Brauchen wir die Atomkraft doch länger?
Deutschland will nicht mehr abhängig sein von russischem Gas. Um das kurzfristig zu erreichen, könnte das Aus für die Kernkraftwerke revidiert werden. Was passiert mit Gundremmingen?
Eigentlich sollte am Ende des Jahres Schluss sein mit der Erzeugung von Atomstrom made in Germany. Doch infolge des Krieges in der Ukraine und der wachsenden Sorge um die deutsche Energieversorgung kehrt plötzlich die Frage auf die politische Tagesordnung zurück, ob ein Weiterbetrieb der deutschen Kernkraftwerke doch sinnvoll ist. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hatte diese Woche gesagt, eine verlängerte Laufzeit könne für einen „kurz begrenzten“ Zeitraum „sehr helfen“. Es sei ihm lieber, den Betrieb von Atomkraftwerken für drei bis fünf Jahre zu verlängern als den von Kohlekraftwerken. Derzeit sind noch drei Kernkraftwerke in Deutschland am Netz, eines davon ist Isar 2 in Bayern.
Selbst der grüne Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck kündigte an, längere Laufzeiten zu prüfen. Zwar will er im Zuge der Energiewende das Land schon bis 2035 zu 100 Prozent mit Strom aus erneuerbaren Quellen versorgen und es unabhängiger von Energieimporten machen. Dieser Ausbau braucht aber Zeit.
Hubert Aiwanger: Kohle sollte vor Atom kommen
Die Herausforderung ist es also, schon über den nächsten Winter zu kommen, sollte Russland als Energielieferant ausfallen. Derzeit wird auch Gas verfeuert, um Strom zu gewinnen. Im Februar stammten noch rund sechs Prozent der deutschen Stromerzeugung aus Kernkraftwerken.
Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger bestätigte im Gespräch mit unserer Redaktion, es werde nicht nur geprüft, die letzten drei laufenden Kernkraftwerke über 2022 hinaus zu betreiben. Auch eine Reaktivierung der Ende des vergangenen Jahres abgeschalteten Meiler werde gecheckt, darunter Gundremmingen. Es werde untersucht, ob „es möglich ist, hier wieder Fahrt aufzunehmen“, sagte Aiwanger.
Anders als Söder sieht der Freie-Wähler-Chef den Weiterbetrieb der AKW aber kritischer: „Ich bin etwas skeptischer als Herr Söder, was Atom vor Kohle betrifft“, sagt Aiwanger. „Wir erleben einen Krieg vor der Haustüre, ein Atomkraftwerk bietet da auch ein Erpressungspotential“, gibt er zu bedenken. „Wir sollten auf dem Weltmarkt jede verfügbare Kohle anschaffen, die wir bekommen können, um die Lager für mehrere Monate im Voraus zu befüllen“, rät Aiwanger stattdessen.
Umweltverbände kritisieren scharf: "Zu gefährlich"
Auch Habeck machte deutlich, dass er es besser fände, wenn die Atomkraftwerke wie geplant Ende des Jahres vom Netz gingen. Kernkraft hält er für wenig hilfreich, um den Wärmebedarf im Winter zu decken.
Kernforscher halten einen Weiterbetrieb dagegen für möglich: „Technisch spricht nichts dagegen. Die Anlagen sind in der Lage, noch mehrere Jahre sicher Strom zu liefern“, sagte Professor Jörg Starflinger vom Institut für Kernenergetik und Energiesysteme der Universität Stuttgart. Es dauere allerdings, die Reaktoren mit neuen Brennelementen zu bestücken, sodass die Zeit dränge.
Umweltverbände protestieren allerdings scharf gegen solche Gedankenspiele. Atomkraft sei „gefährlich, zu langsam für den Klimaschutz und zu teuer“, stellte Richard Mergner vom Bund Naturschutz klar. „Laufende Atomkraftwerke in der Ukraine und auch in Deutschland können in Kriegs- und Krisenzeiten Anschlägen zum Opfer fallen“, warnt auch Raimund Kamm vom Forum gegen das Zwischenlager in Gundremmingen.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck: Es kommt noch Gas und Kohle aus Russland
Die Sorge um die Energieversorgung treibt die Regierung weiter um: Dass die Bundesrepublik als weitere Sanktion gegen das Putin-Regime einen Einfuhr-Stopp für Energieträger aus Russland verhängen könnte, schloss Wirtschaftsminister Habeck aus. Es gebe andererseits auch keine Anzeichen dafür, dass Russland selbst seine Öl- und Gaspipelines zudreht und die Zufuhr einstellt. Im Moment werde weiter geliefert – trotz des Krieges und des Konflikts mit dem Westen. „Es kommt Öl, Gas und Kohle aus Russland“, bestätigte der Grünen-Politiker.
Deutschland treibe sowohl den Ausbau der erneuerbaren Energien voran als auch die „Diversifizierung“ seiner Bezugsquellen. Doch das alles dauere. So kündigte Habeck an, neue Brennstoffreserven anzulegen und bestimmte Kohlekraftwerke für den Notfall zu erhalten. Zudem mahnte er die Bürger, ihren Verbrauch zu senken: „Wenn man Putin ein bisschen schaden will, spart man Energie.“
Die Lage auf dem europäischen Gasmarkt ist extrem angespannt. Nach Branchenangaben sind die Speicher nur zu 29 Prozent gefüllt. Pikant: Ein Teil der Gasspeicher gehört dem russischen Staatskonzern Gazprom, darunter Deutschlands größter in Niedersachsen. Dessen Füllstand ist besonders niedrig.
Hören Sie sich dazu auch unsere Podcast-Serie "Gespalten – Gundremmingen und das Ende der Atomkraft" an.
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Die Diskussion ist geschlossen.
Ich war lange in Kernkraftwerken tätig und sage: Deutschland (vor allem damals unter Merkel) macht die dümmste Energiepolitik der Welt!
Wenn man aus der Kernkraft aussteigen und in Erneuerbare einsteigen will macht man das ganz einfach:
Man baut keine neuen Kernkraftwerke. Gleichzeitig lässt man die Bestehenden weiterlaufen und baut parallel dazu die Alternativenergien aus. Wenn dann wieder 1500 MW gesicherter Strom aus erneuerbaren Energien zur Verfügung steht, schalte ich das älteste Kernkraftwerk ab. Und dies immer so weiter, bis das letzte Kernkraftwerk vom Netz geht! Und ich habe zu keiner Zeit ein Energieproblem. Eigentlich ganz einfach...................................
Deutschland muss energieunabhängig werden. Dazu ist einmal der schnelle Ausbau der regenerativen Engergieträger notwendig,
zum anderen die Wiederbelebung neuer, sicherer Kernkraftwerke wie in Frankreich und England. Was den Krieg in der Ukraine be-
trifft, so war Merkel daran mitschuld durch ihre Appeasement-Politik ( Zugeständnisse ) gegenüber Putin. Diese "alternativlose"
Bundeskanzlerin wurde aber immer wiedergewählt. Jetzt ist sie abgetaucht, weil sie um ihre viele gemachten Fehler weiß. "Weit
überschätzt" war ihr Markenzeichen.
Warum sollte man nicht ernsthaft darüber nachdenken die noch bestehenden AKWs länger laufen zu lassen und ggfs erst kürzlich herunter gefahrenen AKWs wieder zu reaktivieren. Umweltmäßig immer noch weitaus verträglicher als den Kohleausstieg nach hinten zu verschieben. Und Kritikern sollte man vorhalten, dass unsere Nachbarländer überhaupt nicht daran denken aus der Kernkraft auszusteigen- siehe letzte Brüssel Beschlüsse. Und Bezüge zu möglichen Beschädigungen von AKW Anlagen im aktuellen Ukraine Krieg sind hierzu kaum relevant. Selbst die USA kooperieren bei Brennelementen für AKWs mit Russland.
In Bayern sollte jetzt das AKW Isar 2 runtergefahren werden. In Kriegszeiten wie diesen ist jede laufende Atomanlage ein Wahnsinnsziel für Anschläge. In einem AKW befindet sich ein Vielfaches an Radioaktivität von dem, was durch die Hiroshimabombe verstrahlt wurde. Wenn hiervon nur ein Bruchteil durch einen Anschlag (asymmetrische Kriegsführung) freigesetzt würde, dann gnade uns Gott!
Auch das Atommüll-Lager in Gundremmingen, immerhin Deutschlands größtes, kann ganze Landkreise verstrahlen.
Wann endlich gibt Söder die Blockade der Energiewende auf? Mit Solar- und Windanlagen, ergänzt durch Stromverbund, Lastmanagement und Speicher, können wir uns unabhängig von russischem Erdgas, Erdöl und Kohle machen. Das AKW Gundremmingen hat übrigens auch russischen Uran-Spaltstoff benutzt.
Wann endlich bringen die CSU-Mitglieder Söder zur Vernunft und erzwingen die Energiewende auch in Bayern?
Raimund Kamm
Herr Kamm, träumen sie weiter von der grünen Energie, ich habe inzwischen viele Fachleute gehört, die sagen mit Wind und Sonne allein gehts sicher nicht. Was helfen 10.000 Windräder wenn kein Wind weht, oder Nacht und speichern können sie diese Energie für schlechtwetter Zeiten nicht. Aber das Ausland hat ja genug Atomstrom.
„Atomkraft, ja bitte!“
Aber bitte die Kraftwerke mit sehr hohen Sicherheitsstandart in Deutschland und nicht die "Wellblechhütten" auf der anderen Seite der Grenze. Die Deutschen Sicherheitsauflagen sind die Höchsten.