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Foto: Bernd Thissen, dpa
Foto: Bernd Thissen, dpa

Die abgebrochene Bundesliga-Partie des VfL Bochum gegen Borussia Mönchengladbach wird mit einem 2:0 für die Gäste gewertet.

Bundesliga
24.03.2022

Becherwurf-Eklat in Bochum: DFB wertet Spiel für Gladbach

Von Florian Eisele

Die abgebrochene Partie zwischen Bochum und Gladbach wird für für die Borussia gewertet. Die Bochumer müssen auch Kritik für ihr Verhalten einstecken.

Als der VfL Bochum vor dem Spiel gegen Mönchengladbach seine Fans in einem Video darüber aufklärte, dass man das mit "einem hochwertigen Aroma-Hopfen und hervorragender Malz-Qualität" ausgestattete Stadionbier doch bitteschön trinken und nicht werfen soll, war das witzig. So witzig, dass mancher in den Kommentaren auf Social Media noch witzelte, dass er dann eben seine Limonade und nicht mehr das Bier werfen wolle.

Mittlerweile lacht niemand mehr: Nach einem Becherwurf gegen den Kopf eines Schiedsrichters, der Stunden nach Veröffentlichung des Videos stattfand, wurde das Spiel rund 20 Minuten vor Schluss beim Stand von 2:0 für Gladbach abgebrochen. Seit Donnerstagnachmittag ist nun auch klar, dass die drei Punkte den Gladbachern zugesprochen werden. Stephan Oberholz, der Vorsitzende des DFB-Sportgerichts, erläuterte in einer Stellungnahme: "Gemäß der für alle Vereine geltenden Rechts- und Verfahrensordnung des DFB ist das Spiel für den VfL Bochum mit 0:2 als verloren zu werten, da der Verein für seine Zuschauer verantwortlich ist und das Verschulden der Zuschauer dem Verein zuzurechnen ist."

Bochum war der Meinung, nicht für den Becherwurf verantwortlich zu sein

Eben das war vonseiten der Bochumer zuletzt aber infrage gestellt worden. Zuletzt hatte der Bundesliga-Aufsteiger bekannt gegeben, auf ein Wiederholungsspiel pochen zu wollen. Die Begründung des VfL und seinem Anwalt Horst Kletke: Der Becherwerfer, gegen den wegen Körperverletzung ermittelt wird, habe sich "völlig legal sein Getränk gekauft und der Verein dadurch kein Verschulden an der Straftat". Kletke verwies dabei auf die Rechts- und Verfahrensordnung des Deutschen Fußball-Bundes (DFB).

Dort ist unter Paragraf 18, Punkt 4 zu lesen: "Wird ein Bundesspiel ohne Verschulden beider Mannschaften vorzeitig abgebrochen, so ist es an demselben Ort zu wiederholen." Nur wenn eine der beiden Mannschaften für den Grund des Abbruchs zu belangen ist, wird das Spiel mit 0:2 gewertet.

Nach Ansicht des DFB ergibt sich die Haftung der Vereine für ein Fehlverhalten seiner Fans aus der Rechts- und Verfahrensordnung des DFB. "Danach sind Vereine unter anderem für das Verhalten ihrer Spieler, Offiziellen, Mitarbeiter, Anhänger und Zuschauer verantwortlich", so Schiffelholz.

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So war es auch, als im April 2011 das achte und bis dato letzte Bundesligaspiel abgebrochen wurde: Nach 54 Minuten stand es zwischen dem gastgebenden FC St. Pauli und den Gästen aus Schalke 0:0, als ein Bierbecher auf einen Schiedsrichter geworfen wurde. Die Hamburger wurden mit einem Geisterspiel bestraft, die Partie 2:0 für Schalke gewertet.

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Foto: Wikimedia
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Der Publizist und Verlagslektor Alex Feuerherdt betreibt zusammen mit dem Sportjournalist Klaas Reese den Podcast „Collinas Erben“.

Alex Feuerherdt von "Collinas Erben" kritisiert den VfL Bochum

Dass die Vereinsführung der Bochumer den Versuch unternommen hat, das sportlich aussichtslose Spiel zu wiederholen, stieß allgemein auf Kritik. Alex Feuerherdt, der den Schiedsrichter-Podcast "Collinas Erben" betreibt und selbst lange Zeit als Unparteiischer Spiele geleitet hat, sagte unserer Redaktion: "Natürlich hat jeder Verein das Recht, sich juristisch zu verteidigen. Aber ich hätte gehofft, dass der VfL Bochum hier den Ball flacher hält und zu seiner Verantwortung steht. Hier ist ein Kollege verletzt worden." Die rein körperlichen Folgen – der Schiedsrichter-Assistent Christian Gittelmann erlitt ein Schleudertrauma und eine Schädelprellung – seien das Eine.

Die psychischen Folgen seien aber nicht zu vernachlässigen. "Von hinten attackiert zu werden, ist extrem unangenehm." Die Äußerungen des VfL Bochum direkt nach dem Vorfall seien empathisch gewesen, Vereinsführung und Spieler verurteilten den Vorfall. Deswegen sei es nun für Feuerherdt umso enttäuschender, dass nun der Versuch unternommen wurde, eine Wiederholung des Spiels zu erwirken.

Der Becherwurf dürfte für den VfL Bochum noch weitere Folgen haben

Welche weiteren Folgen der Becherwurf für den VfL Bochum haben kann, soll nach einer Anklageerhebung durch den DFB-Kontrollausschuss zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werden. Strafrechtlich haben die Ermittlungen bereits begonnen: Die Polizei ermittelte inzwischen einen Tatverdächtigen. Dabei handelt es sich laut einer gemeinsamen Mitteilung der Polizei und der Staatsanwaltschaft um einen 38-Jährigen aus Bochum. Er ließ sich zunächst nicht zur Sache ein, die Ermittlungen dauern an.

Für die Gesamtheit der Fans des VfL Bochum könnten sich ebenfalls Konsequenzen ergeben: Der Verein erwägt nach mehreren Vorfällen in Zusammenhang mit Becherwürfen ein allgemeines Alkoholverbot auf den Tribünen. Diese Maßnahme werde erörtert, sagte Ilja Kaenzig als Sprecher der Geschäftsführung des VfL Bochum der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung. Umgesetzt werden könnte dies bereits im nächsten Heimspiel gegen Bayer Leverkusen am Sonntag, 10. April. Das wiederum dürften viele VfL-Fans alles andere als witzig finden.

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