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Olaf Scholz in Kiew: Viele Bilder, wenige Ergebnisse

Kommentar

Kanzler Scholz in Kiew: Was bringt ihm der Besuch?

Stefan Lange
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    Wolodymyr Selenskyj (rechts) sitzt an einem runden Tisch neben Bundeskanzler Olaf Scholz.
    Wolodymyr Selenskyj (rechts) sitzt an einem runden Tisch neben Bundeskanzler Olaf Scholz. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Während in Teilen der Ukraine bereits wieder mit dem Aufbau zerstörter Gebäude begonnen wird, machen sich Politikerinnen und Politiker aus aller Welt nach Kiew auf, um die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass sich diese Arbeit überhaupt lohnt. Zug um Zug versuchen sie, den Grundstein für einen Waffenstillstand zu legen und so zu einer dauerhaften Friedenslösung zu kommen. Nachdem er lange gezögert hatte – in den Augen seiner Kritikerinnen und Kritiker viel zu lange –, hat nun auch Bundeskanzler Olaf Scholz die Reise ins Kriegsgebiet gewagt.

    Zur Genese des Besuchs ist bisher wenig bekannt. Man weiß nicht, ob Scholz (SPD) den Besuch initiierte oder der Anstoß aus den Reihen seiner Mitreisenden kam: dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron, dem italienischen Ministerpräsidenten Mario Draghi und dem rumänischen Staatschef Klaus Iohannis. Nachdem die Forderungen nach einem Kiew-Besuch von Scholz nicht abreißen wollten, hat er es jetzt zwar allen gezeigt und die Debatte mit diesem Besuch beendet. Doch was bringt es ihm?

    Scholz bekräftigt grundsätzliche Zustimmung zu EU-Beitritt der Ukraine

    Bei der Begegnung ging es vor allem um weitere Waffenlieferungen und den EU-Beitritt der Ukraine. In der Substanz gab es jeweils keinen Fortschritt. Waffen werden schon seit langem geliefert, man kann allenfalls über den Umfang streiten.

    Was den Beitritt zur Europäischen Union angeht, konnte Scholz seine grundsätzliche Zustimmung bekräftigen. Mehr aber auch nicht. Die Ukraine wird erst in vielen Jahren Zugang zum Club der Mächtigen bekommen. Vorher muss noch eine sehr lange Liste an Voraussetzungen abgearbeitet werden. Der Status als Beitrittskandidat bedeutet gar nichts. Die Türkei beispielsweise erhielt ihn 1999 und wartet immer noch auf den Vollzug.

    Viele Milliarden Euro hat Deutschland an die Ukraine gegeben

    Er wolle kein „kurzes Rein und Raus mit einem Fototermin“, hatte der Kanzler zuletzt erklärt und damit das Prinzip seiner Vorgängerin Angela Merkel übernommen, die zu schwierigen Treffen nur reiste, wenn sie zumindest den vielversprechenden Ansatz einer Problemlösung im Gepäck hatte. In der Abwägung war aber der Druck dann wohl doch zu groß. Wären Draghi und Macron ohne ihn zum ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gefahren, hätte der Kanzler massiv an Reputation verloren.

    Viele Milliarden Euro hat Deutschland an die Ukraine gegeben. Das Geld floss bereits vor dem Krieg, Berlin unterstützt das Land während des Konflikts weiter und wird es auch danach tun. Die Sympathien des Landes sind den Menschen gewiss. Bilder, wie sie Scholz produzierte, können den Zusammenhalt untermauern. Mehr aber auch nicht.

    Wolodymyr Selenskyj begrüßt Olaf Scholz und Emmanuel Macron in Kiew.
    Wolodymyr Selenskyj begrüßt Olaf Scholz und Emmanuel Macron in Kiew. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Am Ende hat der Besuch dem russischen Präsidenten Wladimir Putin noch geholfen. Er folgt dem Vorbild anderer Diktatoren und betreibt den Krieg, um seine eigene Macht abzusichern. Den anhaltenden Besucherstrom kann er seinem Volk als Beleg dafür verkaufen, dass es sich hier nicht um einen profanen Regionalkonflikt handelt. Sondern um etwas ganz Großes, das Staatsleute auf der ganzen Welt umtreibt. Nicht von ungefähr bemühen er und sein Außenminister Sergej Lawrow den Hitler-Vergleich und reden absurderweise von einer „Entnazifizierung“. Im Westen geht die Sorge vor einem dritten Weltkrieg um und Putin hat es mit Wohlwollen registriert.

    Gemessen am eigenen Anspruch wäre die Reise für Scholz nur ein Erfolg gewesen, wenn – Macron sprach es an – konkrete Fortschritte auf der Suche nach einer diplomatischen Lösung erzielt worden wären. Die Benennung eines Vermittlers etwa, der von beiden Kriegsparteien akzeptiert wird. Ein entsprechender Name fiel jedoch nicht.

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