
Wie eine Lehre zum Glaser Zukunftsperspektiven bietet

Marlon Reußwig macht eine Ausbildung zum Glaser. Ein Beruf, der immer gebraucht wird. Selbst, wenn der Rest der Welt wegen Corona stillsteht, boomt das Geschäft.
Da arbeiten, wo andere Urlaub machen: Marlon Reußwig hat es geschafft. Der Glaserlehrling der Glaserei Nuber in Lindau kommt gerade von einer Baustelle direkt am Bodensee, wo er mit seinen Kollegen so eben eine Villa mit Fenstern ausgestattet hat. Er hat seinen Traumjob gefunden, denn es gibt jeden Tag eine neue Herausforderung für ihn.
Wie eine Glaserlehre ohne die Berufsschule funktioniert
Der gebürtige Lindauer wusste von Anfang an, dass er in der Stadt am Bodensee bleiben wollte. Als er seine Schülerpraktika in der Glaserei absolvierte „fand er die Leute sehr nett“ und merkte sich den Betrieb für seine Bewerbungen nach der Schule vor. Zudem hatte er schon im Werkunterricht in der Schule den Spaß am Arbeiten mit Glas gefunden. Auch am Heimwerken hatte er sich vorher bereits versucht, als er eigenhändig sein Schlafzimmer bei seinen Eltern renovierte.
Er besucht die Berufsschule in Vilshofen bei Passau. Zumindest theoretisch. Seit er im vergangenen September seine Ausbildung begonnen hat, gibt es dort wegen Corona nur Distanzunterricht. Die Praxisaufgaben erledigt er im Betrieb.
Auch auf der praktischen Seite mangelt es nicht an Aufträgen. Und das trotz Corona:„Das Neubau-Geschäft boomt und viele Leute renovieren. Wir sind im Moment ziemlich ausgelastet“, sagt Reußwigs Chef Martin Rupflin. Das wäre nicht die erste Krise, die das Familienunternehmen überlebt hat. Seit ihrer Gründung im Jahr 1906 hat die Glaserei Nuber zwei Weltkriege, drei Währungen und fünf deutsche Staaten überlebt. „Als Glaser hat man immer was zu tun“, betont Rupflin.
Wer eine Glaserlehre hat, braucht sich um Optionen und Perspektiven keine Sorgen machen
Die Spezialisierungsmöglichkeiten als Glaser sind mannigfaltig. Reußwig lernt Reparaturglaser, der sich auf das Austauschen von kaputten Verglasungen spezialisiert hat. Andere Glaser spezialisieren sich auf den Innenausbau. Sie bauen Treppen, Duschkabinen und ähnliches aus dem Material. Wieder andere errichten Glasfassaden für Hochhäuser. Rupflins Frau Christina ist ebenfalls Glaserin und beschäftigt sich im Betrieb exklusiv mit Bilderrahmen. „So kann ich Handwerk und Ästhetik verbinden“, sagt sie.
Wie ihr Mann bedauert, ist es trotz so sicherer Aussichten und unterschiedlicher Möglichkeiten gar nicht so leicht, gute Auszubildende zu finden.
Handwerkliche Erfahrung ist selten geworden
„Ein bisschen handwerkliche Erfahrung erwarte ich schon, aber viele lernen das zu Hause gar nicht mehr“, sagt er. Wer beispielsweise im Stande sei einen Fahrradreifen zu flicken, liege im Bewerbungsprozess schon weit vorne. Auch ein bisschen Rechenbegabung schadet dem Bewerber nicht. „In vielen Schulen bekommt man ja beigebracht zwei plus zwei in den Taschenrechner einzuhacken“. Am wichtigsten sei jedoch etwas anderes: „Der Beruf muss Freude machen, das ist das wichtigste. Schließlich verbringt man eine Menge Zeit damit“, sagt Rupflin.
Zumindest bei Reußwig sind bisher keine Ermüdungserscheinungen eingetreten. Die soziale Seite macht ihm besonders viel Spaß: „Es ist toll den direkten Kontakt mit Kunden zu haben“, findet Reußwig. Wenn er seinen Meister in der Tasche hat, könnte er einen eigenen Betrieb eröffnen, oder ein Studium anhängen. Das ist aber nicht sein Ziel: „Ich würde gerne hier im Betrieb bleiben. Die Leute sind nett und die Arbeit macht Spaß“, findet er.
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