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Foto: BRK-Kreisverband
Foto: BRK-Kreisverband

Manfred Rupprecht (links) und Thomas Haugg testen ein Infoboard, das sogenannte WIMS, ein Wachinformationssystem. Dieses vom Kreisverband des BRK entwickelte Computerprogramm übermittelt in Echtzeit alle relevanten Daten an die neun Rettungswachen im Augsburger Land.

Landkreis Augsburg
23.12.2021

Omikron: BRK entwickelt Computerprogramm für alle Rettungswachen

Von Matthias Schalla

Plus Das Augsburger Land rüstet sich für eine Omikron-Welle: Das BRK testet eine spezielle Software und die Feuerwehr muss im Notfall den Müll abholen.

Diese Entscheidung ist dem Geschäftsführer des BRK-Kreisverbands nicht leicht gefallen. "Wegen der Pandemie habe ich meine geplante Motorradtour durch Namibia erst einmal verschieben müssen", sagt Thomas Haugg. So wie ihm geht es jedoch zurzeit vielen Menschen im Augsburger Land, denn aufgrund der aktuellen Omikron-Mutante steht die 5. Welle unmittelbar bevor. Die Regierung hat daher ausdrücklich alle Kräfte, die in einer "kritischen Infrastruktur" arbeiten, aufgefordert, ihre Pandemiepläne griffbereit zu haben. Wir haben bei BRK, Feuerwehr und Polizei nachgefragt, was das für sie bedeutet.

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Befürchtet wird, dass aufgrund des extrem hohen Ansteckungsrisikos der krankheitsbedingte Personalausfall so hoch sein könnte, dass die Einsatzbereitschaft nicht mehr gewährleistet ist. Wolfgang Baumeister von der Feuerwehr Gersthofen nennt ein mögliches Szenario. "Wir wurden beispielsweise bereits im März 2020 angefragt, ob wir die Müllfahrzeuge des Abfallwirtschaftsbetriebs fahren könnten, sollten dort zu viele Mitarbeiter ausfallen." Angedacht war, entweder am Steuer zu sitzen oder hinten auf dem Lkw mitzufahren, um für die Entleerung der Tonnen zu sorgen. Laut Landratsamt hätten sich ausreichend Feuerwehrleute mit geeigneten Führerscheinen gemeldet, die im Bedarfsfall den Mülltransport bewältigen könnten. Oberste Priorität habe aber natürlich die eigene Einsatzfähigkeit. Und hier ist die Feuerwehr Gersthofen seit Längerem im "Team Vorsicht" unterwegs.

Ein Großteil der Feuerwehr Gersthofen ist dreifach geimpft

"Wir haben daher unsere Hygienemaßnahmen noch höher gesetzt", sagt Baumeister. So sei es mittlerweile gang und gäbe, dass die Einsatzkräfte auch während der Löscharbeiten eine Maske tragen. Zudem setze man möglichst ein zusätzliches Fahrzeug ein, damit die Männer und Frauen auf dem Weg zum Brand oder Unfall nicht zu dicht nebeneinander sitzen müssen. Baumeister ist froh, dass ein Großteil der Truppe bereits dreifach geimpft ist. Die Option, dass auch Personen, die nur getestet wurden, zu den Einsätzen fahren, sei in der Praxis nicht durchführbar. "Wir können bei einer Alarmierung ja schlecht eine Viertelstunde auf das Ergebnis warten, um auszurücken", so Baumeister. Zeit ist auch ein lebenswichtiger Faktor beim Bayerischen Roten Kreuz (BRK). Und hier hat sich der Kreisverband etwas ganz Besonderes einfallen lassen.

"Wir testen zurzeit ein spezielles Infoboard, das sogenannte WIMS, ein Wachinformationssystem", sagt Haugg. Dieses Computerprogramm übermittelt in Echtzeit alle für einen Dienstbetrieb relevanten Daten an die neun Rettungswachen im Augsburger Land. Entwickelt und speziell auf die Bedürfnisse des BRK zugeschnitten hat die Software ein ehrenamtlicher Sanitäter, der hauptberuflich in einer IT-Firma arbeitet und dort tagtäglich mit ähnlichen Programmen zu tun hat. "Wir bekommen damit ein bilaterales Instrument, das genau zeigt, welche Situation derzeit auf den Wachen vorherrscht, welche Fahrzeuge einsatzklar sind, wie der aktuelle Personalstand ist oder ob es etwas zu regulieren gilt", erklärt Haugg. Momentan sei man noch in der Testphase, nach Weihnachten wird das System aber aller Voraussicht nach scharfgeschaltet.

Rund 320 Männer und Frauen arbeiten im Kreisverband

"Sobald das Programm störungsfrei läuft, könnte sich unser WIMS auch bei anderen Rettungsdiensten etablieren", zeigt sich Haugg zuversichtlich. Denn entscheidend für die Einsatzbereitschaft des BRK ist vor allem eine ausreichend starke Personaldecke. Rund 320 Männer und Frauen arbeiten im Rettungsdienst des Kreisverbands, 30 Prozent von ihnen ehrenamtlich. Neben einem straffen Hygienekonzept, das auch tägliche Testungen beinhaltet, hat Haugg die aktuelle Lage in zwei Eskalationsstufen unterteilt, sollte es zu Personalausfällen kommen..

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"Stufe eins sieht vor, dass unter der Woche nur noch das hauptberufliche Personal arbeitet, und die ehrenamtlichen Kräfte dafür am Wochenende oder Feiertagen im Einsatz sind", so Haugg. Bei Stufe zwei helfen sich die Kreisverbände bei Engpässen untereinander aus. "Im vergangenen Jahr bei der zweiten Welle haben wir beispielsweise mit Personal in Lindau ausgeholfen, um dort die Lücken zu schließen." Zurzeit können wir mit einem relativ stabilen Dienstplan arbeiten, seit Beginn der Pandemie mussten wir keine einzige Schicht abmelden." Zu verdanken habe es das BRK neben den entsprechenden Konzepten vor allem auch "dem gesunden Menschenverstand und Pflichtbewusstsein" seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Denn nicht nur Haugg, auch jeder andere würde in der aktuellen Lage in kein Hochrisikogebiet reisen.

Landratsamt sieht notfalls Auslagerungen von Patienten vor

Sollten die schlimmsten Befürchtungen der Experten allerdings eintreffen und die Krankenhäuser in der Region keine neuen Patienten mehr aufnehmen können, gibt es im Landratsamt Pläne, wie Personen, die nicht mehr akutmedizinisch versorgt werden müssen, aber eventuell noch ansteckend sind, aus dem Krankenhaus entlassen werden können. So würde man die Kliniken entlasten und die dortigen Kapazitäten für akute Fälle vorhalten. Damit das möglich ist, sollen beispielsweise separate Bereiche beispielsweise in Pflegeeinrichtungen freigehalten werden. "Hierfür laufen mit Blick auf die drohende Omikron-Welle momentan Vorbereitungsmaßnahmen im Landkreis", teilt die Pressestelle mit. Der entscheidende Knackpunkt seien aber nicht in erster Linie die räumlichen Kapazitäten, sondern die personellen. Dies bestätigt auch das BRK. "Eine Pflege der Erkrankten könnten wir auf Dauer nicht stemmen", bedauert Haugg.

"Wir müssen daher keine Turnhallen als Unterbringungsmöglichkeiten definieren, solange das Personal für die Betreuung der ausgelagerten Patientinnen und Patienten fehlt und Räumlichkeiten, medizinisches Gerät und Logistik in stationären Einrichtungen vorhanden sind", so das Landratsamt. Die personellen Möglichkeiten des Pflegepools seien derzeit genauso ausgeschöpft, wie die Kapazitäten der Bundeswehr und der Hilfsorganisationen. "Wir stehen im Kontakt mit allen relevanten Organisationen, um stets über mögliche Potentiale informiert zu bleiben", so die Pressestelle. Über ausreichend Personal kann sich aber zurzeit noch die Polizei im Zuständigkeitsbereich des Präsidiums Schwaben-Nord freuen. "Wir können das Einsatzgeschehen nach wie vor uneingeschränkt bewältigen, die Polizei ist voll einsatzfähig", sagt Pressesprecher Markus Trieb auf Nachfrage.

Rentnercops wird es bei der Polizei im Kreis Augsburg nicht geben

Die Polizei hätte sich bereits seit Anfang der Pandemie intensiv mit der Thematik beschäftigt, den Dienstbetrieb und somit die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger immer gewährleisten zu können. "Wie in jeder Firma gibt es auch bei der Polizei entsprechende Vorkehrungen und interne Regelungen", so Trieb. Auch hinsichtlich der Ausbreitung der Omikron-Variante würden entsprechende interne Maßnahmen angedacht. Eine Situation wie in der beliebten TV-Serie "Rentnercops", in der aufgrund akuten Personalmangels zwei Kommissare aus dem Ruhestand wieder aktiviert werden, wird es im Präsidium jedenfalls nicht geben. "Das überlassen wir dann doch lieber den Filmemachern", sagt Trieb.

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