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Verlag: Weltbild-Insolvenz: Kommt der Retter aus Österreich?

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Weltbild-Insolvenz: Kommt der Retter aus Österreich?

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    Das Unternehmen Weltbild

    Zahlen und Fakten zur Augsburger Weltbild-Gruppe:

    Weltbild beschäftigte einst insgesamt rund 6800 Mitarbeiter, davon 2200 am Standort Augsburg.

    Weltbild gehörte den zwölf katholischen Bistümern, dem Verband der Diözesen Deutschlands und der Soldatenseelsorge Berlin.

    Weltbild startete 1948 als Winfried-Werk in Augsburg. Der Verlag gab katholische Zeitschriften heraus. Als zusätzlichen Service gab es einen Bücherdienst.

    In den 1980er Jahren blühte das Unternehmen auf, es kaufte Verlage und Zeitschriften dazu. 1994 eröffnete man die ersten Filialen.

    Seit 1997 gibt es den Onlinehandel. Während das Buchgeschäft floriert, kränkelte das Zeitschriftengeschäft. 2008 stieß Weltbild den kompletten Bereich ab.

    Unter dem Dach der Holding DBH waren die Buchhandlungen Hugendubel, Weltbild und Jokers gebündelt. Zum Konzern gehörten auch die Vertriebsmarken Weltbild, Jokers, Kidoh und buecher.de.

    2012 verkündete die Verlagsgruppe 1,59 Milliarden Euro Umsatz.

    In den vergangenen Jahren geriet das Unternehmen unter Druck - die Konkurrenz von Amazon und anderen machte Weltbild zu schaffen.

    Im Januar 2014 meldete Weltbild Insolvenz an.

    In den folgenden Monaten bekamen hunderte Beschäftigte die Kündigung ausgesprochen.

    Im Mai kündigte Investor Paragon an, Weltbild zu übernehmen.

    Wenig später stieg Paragon wieder aus. Anfang August übernahm dann die Beratungs- und Investmentgruppe Droege die Mehrheit an Weltbild.

    Der Online-Medienhändler bücher.de gehört ab August 2014 vollständig zur Weltbild-Gruppe.

    September 2014: Nach der Mehrheitsübernahme durch den Düsseldorfer Investor Droege gibt es eine neue Geschäftsführung: Gerd Robertz, Patrick Hofmann und Sikko Böhm.

    Nach nur sieben Wochen tritt Gerd Robertz ab und widmet sich wieder nur dem Onlinegeschäft bücher.de.

    Im November kündigt die Geschäftsführung von Weltbild an, in der Verwaltung rund 200 Arbeitsplätze zu streichen.

    2015: Weltbild verkauft 67 Filialen an die kleine Kette "Lesenswert".

    Juli 2015: Rund ein halbes Jahr nach der Übernahme der 67 Filialen ist der Käufer pleite.

    Juli 2015: Knapp ein Jahr nach der Übernahme des Weltbild-Konzerns durch den Düsseldorfer Investor Droege muss der Logistikbereich von Weltbild erneut Insolvenz anmelden.

    Der Verkauf der insolventen Augsburger Verlags-Gruppe Weltbild ist ins Stocken geraten. Nach Informationen unserer Zeitung wollen die meisten Bieter nur Teile der Firma übernehmen. Wie es aus Unternehmenskreisen heißt, trifft das auch auf den Holtzbrinck Verlag zu, der nach wie vor im Rennen sei. Der Stuttgarter Konzern macht traditionell keine Angaben zu entsprechenden Gerüchten.

    Interessenten wollen Weltbild nur in Teilen

    Wie es gestern hieß, gebe es nur noch ein bis zwei Interessenten für den gesamten Konzern – eine schwierige Ausgangslage für Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz, der die Firma komplett abstoßen will. Seine Strategie scheint es dabei zu sein, abzuwarten, bis das unter „Weltbildplus“ laufende Buchhandelsgeschäft saniert ist, also unrentable Filialen geschlossen sind. Wenn das eigenständige Verfahren abgeschlossen ist – so der Plan – soll ein Käufer den Augsburger Verlag (Kataloggeschäft, Digitalsparte, Logistik) und die Buchhandlungen kaufen. Ob das klappt, ist ungewiss. Ein Insider sagt: „Der eine Bieter will das E-Commerce-Geschäft und das Lager, der andere den IT-Bereich und die E-Commerce-Sparte, der dritte wieder etwas anderes.“

    Harte Zeiten für Geiwitz, der im Fall Weltbild besonders unter Druck zu stehen scheint, schließlich war er bei der Insolvenz der Drogeriemarktkette Schlecker von reichlich Pech verfolgt. Hier scheiterte er damit, das Unternehmen komplett zu verkaufen. Schlecker wurde zerschlagen. Und genau das will Geiwitz bei Weltbild verhindern.

    Weißer Ritter aus Österreich?

    Könnte da ein 81-jähriger Österreicher mit bewegtem Vorleben der Retter in der Not sein, eine Art weißer Ritter aus dem Alpenraum? Josef Taus hat jedenfalls in Augsburg seinen Hut in den Ring geworfen. Das bestätigte die schillernde Persönlichkeit dem Branchenblatt Buchreport. Gleichzeitig ließ der Mann aber auch durchblicken, dass sein Unternehmen, die österreichische Management Trust Holding – kurz MTH – aus der jüngsten Bieterrunde ausgestiegen sei.

    Taus liefert dafür eine einleuchtende Begründung: Geiwitz habe ein hohes Tempo bei den Verhandlungen angesetzt: „Uns ging es ein bisschen zu schnell.“ Ist also wieder ein Weltbild-Interessent abgesprungen? Der Patriarch aus Österreich scheint zu pokern und nach wie vor Gelüste zu haben, ein um die Schuldenlast befreites Unternehmen Weltbild zu schlucken. Am Ende will er wie andere Bieter natürlich den Preis drücken. Es scheint so, als ob ihm der immer wieder kolportierte Kaufpreis von 50 bis 70 Millionen Euro für Weltbild (ohne das Filialgeschäft) zu hoch ist.

    Zur MTH-Gruppe des Österreichers gehört auch ein großer Handelsbereich mit Firmen wie Pfennigpfeiffer, Mäc Geiz und Libro. Letztere Kette verkauft neben Büchern, CDs, DVDs auch Papier- und Schreibwaren. Zu Libro zählen 245 Filialen. Die Firma beschäftigt mehr als 1600 Mitarbeiter. Es besteht also eine klare Verbindung zum Weltbild-Geschäft. Wie es heißt, beabsichtige Taus gemeinsam mit einem bisher unbekannten deutschen Spieler, Weltbild zu übernehmen. Er selbst ist ein spät berufener Unternehmer, der erst 1989 voll in die Geschäftswelt einstieg.

    Zuvor schuftete der aus Wien stammende Aufsteiger als Hilfsarbeiter in einer Firma für Erdarbeiten, trug Haarwasser „in einem riesigen Rucksack“ aus, arbeitete in einem Casino als „Entreekassier“ und „Türlschnapper“, also eine Art Portier. Mit etwa 21 Jahren wurde er Journalist bei der Wiener Zeitung, schaffte später den Aufstieg vom kleinen Bankangestellten zum Generaldirektor der Girozentrale, ja war fast ein Vierteljahrhundert im Sparkassensektor tätig.

    Zwei Mal trat er für die ÖVP gegen Bruno Kreisky an

    Studiert hat Taus irgendwie nebenbei Jura. Bekannt wurde er als Politiker der Österreichischen Volkspartei. Von 1975 bis 1979 war er ÖVP-Chef und trat zwei Mal gegen den Über-Politiker des Landes, Bruno Kreisky, an – naturgemäß erfolglos. Ob er bei Weltbild jetzt im hohen Alter landen kann, ist offen. Kritiker schmähen den Herren über Ketten wie Mäc Geiz als „Billigheimer“. Den 81-Jährigen darauf zu verengen, wäre zu kurz gegriffen. Wie sagt er: „Moral ist für mich entscheidend. Man muss sich aufeinander verlassen können.“ Loyalität geht ihm wie vielen Patriarchen über alles. Wer ihn kennt, beschreibt den kräftigen älteren Herrn als höflich und blitzgescheit, aber auch als knallharten Rechner.

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