: Konstantin Mihalchevskiy, Sputnik/dpa

Das von der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Sputnik veröffentlichte Bild zeigt bewaffnete Männer ohne erkennbares Nationalitätenabzeichen im ukrainischen Armjansk.

Auf Videos ist zu sehen, wie sich Menschen in Kiew in U-Bahn-Stationen in Sicherheit bringen. Häufig sind es die, deren Häuser keine Luftschutzbunker besitzen oder die gerade unterwegs sind, als Alarm geschlagen wird. Ukrainische Soldaten beziehen Stellung an Brücken und anderen strategischen Punkten der Stadt, gepanzerte Fahrzeuge rollen durch die Straßen.

Wie schwer es ist, sicher aus Kiew herauszukommen, erlebt die Künstlerin Marianne Hollenstein aus Ulm. Die gebürtige Schweizerin hat eine Ausstellung in der Stadt vorbereitet, als Putin den Befehl zum Angriff gab. Ein Rückflug nach Deutschland ist unmöglich, am Himmel über der Ukraine sieht man nur Kampfhubschrauber, für Passagiermaschinen ist der Luftraum gesperrt. Hollenstein versucht, auf dem Landweg herauszukommen. Stundenlang wartet sie in der Schweizer Botschaft. Dann am Freitagvormittag die Erlösung. Ein Konvoi setzt sich in Bewegung. Erstes Ziel ist Tschechien. „Alle versuchen rauszukommen. Drücken Sie mir die Daumen“, schreibt sie im Chat mit unserer Redaktion. „Ich melde mich wieder – vielleicht aus Prag.“ Hollenstein hadert damit, dass sie ihre Freunde zurücklassen muss. Millionen Menschen in der Ukraine stehen vor einer noch viel dramatischeren Entscheidung: Sollen sie ihre Heimat zurücklassen, wenn die Russen kommen?

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Sohn einer Russin und eines Ukrainers: Vitali Klitschko ist der Bürgermeister einer "Heldenstadt"

Für Wolodymyr Selenskyj stellt sich diese Frage nicht. Der Präsident, der früher einmal Schauspieler und Komiker war, will in Kiew bleiben, selbst wenn ihn das sein Leben kosten könnte. Von einem geheimen Ort aus wendet er sich per Videobotschaft an die Bevölkerung. Der Feind habe ihn als Ziel Nummer eins markiert, seine Familie als Ziel Nummer zwei, sagt er scheinbar unberührt. Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer berichtet von einem dramatischen Telefonat mit dem Ukrainer. „Ich melde mich aus einem Land, von dem ich nicht mehr weiß, wie lange es noch besteht, und als Präsident, ohne zu wissen, wie lange ich noch am Leben bin“, habe Selenskyj das Gespräch begonnen. Das Staatsoberhaupt ist für viele Ukrainer zu einer Stütze geworden. Das gilt auch für Vitali Klitschko, der in Deutschland lange Zeit weit populärer war als in seiner Heimat.

Erst im dritten Anlauf wurde er zum Kiewer Bürgermeister gewählt. Doch in diesen schweren Stunden steht die Stadt hinter ihm. Nun muss er Fluchtwege und Luftschutzbunker koordinieren – und den Menschen Halt geben. „Ich glaube an die Ukraine, ich glaube an mein Land, ich glaube an meine Leute“, sagt er – und da ist er wieder, der siegessichere Boxer, der zumindest nach außen hin keinen Hauch von Schwäche zulässt.

Auch sein jüngerer Bruder Wladimir meldet sich am Freitag zu Wort. Auch er will nicht weichen. „Ich schreibe Ihnen aus Kiew, der Hauptstadt eines Landes im Krieg, eines Landes, das von allen Seiten angegriffen und überfallen wird. Es ist nicht der Krieg der Ukraine, es ist Putins Krieg“, steht in einem Text, den er online veröffentlicht. Das ukrainische Volk sei stark und werde sich selbst in dieser schrecklichen Prüfung treu bleiben. Immer wieder appellieren die beiden berühmten Brüder an den Westen, an Deutschland, wo sie einst zu Weltstars geworden sind. Sie fordern die Menschen in Russland und Europa auf, gegen diesen Krieg zu protestieren, auf die Straße zu gehen. Und tatsächlich passiert das in immer mehr Städten – sogar in Russland.

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Russland greift Ukraine an: So protestieren die Menschen weltweit
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Foto: Uncredited, AP/dpa

Proteste in Litauens Hauptstadt Vinius: Menschen tragen auf dem Unabhängigkeitsplatz vor dem Parlamentspalast eine riesige Flagge der Ukraine, um gegen die russischen Angriffe in der Ukraine zu demonstrieren.

Foto: Shakh Aivazov, AP/dpa

Demonstrationen in Tiflis, Georgien: Eine Frau hält eine ukrainische Fahne während sie an einer Demonstration zur Unterstützung der Ukraine teilnimmt.

Foto: Maciej Kulczynski, dpa

Anti-Kriegs-Aktion in Polen: Demonstranten haben sich auf dem Marktplatz versammelt, um ihre Unterstützung für die Ukraine zu bekunden.

Foto: Juliette Bruynseels, dpa

Proteste auch in Brüssel: Demonstranten haben sich zur Unterstützung der Ukraine am Rande des Gipfeltreffens der EU-Staats- und Regierungschefs versammelt.

Foto: Hatim Kaghat, dpa

Ein Symbol gegen den Krieg in Brüssel: Der Triumphbogen im Jubelpark leuchtet in Gelb und Blau als Ausdruck der Solidarität mit der Ukraine nach dem Einmarsch Russlands.

Foto: Seth Wenig, dpa

Demonstrationen auch in New York, USA: Demonstranten stehen um eine große ukrainische Flagge versammelt auf dem Times Square, um gegen die russischen Angriffe auf die Ukraine zu protestieren.

Foto: Matthias Balk, dpa

Anti-Kriegs-Versammlung in München: Teilnehmer einer Demonstration gegen den Angriff Russlands auf die Ukraine protestieren mit Schildern und Fahnen am russischen Generalkonsulat.

Foto: Christoph Schmidt, dpa

Proteste auch in Stuttgart: Zahlreiche Menschen versammeln sich vor dem russischen Generalkonsulat und demonstrieren gegen die Militärischen Handlungen Russlands in der Ukraine.

Foto: Peter Byrne, dpa

Diese Bilder stammen vom Protest aus Liverpool, Großbritannien: Die St. Georges Hall leuchtet in Gelb und Blau als Ausdruck der Solidarität mit der Ukraine nach dem Einmarsch Russlands.

Foto: Stefan Rousseau, dpa

Anti-Kriegs-Proteste auch in London: Ukrainer protestieren an der Downing Street im Stadtzentrum gegen die russische Invasion in die Ukraine.

Foto: Sebastian Kahnert, dpa

Eine Demo auch im sächsischen Dresden: Teilnehmer stehen während einer Kundgebung auf dem Neumarkt.

Foto: Sebastian Kahnert, dpa

Eine Frau hält während einer Kundgebung auf dem Neumarkt ein Transparent mit der Aufschrift "Rettet die Ukraine".

Foto: Jakub Kaczmarczyk, dpa/PAP

Der Ukraine-Krieg beschäftigt auch die Menschen in Poznan, Polen: Menschen demonstrieren vor dem Konsulat der Russischen Föderation, um ihre Unterstützung für die Ukraine zu bekunden.

Foto: Hannes Albert, dpa

Eine Protestaktion gab es auch in Frankfurt am Main: Demonstranten halten Schilder mit «Stop War» (Stoppt den Krieg) hoch. Russische Truppen haben ihren erwarteten Angriff auf die Ukraine gestartet.

Foto: Rolf Zoellner, dpa

Aktionen auch in Berlin: Vor dem Brandenburger Tor haben Tausende Menschen gegen den Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine protestiert.

Foto: Ricardo Rubio, Europa Press/dpa

Aktionen auch in Madrid: Demonstranten protestieren vor der russischen Botschaft mit Schildern gegen die russischen Angriffe auf die Ukraine.

Foto: Helmut Fricke, dpa

Demos auch in Mainz: Menschen stehen mit Kerzen und Plakaten auf denen «Stoppt Putin!!! Wann, wenn nicht jetzt!?!» steht bei der Demonstration.

Foto: Dmitry Serebryakov, AP/dpa

Besonders mutige Proteste gibt es in russischen Städten: Demonstranten ziehen während eines Protests gegen Russlands Angriff auf die Ukraine mit einem Banner, auf dem «Ukraine - Frieden, Russland - Freiheit» steht, durch die Straße.

Foto: Dmitry Serebryakov, AP/dpa

Demos in Moskau wurden von den russischen Behörden gewaltsam unterbunden: Polizisten halten Demonstranten während eines Protests gegen Russlands Angriff auf die Ukraine fest.

Foto: Dmitri Lovetsky, AP/dpa

Proteste auch in St. Petersburg: Polizisten nehmen einen Mann während eines Protests gegen Russlands Angriff auf die Ukraine fest.

Foto: Dmitri Lovetsky, AP/dpa

Polizisten nehmen eine Frau in St. Petersburg während eines Protests gegen Russlands Angriff auf die Ukraine fest.

Foto: CTK, dpa

Aktionen gegen den Ukraine-Krieg auch in Tschechiens Hauptstadt Prag: Menschen nehmen an einer Demonstration aus Solidarität mit der Ukraine auf dem Wenzelsplatz teil.

Foto: CTK, dpa

Aktionen gegen den Ukraine-Krieg auch in Tschechiens Hauptstadt Prag: Menschen nehmen an einer Demonstration aus Solidarität mit der Ukraine auf dem Wenzelsplatz teil.

Foto: Cecilia Fabiano, dpa

Demonstrationen auch in Rom: Enrico Letta, Vorsitzender der Demokratischen Partei Italiens, tröstet eine weinende Frau während einer Demonstration ukrainischer Einwohner.

Foto: Ricardo Rubio, dpa/Europa Press

Aktionen gegen den Ukraine-Krieg auch in Madrid: Demonstranten protestieren vor der russischen Botschaft gegen die russischen Angriffe auf die Ukraine.

Foto: Marcel Bieri, dpa/Keystone

Auch im Schweizerischen Bern gab es Proteste: Demonstranten stehen um eine große ukrainische Fahne versammelt, während sie gegen die russischen Angriffe auf die Ukraine protestieren.

Foto: Jane Barlow, dpa

Demos im britischen Edinburgh: Menschen nehmen nach dem russischen Angriff auf die Ukraine an der Demonstration «Stand with Ukraine» vor dem russischen Generalkonsulat teil.

Foto: Brian Lawless, dpa

Ein Blick auf die russische Botschaft in Dublin, wo das Wappen der Russischen Föderation nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine mit roter Farbe übergossen wurde.

Die Klitschkos, Söhne eines ukrainischen Offiziers und einer russischen Grundschullehrerin, fingen als Jugendliche mit dem Boxen an. Vitali lernte es auf einem sowjetischen Militärstützpunkt. Als Armeesportler gewann er 1991 seine erste Meisterschaft, damals noch als Kickboxer. Tausende Bürgerinnen und Bürger der Ukraine, vor allem natürlich das Militär, wollen sich dem russischen Gegner ebenso mutig entgegenstellen wie ihr Bürgermeister einst im Ring. Präsident Selenskyi nennt Kiew eine „Heldenstadt“. Das Verteidigungsministerium berichtet am Freitag immer wieder von den Erfolgen der Armee gegen Putins Truppen, von zerstörten russischen Panzerfahrzeugen, abgeschossenen Flugzeugen. Dennoch: Allein von der Mannstärke her ist das ukrainische Heer dem russischen heillos unterlegen. Doch sich geschlagen geben? Niemals.

Wird Kiew fallen? Seine Bürger wollen bis zuletzt kämpfen

Mykhaylo Melnyk hat es raus aus der ukrainischen Hauptstadt geschafft. Der Pfarrer der griechisch-katholischen Kirche in Kiew und Direktor der Ukrainischen Sozialakademie befindet sich am Freitag im Haus seiner Eltern in der Westukraine. Mehr als 600 Kilometer von Kiew entfernt. Zwölf Stunden dauerte seine Autofahrt, die am Donnerstagabend begann. Alleine fünf Stunden davon stand er im Stau, um Kiew zu verlassen. Die Straßen waren voll, Checkpoints an allen Gebietsgrenzen. Er ist müde. Zu müde für ein Telefongespräch.

Sein Körper zittere, schreibt er in einer Mail. Ihr Inhalt ist eine Mischung aus Verzweiflung und dem Willen, nicht aufgeben zu wollen. Alles auf einmal, alles in Sätzen wie diesen: „Was auch immer der Ausgang der kommenden Tage sein mag, das Leben hier wird nie mehr dasselbe sein. Die Ukrainer sind vereint wie nie zuvor: Der kollektive Hass auf den Eindringling wird sich schließlich in Zusammenarbeit und Wiederaufbau verwandeln. Aber in der Zwischenzeit werden noch viel mehr leiden und sterben.“ Russland könne diesen Krieg nicht gewinnen, schreibt Melnyk, Jahrgang 1981. Selbst wenn eine Marionettenregierung eingesetzt werde, würden die Ukrainer weiterkämpfen. Und er schreibt an diesem Freitagmittag: „Heute und heute Nacht wird entscheidend sein.“ Wenn Putin nicht aufgehalten werde, werde er den Dritten Weltkrieg beginnen.

Ein anderer Geistlicher ist in Kiew geblieben und telefonisch erreichbar. Es ist kurz vor 15 Uhr in der Ukraine, deutsche Medien haben zuvor in Eilmeldungen berichtet, Putin sei nun doch zu Verhandlungen bereit. Vyacheslav Grynevych lacht verzweifelt auf – ein Lachen, das auch ein Weinen sein könnte –, als man ihn fragt, welche Hoffnung er in diesem Moment habe. „Dass uns Putin einfach in Ruhe lässt. Dass er uns tun lässt, was wir als unabhängiges und friedliches Volk tun wollen“, sagt er.

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Foto: Emilio Morenatti, ap/dpa
Foto: Emilio Morenatti, ap/dpa

Kiew unter Beschuss: Menschen retteten sich in U-Bahn-Stationen oder Keller.

Grynevych ist Pallottinerpater und Generalsekretär der römisch-katholischen Hilfsorganisation Caritas-Spes. In der Nacht habe es Bombardierungen gegeben, erst vor wenigen Stunden wieder einen Alarm, dann die Information, dass ein Teil Kiews von russischen Soldaten besetzt sei, Kämpfe. Und Beschuss. Durch Helikopter oder Flugzeuge, er wisse es nicht so genau. Die Einschläge seien vielleicht zwei, drei Kilometer weit weg. In seinem Kloster, erzählt Pater Grynevych, seien 27 Kinder und deren Mütter untergekommen. So lange, wie es nötig sei. „Im Moment sind wir hier sicher.“ Aber er ist sich genauso sicher, dass Kiew fallen wird. In den nächsten Stunden oder Tagen? Vyacheslav Grynevych glaubt daran, dass die ukrainischen Soldaten sie eine Zeit lang schützen können. Nur wie lange? „Wir werden sehen.“ Danach erzählt er davon, wie leer die Stadt sei. Er sei in einem Supermarkt gewesen, in dem sich die Menschen mit Vorräten eindeckten. Sie seien ihm ratlos vorgekommen, nicht wissend, was sie machen sollten in dieser verzweifelten, ungewissen Lage. Aber nicht panisch.

Auch Vitali Klitschko war als Boxer vor allem wegen seiner Nerven- und Willensstärke gefürchtet. Die wird er in den kommenden Stunden und Tagen brauchen. Dem einst so Furchtlosen ist die Angst ins Gesicht geschrieben. Die Angst um sein Land, die Angst vor dem Krieg. Mag der Westen die Ukraine auch im Stich lassen, sein Kampfgeist ist noch nicht erloschen. „Wenn eine militärische Aggression beginnt, dann werde ich ein Sturmgewehr nehmen und für die Ukraine kämpfen gehen“, sagt er. In all seinen Kämpfen als Profiboxer ist Klitschko niemals k. o. gegangen.

Alle Informationen zur Eskalation erfahren Sie jederzeit in unserem Live-Blog zum Krieg in der Ukraine.

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